Am 16. November 2019 findet die Tribal Art Auktion 93 bei Zemanek-Münster in Würzburg statt. Die fast 500 Lose decken ein breites Themenspektrum ab: Von traditioneller asiatischer Kunst über Zeitgenössisches, Tribal Art aus Afrika und Ozeanien und - nur angeboten als online-Auktion - Waffen aus Afrika und Kunstgewerbe der Native Americans.
Bei dem Asien-Angebot fällt als erstes ein aus Gold gefertigter Schwertgriff (Lot 3) aus dem China der Zhou-Dynasty (770-256 v. Chr.) auf, der auf 25.000 taxiert ist. Gute alte Bekannte sind das Figurenpaar der Naga (Los 26), um das ich bei Laeremans schon zumindest auf zwei Bruneafs gierig herumgeschlichen bin. Zum Aufruf gelangt es für 4.000 Euro. Aus Japan gibt es u.a. Möbel und eine Rüstung aus dem 19. Jahrhundert.
Teuerster 'Zeitgenosse' ist eine Arbeit des südafrikanischen Pointillismus-Künstlers Gavin Rain (Los 66). Es stammt aus seiner früheren Malphase, mittlerweile hat er sich auf beliebig wirkende Fleißarbeit-Portraits von Prominenten spezialisiert. Auf alle Fälle scheint das Werk mit 4.000 Euro eher günstig, weil er normalerweise teurer gehandelt wird. Weitere Lose besitzen als Provenienz Helga Exler. Sie war die Inhaberin einer Galerie für außereuropäische Kunst in Frankfurt mit sehr fairem Angebot.
Aus dem Ozeanien-Angebot ragt eine imposante, vor 1921 gesammelte, wohl marktfrische Tanzmaske (Los 81) heraus, die für malagan-Zeremonien geschaffen wurde. Man soll sich ja nicht aus dem Fenster lehnen, aber ich finde die aufgerufenen 8.000 Euro sehr moderat. Ein zusätzliches Wow entlockt mir ein Foto in einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1963. Es zeigt die Maske zusammen mit dem Sammler, Heinrich Meyer.
Der Schwerpunkt der Zemanek-Offerte liegt aber erneut auf der traditionellen Kunst aus Afrika, die mit originellen Stücken aufwartet. Mit einer unteren Schätzung von 30.000 Euro ist eine verwitterte, 1966 in situ fotografierte Skulptur der Jukun (Los 201) Toplos der Auktion. Noch älter dokumentiert, nämlich in einem Katalog aus dem Jahr 1930, ist eine Baule (Los 123) aus dem ehemaligen Besitz der Kunsthändler-Legende Paul Guilliaume. Sie ist sicherlich kein schnitzerisches Masterpiece, auf sie hoffen kann man dementsprechend schon ab 4.500 Euro, atmet aber halt den Atem der (europäischen Sammler-) Geschichte. Spannend wird das Abschneiden einer vielfach ausgestellten und publizierten vierfigurigen Skulptur der Ibo (Los 196, 12.000 Euro) (die ich ganz subjektiv und vollkommen unfair einfach nicht mag) oder eines Figurenpaars der Dan (Los 137), das wohl Ende der 1930er Jahre gesammelt wurde und sich seitdem in der Familie befand. Covergirl des Katalogs ist eine große, formal eher einfache Figur der Salampasu, die ursprünglich auf eine Planke gearbeitet war. 1986 hatte sie es in eine Ausstellung ins New Yorker Center for African Art geschafft (Los 308, 10.000 Euro).
Wenn man mir etwas schenken wollte, dann für 'größeres' Geld die Maske ndemba der Yaka. Es ist ein recht bekannter Typus, das Zemanek-Objekt ist mit seiner Formen- und Materialiensprache aber geradezu eine Blaupause und dazu sehr alt (Lot 316, Taxe 7.000 Euro). Als Geschenke für 'kleineres' Geld würde ich auch die kleine Zauberfigur der Kwango mit dem verträumten Gesichtsausdruck (Los 318, 2.000 Euro) oder die klassische kleine und dennoch kraftvolle Yombe (Los 317, 3.500 Euro) nehmen :-)
Bei zwei Masken taucht als Provenienz der Name Manfred Zirngibl auf. Man kann nur (wohl berechtigterweise, da David Zemanek auf Authentizität achtet) hoffen, dass Zirngibl sie nicht bei hiesigen Handwerkern in Auftrag gegeben hat, wie er es anscheinend bei manchen seiner aufwändigen 'afrikanischen' Waffen aus Eisen oder Kupfer gemacht hat. Diese wurden ja nach dessen Aussage von dem österreichischen Schmied Tilmann Hebeisen angefertigt, der dieses Jahr leider verstorben ist.
Ein kleineres Angebot mit Objekten der Mangbetu aus dem Kongo, darunter Sichelmesser, rundet die Afrika-Offerte ab. Sie wurden von dem Belgischen Kommandanten der Lado-Enklave im 'Freistaat Kongo' (gehört heute zu Südsudan und Uganda) Georges François Wtterwulghe um 1900 gesammelt. Die Umstände des Erwerbs wären eine schöne Aufgabe für ergebnisoffene (!) Provenienzforschung mit der Fragestellung: Wie fair kann der Erwerb von Objekten durch höhere Offiziere im kolonialen Kontext sein?
PS Weil ich schon darauf angesprochen wurde: 'Toplos' bedeutet in Auktionssprech nicht zwangsläufig 'bestes Objekt' sondern teuerstes.