Die Tribal Art Auktion 92 beim Würzburger Auktionshaus Zemanek-Münster am 29. Juni 2019 kann mit Überraschungen aufwarten. Als erstes fällt auf, dass dieses Mal 'nur' 257 Lose auktioniert werden, üblich waren bisher in der Regel 500. Dadurch wird der Interessent sowohl im Katalog als auch vor Ort weniger erschlagen und weniger der Anschein von Massenware erweckt. Andererseits könnte es unter Umständen sein, das bei einer gleich bleibenden Zuschlagsquote der Umsatz des Auktionshauses darunter leidet. Die reduzierte Anzahl der Lose ist eine spannende Entwicklung, die ich persönlich gut finde, um den Anschein von Objekte-Overkill zu vermeiden.
Zum zweiten fällt auf, das manche, aber natürlich nicht alle, Lots sehr günstig taxiert wurden. Zemanek hofft wohl darauf, dass dadurch noch mehr Leben in die Auktion kommt, dass mehr Sammler mitbieten und es zu Bieterduellen kommt. Die Zemanek-Auktionen benötigen mehr Leben, und dies könnte ein wichtiger Punkt in die richtige Richtung sein - allerdings muss der Einlieferer natürlich mitspielen.
Diese günstigen Taxen zeigen sich u.a. bei den Werken aus der Sammlung des 2012 verstorbenen Schweizers Alfred. W. Angst. Ein Objekt zu einem Aufrufpreis von 8.000 Euro ist zwar nicht günstig. Wenn es sich aber dabei um eine sehr gute Tellem (Los 49) handelt, die mal im Besitzt von Entwistle war, dann kann man sich vorstellen, dass Angst ein Vielfaches dafür bezahlt hat. (leider ohne Foto. War bei meinem Besuch am 14.6 nicht da sondern auf Bewunderungstour in Brüssel)
Angst hat auch viel bei der anerkannten Schweizer Galerie Patrick Fröhlich gekauft und so finden sich Fröhlich-Objekte für nur 3-stellige Taxen. Und wer wollte nicht schon immer eine Maske besitzen, die in Himmelhebers legendären Buch 'Negerkunst und Negerkünstler' abgebildet war? Ab 1.500 Euro kann der Traum wahr werden (Los 64).
Los 60, Ghana. ex Angst
Los 64
Niedrige Aufrufpreise gibt es allerdings auch an anderer Stelle: Auch wenn ich mir mit der Erwähnung hier ins eigene Fleisch schneide, da ich selber Interesse daran habe: Dass die trotz der Schäden erstklassige Mumuye (Los 160) mit der Provenienz (u.a.) Fröhlich, Schoffel und Schlag für geradezu lächerliche 2.500 Euro aufgerufen wird, hat in Brüssel für einiges Kopfschütteln gesorgt. Eine männliche Figur der Azande (Los 181) wird für 3.500 Euro aufgerufen. Eine ähnlich verrückte weibliche Figur erreichte vor kurzem bei Lempertz 35.000 Euro (incl. Aufpreis). Oder der alte Senufo-Stampfer (Los 143 ), der mit 15.000 Euro taxiert wurde und in einer Auktion 2009 bei Zemanek teurer zugeschlagen wurde.
Los 160
Los 181
Los 143
Aber natürlich gibt es auch hochpreisige Stücke. Am höchsten taxiert mit 50.000 Euro ist eine Schalenträgerin der Luba (Los 216), gefolgt von einer Kopstütze in Form einer Antilope der Shona (Los 255) für 45.000 Euro.
Los 216
Los 255
Ein gewisses Geschmäckle haben die Objekte aus der Sammlung von Jürgen Peters. Es handelt sich u.a. um Werke der Herrero, laut Katalog aus der Zeit vor 1914, also aus der deutschen Kolonialzeit.
(Los 43, Herero)
Kunst aus Ozeanien spielt dieses Mal nur eine untergeordnete Rolle. Ich gebe aber zu, dass mich der Aufhängehaken der Iatmul für 4.000 Euro (Los 6) in echt mehr angesprochen hat als im Katalog.
Los 6
Fotos: I. Barlovic