Das Museum Mensch und Natur in Freiburg ist vor einigen Jahren aus dem Zusammenschluss zweier Museen entstanden: Dem ethnologischen und dem Naturkunde-Museum. Da gleichzeitig die Ausstellungsfläche nicht zugenommen hat - für Sonderausstellungen stehen in der Regel nur 2 Räume zur Verfügung - und der wichtige Besuchernachwuchs anscheinend stärker auf Natur und Tiere als auf Masken steht, nehmen ethnologische Themen und Exponate einen geringeren Anteil ein. Und dies, obwohl in Freiburg eine beachtliche Sammlung existiert.
Die Sonderausstellung "Südsee – Traum und Wirklichkeit", die vom 8. Juni 2019 bis zum 2. Februar 2020 läuft, erstreckt sich - außer einer Einführung neben der Kasse und einer Schautafel mit Vitrine mit Vulkangestein - über zweieinhalb Räume im obersten Stockwerk. Dieser eher wenige Platz wird von den Ausstellungskuratoren Nicole Landmann-Burghart und Leah Houy aber ambitioniert und gelungen bespielt.
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3 Marquesas
4 entfällt
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Dabei soll wohl die Relevanz eines ethnologischen Museums in der heutige Zeit aufgezeigt werden. Dementsprechend handelt der erste Raum von dem gefährdeten Ökosystem Meer. Zu sehen sind u.a. ein Boot, das Modell eines Auslegerbootes von den Marshallinseln (11) und eine großartigen Bugfigur von den Salomonen (9) und eine Installation zum Thema Plastik. Dazu gibt es eine audiovisuelle Station zum Klimawandel einschließlich Ratschlägen fürs eigene Handeln.
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9 Salomonen
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11 Marshallinseln
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Im zweiten Raum wird das Thema Kolonialismus thematisiert. Gezeigt werden einerseits Texttafeln, ein Video und ein Plakat zu einer Völkerschau mit Menschen aus Samoa (siehe den Buchtipp am Ende des Textes). Andererseits Objekte aus ehemaligen deutschen Kolonien. In einer Vitrine werden erstklassige alte Malangan-Masken aus Neuirland neben einer Kavat Maske der Baining (Neubritanien) aus den 1970er/80er Jahren und einer großartigen Maske von den Mortlock-Inseln (20) ausgestellt. In einer weiteren großen Vitrine begeistern den Sammler ein Nackenschmuck (31) und ein Kopfschmuck (34) von den Admiralitätsinseln.
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20 Mortlock
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31 Amiralitätsinseln
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34 Admiralitätsinseln
In diesem Raum habe ich am schmerzlichsten Platz vermisst: Was könnte man die Objekte erzählen lassen, z.B. die Kavat von den Feuertänzen der Baining, aber auch von der Ermordung von 10 Missionaren und Missionsschwestern durch Angehörige dieses Volkes. Oder aber natürlich von kolonialer Unterdrückung und Ausbeutung.
Im letzten Raum, der zur Ausstellung gehört, geht es um Wandel und Kontinuität, um die Wahrung der Tradition in der heutigen Zeit. Die Federrolle (41) von den Salomoninseln, die als Geld genutzt wurde, ist eines der farbintensivsten Beispiele dieser Art, die ich kenne. Ca. 50.000 bis 60.000 Federn des Kardinalhonigfressers wurden dazu benötigt, der dort fast ausgerottet wurde.
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38 Muschelgeld
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41 Salomonen
Diesen Raum muss sich die Südseeausstellung teilen mit einer großen Vitrine, die zur Dauerausstellung gehört. In ihr wird u.a. ein Weltklasse-Uli gezeigt. Dazu wird ein Arbeitsplatz ausgestellt, der auf die erfreuliche Tatsache hinweist, dass die Ozeanien-Sammlung des Museums derzeit digitalisiert wird.
42 Ulifigur
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Leider gibt es zu der Ausstellung keinen Katalog. Zu den in der Ausstellung angesprochenen Völkerschauen mit Menschen aus Samoa lohnt sich das erstklassige Buch 'From Samoa with Love' zur gleichnamigen Ausstellung im Münchner Museum Fünf Kontinente. In ihm sind die Angehörigen indigener Völker endlich einmal nicht als Opfer-Stereotypen kolonialer Herrschaft oder 'Der edle Wilde'-Abziehbilder dargestellt, sondern als echte Menschen mit eigenen Interessen, als handelnde Subjekte. (Zum Lehmann-Link zu dem Buch über Samoa, wenn Sie sich dort über es informieren oder auch es versandkostenfrei bestellen möchten. Beim Draufklicken wird ein Cookie gesetzt)
Vielen Dank an das Museum Mensch und Natur, dass ich dort fotografieren durfte.