Im Münchner Museum Fünf Kontinente findet vom 31.3 bis zum 6.8.2023 die Ausstellung From Mystic to Plastic statt. Gezeigt werden Fotos des Französischen Fotografen Stéphan Gladieu von den großartigen, textilen Egun-Maskenkostümen aus Benin und von äußerst kunstvoll aus Abfall angefertigten Maskenkostüme des Künstlerkollektives Ndaku Ya, la vie est belle, aus Kinshsa. Diese haben mich spontan an alpenländische Arbeiten erinnert. Dies unterstreicht eine kulturelle Universalität von Riten und künstlerischen Positionen.
Dabei werden die Egun-Kostüme immer noch rituell verwendet, die Werke aus Kinshasa sind dagegen künstlerische Erfindungen, die u.a. darauf hinweisen möchten, dass Afrika zur Müllhalde der reichen Länder wird - man kann diese Kostüme aber auch kaufen.
Ergänzt werden die Fotos von Egun-Kostümen und einigen wenigen Holzobjekten der Yoruba, darunter ein Shango-Stab aus dem Fundus des Museums Fünf Kontinente. Zu sehen sind aber auch 3 Originalwerke der Künstler, die das Museum angekauft hat.
Die Ausstellung ist im Nebengebäude des Museums groß aufgezogen und die schönen Fotos sind großformatig aufgehängt, so dass man sich ein genaues Bild der Maskenkostüme machen kann. Dazu sind die Arbeiten aus Kinshasa wirklich toll, und hätte ich zu Hause mehr Platz, würde ich das eine oder andere gerne besitzen.
Was mir persönlich gefehlt hat: Die Masken sind statisch fotografiert, vor allem die Egun-Kostüme sind aber für den Tanz gemacht, für die Bewegung. Dies geht verloren. Dazu hätte ich es gut gefunden, dass der Besucher visuell nachvollziehen kann, dass die Egun-Kostüme immer noch getanzt werden, und damit die Tradition aktuell ist. Dies wäre ein Beleg, dass die These, die afrikanischen Traditionen hätten mit der Kolonialzeit aufgehört zu existieren, arg allgemein ist.
Dazu hätte ich gerne gewusst, wie traditionelle Egun auf die Kostüme der Künstler aus dem Kongo reagiert hätten. Stéphan Gladieu hat ihnen diese Werke nicht gezeigt, vermutet aber in einem persönlichen Gespräch, dass es für sie eventuell ein Schock wäre.
Schließlich sind die Kostüme vor teilweise farblich ähnlich Hintergründen fotografiert quasi Ton in Ton. Ich hätte mir aber bei manchen Fotos besonders der Egun-Kostüme mehr Kontrast gewünscht. Gladieu hätte sie z.B. durch Lichtsetzung noch mehr von dem Hintergrund abheben oder sie zum Leuchten bringen können. Dies würde dem derzeit angesagten, geradezu dokumentarischen Fotostil zwar widersprechen, aber: Geschmäcker sind halt verschieden - und ich bin auch von Fotos von Gerd Chesi geprägt worden.
Alles in allem also eine sehenswerte Ausstellung, auch wenn für mich noch ein wenig Luft nach oben ist. Und liebes Museum - auch wenn Restauratoren aufschreien werden: Warum habt ihr eure Egun-Kostüme hinter dickem Vitrinenglas versteckt? Warum stehen Sie nicht frei und damit geradezu monumental im Raum, dass man sie von allen Seiten bewundern kann? Denn das haben diese virtuosen textilen Arbeiten verdient!
Fotos: Ingo Barlovic, bis auf Foto 3
Foto 3: Copyright Stéphan Gladieu
PS Meine Fotos werden Originalfotos in keinster Weise gerecht. Deswegen habe ich hier auch ein Originalfoto von Stéphan Gladieu hochgeladen.