Ergebnisse der Dorotheum Tribal Art Auktion vom 4.10.2021

Die Versteigerung traditioneller afrikanischer und ozeanischer Kunst am 4.10.2021 im Dorotheum lief durchwachsen. Verkauft wurde die Hälfte der Lose für über 300.000 Euro (ohne Aufgeld). Den höchsten Zuschlag erreichten 3 Vogel-Skulpturen der Senufo für 26.000 Euro. Eine Maske der Iban, taxiert auf 12.000 Euro, wurde für 20.000 Euro zugeschlagen - genauso hoch wie einer Yimam-Ahnenfigur „Yipwon“. Das Toplos, die auf 140.000 Euro geschätzte Figur der Boa, fand dagegen keinen Käufer. Das Cover-Objekt, der Wandammen-Korwar, wurde zurückgezogen.

Es kann nur darüber spekuliert werden, warum es dieses Mal beim Dorotheum nicht so gut gelaufen ist wie bei den letzten Auktionen. Eventuell waren einige Aufrufpreise zu hoch. Dann mag eine Rolle gespielt haben, dass es in den letzten Monaten viele spannende Angebote (Christie’s, Parcours des Mondes, Lempertz, Hammer…) und auch Verkäufe gab. Schließlich empfand ich das Online-Biettool des Dorotheums nicht zeitgemäß und der Auktion abträglich:

Wenn größere seriöse Häuser Online-Auktionen durchführen, dann werden die einzelnen Lose nacheinander aufgerufen mit der Möglichkeit, sie zu bebieten. Erst wenn Los 1 zugschlagen wird (oder nicht), kommt Los 2 zum Aufruf. Nachdem bei dem 2. das Bieten beendet ist, folgt das dritte etc.. Es gibt also einen linearen Bietverlauf, die Lose folgen aufeinander. (Natürlich kann im Vorfeld auf die Lose Gebote abgegeben werden.) Wer sich also z.B. für Los 3 und 5 interessiert, aber nur eines kaufen möchte, der kann sich nach seinem Erfolg oder Misserfolg bei Los 3 überlegen, ob er auch noch auf 5 bietet.

Bei dem Dorotheum-System gibt es zwar aufeinanderfolgende feste Zeiten für das Bietende eines Loses, die sehr eng getaktet sind. Das Bietende verlängert sich aber, wenn es kurz vor Ablauf noch ein Gebot gibt. Was normal ist, damit ein anderer Interessent noch reagieren kann. Dass sich bei einem Los das Bietende verlängert, hat aber keine Folge für die darauffolgenden Lose: Sie werden weiterhin zu der vorher festgelegten Zeit beendet - außer es gibt auch bei ihnen ein Gebot kurz vor Ende. Dies führte dazu, dass viele Lose parallel abliefen. Wäre also bei Los Nr. 1 und 4 knapp vor dem Ende noch geboten worden, könnnte es sein, dass die Lose 2, 3 und 5 mittlerweile abgelaufen sind. Dagegen wären Los 1 und 4 weiterhin im Spiel etc. Einem Bieter, der an mehreren Objekten interessiert war, war es dadurch nur schwer möglich, 'seine Lose'  im Blick zu haben.

Das Dorotheum schlägt in diesem Fall vor: "Will er alle (ihn interessierenden Lose) zeitgleich sehen, muss er entweder mehrere Fenster offen haben oder mehrere Monitore verwenden." Die Bieterin oder der Bieter soll also mit mehreren Bildschirmen parallel arbeiten, was mich an das Zockerverhalten in Kneipen erinnert, als Spieler ihr Geld in mindestens zwei Automaten warfen. Oder an Aktienspekulanten an der Börse.

Dieses Online-Biettool kostet m. E. sowohl dem Einlieferer als auch dem Dorotheum Geld: Da man eben nicht gut auf mehrere Objekte gleichzeitig live bieten kann, ohne zu befürchten, einen Zuschlag zu verpassen, werden Bietduelle erschwert und Lose wohl manchmal unter ihrem Potential verkauft: Die Auktion wird zu einem hektischen Spiel, dem man nur entgehen kann, wenn man vorab Gebote abgibt und es dann 'laufen' lässt.

Dazu könnte es auch mögliche negative Auswirkungen auf das Image des Dorotheums geben: Was sagt es über ein Auktionshaus aus, wenn es mit einem solch veraltet wirkendem Tool an den Start geht, durch das das Auktionserlebnis noch stärker eingeschränkt wird, als es eh schon bei einer Online-Auktion der Fall ist.

PS

Joris Visser hat mich informiert, dass im Nachverkauf noch Objekte für über 100.000 Euro verkauft wurden. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass manche Interessenten wirklich von der durch das Auktionstool ausglösten Hektik abgeschreckt wurden. 

Autor

  • Ingo Barlovic

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