Ich war sehr gespannt auf die groß angekündigte Ausstellung SAMURAI – Pracht des japanischen Rittertums, die in der Kunsthalle München vom 1. Februar bis zum 30. Juni 2019 stattfindet: Eine Sammlung von Ann und Gabriel Barbier-Mueller verspricht wirklich Großartiges, schließlich stammen sie aus der berühmten Sammler-Dynastie. Die Kunsthalle bietet immer wieder alle Sinnen öffnende Blockbuster-Ausstellungen, echte Highlights. Und schließlich bin ich persönlich in hohem Maße an der japanischen Tradition interessiert.
Die Ausstellung selber hat aber meine hohen Erwartungen ganz leicht enttäuscht. Natürlich sind erstklassige Exponate aus der Zeit der Samurai zu sehen.insbesondere Rüstungen. Dieser Kriegsadel stieg Ende des 12. Jahrhunderts zur politischen und sozialen Elite auf, als der Shogun oberster militärischer Befehlshaber die Regierungsmacht vom japanischen Kaiser übernahm. Ihre Macht schwand ab 1868, als das Shogunat abgeschafft wurde.
Die Babier-Muellers haben aus diesen 7 Jahrhunderten eine fantastische Sammlung zusammengetragen, die einen Schwerpunkt auf die Demonstration von militärische Macht und Prestige hat. Eine Rüstung ist z.B. darunter, die eigentlich aus dem 14. Jhd. stammt und in der Familie weitervererbt wurde. Nachfolgende Generationen haben dann aber Teile ausgetauscht , weil sie prunkvoller oder auch kriegstüchtiger waren: tolles Patchwork.
Hier wie auch bei anderen Rüstungen wird das überragende Kunsthandwerk deutlich, wobei viele Künstler mitgewirkt haben, vom Lederverarbeiter bis zum Schmied. Neben kpmpletten Rüstungen gibt es viele einzelne Masken, wobei es mir besonders die Pferdemasken angetan haben. Und wie kunstvoll Zaumzeug und Sättel sein können…
Dazu werden die Objekte eindrucksvoll präsentiert, der Höhepunkt sind sicherlich die drei lebensgroßen Reiter. Allerdings ist die Ausleuchtung relativ dunkel und spiegeln die Vitrinen recht stark.
Warum ich dennoch leicht enttäuscht war? Insbesondere, weil die Samurai weit mehr waren als Rüstungen und Kriegshandwerk. Sie haben die japanische Kultur und das Denken mitgeprägt, was sich z.B. bei der japanischen Teekeramik zeigt. Von diesem ‚friedlichen‘ Einfluss sieht man aber nur sehr wenig in einem kleinen Nebenraum. Andererseits aber auch, weil nicht aufgezeigt wird, wie der Samurai-Mythos die westliche und östliche Populärkultur beeinflusst hat. Abgesehen von einem Film auf einer großen Leinwand hinter den Reitern gab es keinen Hinweis auf etwa Kurosawa, Delon (sein ikonischer Film Der eiskalte Engel heißt im Original Le Samourai), auf Shogun oder Tim Cruise oder auch auf Manga und Animes – auch wenn dort die Ninjas die Samurai in ihrer Bedeutung verdrängt haben. Kurz, es wurde versäumt, das Thema noch stärker zu kontextualisieren.
Auf der Presse-Konferenz am 31. Januar 2019 mit dem Kunsthalle-Chef Roger Diederen, der Kuratorin Nerina Santorius und Gabriel Barbier-Mueller war übrigens die erste Frage einer Journalistin, wieso solche von den Familien wertgeschätzten Objekte Japan verlassen haben. Die Antwort von Barbier-Mueller, dass sie nach dem Ende des Shogunats von den verarmten Familien selbst verkauft wurden, hat die gute Frau sichtlich etwas enttäuscht. Sie hatte wohl auf eine tolle Beutekunst-Schlagzeile gehofft.
PS Auf meine diesbezügliche Frage hat mir der sehr gut deutsch sprechende Gabriel Barbier-Mueller bestätigt, dass das Barbier-Mueller Museum in Genf mit der fantastischen Tribal Art auch nach dem Tod seinem Vater Jean Barbier-Mueller, der ja im Dezember 2016 gestorben ist, weiter bestehen wird.
Und dass er seine Objekte im internationalen Kunsthandel kauft, dabei aber auch immer mal wieder schaut, ob das Münchner Auktionshaus Hermann Historica etwas zu bieten hat.
Durch Klick auf ein Vorschaubild öffnet sich das Vollbild.Fotogalerie
Samurai München