Der Besuch von Brüssel ist im Januar 2020 fast schon Pflicht für den Tribal Art Enthusiasten, da es einige lohnende Events gibt. Es beginnt mit der Winter Bruneaf vom 22. bis zum 26. Januar 2020. Dazu wurde ja auf der Website der Weltkunst mein Vorbericht veröffentlicht (zum Artikel), deshalb zusätzlich dazu nur noch der Link zum Katalog der kleinen Schwester der Bruneaf.
Kopfschütteln gepaart bzw. fast schon resignativem.Achselzucken hat eine Ankündigung bei mir ausgelöst, die vor kurzem in den Email-Account geflattert ist: Parallel zur Winter Bruneaf veranstalten ehemalige Winter Bruneaf Teilnehmer wie die vor mir sehr hoch geschätzte Japan-Galerie Kitsune oder auch Patrick Mestagh oder der Rising Star Martin Doustar, der in den letzten Jahren äußerte spannende Qualität anbot, mit Minimes Art District ihre eigene Veranstaltung, zu der es einen Katalog gibt.
Ich habe nicht über die Gründe für diese 'Sezession' nachgefragt. Ich gehe aber davon aus, dass diese Galeristen der Meinung sind, dass die Macher der Winter Bruneaf zu wenig für die kleine Messe machen bzw. zu wenig neue Vermarktungsideen haben - und dafür zu viel Geld verlangen. Gleichzeitig geht es um Machterhalt und um Seilschaften. Was mit diesem hypothetischen Hintergrund verständlich ist, ist andererseits sehr schade: Die Galerien am Grand Sablon müssen eh aufpassen, dass sie hinter den Kollegen in Paris nicht noch weiter ins Hintertreffen gelangen. Der Tribal Art Hotspot Brüssel ist als Ganzes gefährdet. Und anstelle dass man zusammen neue Wege sucht, Käufer zu erreichen, kocht man eigene Süppchen. Dies soll aber keine Schuldzuweisung an die Galeristen in der Rue des Minimes sein. Mindestens genauso müssen sich die Bruneaf-Verantwortlichen an ihre Nase fassen.
Dem Besucher kann das Ganze aber eher egal sein. Er kann sich freuen, dass mehr Galerien geöffnet sind.
Am 25. Januar führt der Winter Bruneaf-Teilnehmer Native seine Auktion Tribal Art, Modern Art and 20th Century Furniture durch, die wie der Titel sagt recht vielseitig ist (zum Katalog). Von den 97 Losen sind ca. 1/3 Tribal Art.
Native, Los 34, Hemba. Foto: Native
Formal bestechend ragt eine Figur der Hemba-Kusu heraus. Unter ihrer Provenienz taucht Adrian Schlag auf. Sie ist ein Beleg dafür, welch großartige Objekte dieser Galerist immer wieder an Land zieht. Die untere Taxe liegt bei 80.000 Euro. Preislich überboten wird sie von einer wunderschönen Maske der Songe, auf die der Käufer ab 150.000 Euro hoffen darf. Leider konnte ich das Objekt noch nicht in echt anschauen. Es ist ein unzweifelhaft altes Stück, mich hätte aber interessiert, wie viele Gebrauchsspuren zu sehen sind. Die Maske wurde 1996 im Essener Zollverein ausgestellt und war im Besitz der Galerien Simonis und Claes - beides erstklassige Adressen für Tribal Art.
Für 'kleineres' Geld (Taxe 10.000 Euro) wird eine spannende Figur der Senufo offeriert, die schon durch die Hände einiger renommierter Galeristen-Hände gegangen ist, darunter Castellano und mal wieder Schlag. Und dann gibt es noch eine sehr feine Kniende der Luba-Shankadi, eine tolle, wenn aus meiner Sicht auch etwas zu teure Vase aus Kamerun, ein großartig geschnitzter Stab der Luena etc. etc. Kurz: Native hat mal wieder ein äußerst geschmackvolles Tribal Art-Angebot zusammengetragen, das zudem äußerst einnehmend fotografiert ist.
Mein Hauptgrund, Brüssel zu besuchen, ist allerdings die BRAFA Art Fair, die große Kunst- und Antiquitätenmesse vom 26. Januar bis zum 2. Februar. Tribal Art ist ein wichtiger Bestandteil, dementsprechend zeigen dieses Jahr 12 darauf spezialisierte Galeristen (in der Übersicht auf der Website fehlt Finch) ihre besten Werke. Sehr gespannt bin ich darauf, was Didier Claes bieten wird, der dort in den letzten Jahren mit tollen Einzelausstellungen glänzen konnte. Der kleine Power-Nkisi auf der Website lässt Vorfreude entstehen.
Didier Cleas, Nkisi, fFto: Galerie Didier Claes
Adrian Schlag ist ein Re-Entry, hat eine BRAFA-Beteiligung einige Jahre ausgesetzt. Da Schlag auf den recht vielen Events, auf denen er vertreten ist, immer erstklassige Objekte im Gepäck hat, gehe ich davon aus, dss er die reiche und anspruchsvolle Brüsseler Klientel überzeugen wird.
Etwas weniger Glück mit seinen BRAFA-Sonderausstellungen als Claes hatte in den letzten Jahren Serge Schoffel: Themen wie Voodoo ließen den Tribal Art-Enthusiasten mit der Zunge schnalzen, waren dem Brüsseler Publikum aber wohl etwas zu weird. Dieses Mal hat er Objekte der Aborigines aus Australien im Gepäck. Neugierig bin ich auch, was seine Schwester in dem kleinen Stand der Galerie Schoffel De Fabry präsentieren wird. In der Regel sind es faszinierende Objekte für den größeren Geldbeutel.
Aber eigentlich ist es unfair, einzelne Galeristen herauszuheben, da alle 12 auf dieser Leistungsschau Großartiges zeigen werden. Leider fehlt dieses Jahr Martin Doustar. Dafür ist erneut mein persönlicher Liebling dabei, die liebenswert-verrückten Italiener von Theatrum Mundi. In ihrer "Wunderkammer des 21. Jhd." zeigen sie auch mal Kosomautenanzüge, Saurierknochen oder Originalkostüme aus Superheldenfilmen. Keine Tribal Art aber absolut staunenswert.
Während der BRAFA, am 29. Januar, veranstaltet Lempertz die Auktion Art of Africa, the Pacific and the Americas und bietet eine Tribal Art-Weltreise mit Werken aus Afrika, Vietnam, Indonesien, Ozeanien, Australien, Brasilien, Indien und Nepal.
Lempertz: Los 3556, Jorai, Foto: Lempertz
Da ich für die nächste Kunst und Auktionen und die nächste Weltkunst Artikel geschrieben habe, die noch nicht veröffentilcht wurden, gibt es hier nur einen kurzen Blick auf Objekte, die ich persönlich spannend finde:
- Bereits 1933 ausgestellte Masken der Dan aus der Sammlung des Schweizer Künstlers Charles Hug, die moderat im unteren 5-stelligen Bereich taxiert sind, z.B. Lot 29
- Eine Maske der Chokwe, die Hans Himmelheber 1930er vor Ort gesammelt hat, mit einem Schätzpreis von 20.000 Euro
- Die Zeichnung der Grabstätte mit Elfenbein-und Bronzearbeiten eines Obas des Königreichs Benin, die Giovanni Battista Belzoni um 1820 angefertigt hat (Lot 103, Taxe 3000 Euro). Sie ist von großem historischen Wert, weil sie einen Status vor der Britischen Strafexpedition zeigt
- Grabobjekte aus Madagaskar wie der 1,82 m große Mahafaly Pfosten, Taxe 5000 Euro
- Die Skulptur der Jorai aus Vietnam, die Lempertz für 15000 Euro aufruft. Sie besitzt die gleiche hockende Sitzhaltung wie die Figuren von zwei Ahnenpfosten von den Molukken mit einer Taxe von 10.000 Euro (z.B. Lot 354)
- Ein Malangan-Schnitzwerk aus Neuirland (Taxe 20000 Euro),
- Und ein seltener Steinspiegel aus Hawaii (Taxe 3000 Euro).
Die Lempertz-Offerte ist alles in allem sehr gut, jedoch hätte ich mir gewünscht, dass Tim Teuten und Emilie Jolly die Auswahl etwas verschlankt und auf einige Objekte von eher langweiliger Qualität verzichtet hätten. Angeboten werden 356 Lose.
Und jetzt hoffe ich, dass wir uns in Brüssel sehen werden.