Früher haben sie auf die Schuhe geschaut
Was ich nie vergessen werde, als ich vor 5 Jahren das erste Mal die Bruneaf, die neben der Parcours des Mondes wichtigste Messe für außereuropäische Kunst, besuchte: die Art, in der viele Brüsseler Galeristen meine Turnschuhe taxierten. Und der leicht abschätzige Blick danach, der sagte: ‚Du hast in meiner Galerie nichts zu suchen, weil du bestimmt keine 10.000,-- Dollar hier lassen wirst.’ Dieses Jahr gab es diesen Blick nicht mehr. Ganz im Gegenteil: Ich wurde freundlich empfangen, brav wurden meine Fragen beantwortet – obwohl meine Schuhe noch billiger waren als 2005.
Das veränderte Verhalten war für mich Sinnbild für die diesjährige Bruneaf: Sie ist dabei, ihren Dünkel abzulegen. Bruneaf goes bottom down. Es werden auch Käufer hofiert, die - wenn überhaupt - einen niedrigen vierstelligen Betrag für ein Stück ausgeben.
Dementsprechend hat sich auch das Angebot geändert: Immer mehr Galerien boten Stücke für einen Preis an, der an deutsche Auktionshäuser, nicht aber an die Spitze der europäischen Galerieszene denken lässt.
So hatte die Galerij Daroun, ein offizieller Bruneaf-Teilnehmer, Jorai-Grabfiguren aus Vietnam ab 1.000,-- Euro zu bieten und verkaufte recht gut. Diese Figuren erschienen so günstig, dass ihre Echtheit sofort von manchen deutschen Fachleuten in Frage gestellt wurde.
Daneben gab es Stücke, die vor einigen Jahren nur im ‚für arme und junge Sammler-Bereich’ gezeigt worden wären wie durchaus schöne Keramiken. Lecomte bot eine außergewöhnliche Sukuma Mutter-Kind-Figur für 15.000,-- Euro an, ein „cadeau“, wie er so schön sagte – noch vor 2 Jahren hätte er wohl gut und gerne das Doppelte dafür verlangt. Und selbst Conru zeigte in seinem Showroom das eine oder andere durchaus günstige Stück.
Hinter dieser Entwicklung steckt wahrscheinlich: Die Brüsseler spüren, dass sich immer weniger Investoren und reiche Sammler für sie interessieren. Denn diese kaufen offenbar lieber bei Sotheby’s und auf der Parcour ein, die der Bruneaf mittlerweile den Rang abgelaufen hat. Dementsprechend stellt sich Brüssel stärker auf die weniger betuchten Tribal Art-Maniacs als Zielgruppe ein.
Die Bruneaf ist bodenständiger geworden, die (Preis-)Unterschiede zwischen Brüssel und weniger angesagten Schauplätzen wie Deutschland oder ‚normalen’ Auktionshäusern verschwimmen immer mehr. Damit wird die Art premier mehrheitlich bezahlbarer – abgesehen von den recht seltenen Spitzenstücken, die es durchaus gab. Die gesamtgesellschaftliche Entwicklung wird auch in Brüssel spürbar: Es gibt nicht mehr Reiche, dafür aber immer mehr Arme, und der Mittelstand wird immer kleiner. Auch in der Tribal Art wird die Tendenz zu einer Zweiklassengesellschaft deutlich.
Mal sehen, was dies für die Zukunft der Bruneaf bedeutet.
Vielen Dank an Ingo Barlovic!
Anmerkung, Link
- Die BRUNEAF (Brussels Non European Art Fair) ist eine Galeristen-, Händler- und Sammler-Messe für "Tribal Art". Sie fand 1983 erstmalig statt. Seit 1996 stellen, neben Belgischen Händlern, auch Galeristen aus Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien, Deutschland, Holland und den USA aus. 2010 waren 69 Teilnehmer am Start.
- Homepage Bruneaf