Fotoausstellung
MARIO MARINO
FACES OF AFRICA
16. Dezember 2012 - 21. April 2013
AFRIKA MUSEUM
Postweg 6, Berg en Dal, Netherlands
Reise in eine andere Welt
Berg en Dal. Es ist eine beeindruckende Porträtreihe, und eine ungewöhnliche, die da eindringlich dem Betrachter geradezu in die Seele zu gucken scheint. Porträts, Gesichter, Menschen aus einem fernen Kontinent, einfache Menschen, die dem Fotokünstler Mario Marino auf den rotstaubigen, vor Hitze flimmernden Straßen und Märkten in Süd-Äthiopien, nahe der Grenze zwischen Kenia und dem Sudan, mehr oder weniger zufällig vor die Kamera liefen. Porträts von Menschen, die es wahrscheinlich in einigen Jahren nicht mehr geben wird. Im Afrika Museum in Berg en Dal, ein paar Kilometer hinter der deutsch-niederländischen Grenze, sind die faszinierenden Arbeiten des gebürtigen Österreichers nun zu sehen. „Faces of Africa“, Gesichter Afrikas.
Mario Marino, Jahrgang 1967, gelingt es, eine traditionelle Welt einzufangen, die sich verändert, die aber noch um ihre Daseinsberechtigung weiß, die sich wandelt, aber sich noch nicht im touristischen Einheitsinteresse verliert. 2011 reiste Marino ins Omo-Tal in Süd-Äthiopien. Vierzehn Tage war er unterwegs. „Jeden Morgen stand ich auf und alles war offen. Welche Menschen ich treffe und wie sie reagieren würden, konnte ich nur erahnen.“ Seine Motivsuche führte in jeden Tag in ein anderes Dorf, zu einem anderen Stamm. Ohne großen Aufwand arbeitet er - er positioniert die Menschen vor einem neutralen Hintergrund, so, wie er sie trifft, mit all ihrem Schmuck, ihrer Alltagskleidung, ihrer Ausstrahlung. Die einzige Lichtquelle ist das Tageslicht. Mario Marino macht keine Fotoreportage, er dokumentiert nicht einen fremden Alltag, schon gar nicht will er ethnologische Studien betreiben. Eher gelingt es ihm, einen fotografischen Fingerabdruck zu zaubern, der tief in die Seele des Porträtierten blicken lässt (so scheint es). „Fotografische Psychogramme“ nennt der Künstler selbst seine Arbeiten.
Fotografiert hat der Österreicher Menschen unterschiedlichster Volksstämme, die Ethnien der Borena-Oromo, der Erbore, der Karo, der Mursi und Surma, der Hamar und Tsimaw. Volksstämme, die zum Teil nur noch mehrere hundert Menschen umfassen. Sein mobiles Atelier: eine Nikon und ein auffaltbarer Schirm (eine Seite weiß, eine Seite schwarz) und ein Lichtfilter. Alle Bilder wurden in Farbe aufgenommen, zu Hause hat er die meisten dann nachgearbeitet und in Schwarz-Weiß gesetzt, so dass die Fotos aussehen wie gemalt. Jeder, der sich für ihn in Pose stellte, hat eine „Gage“ bekommen - meist in Form von Naturalien - Salz etwa.
„Alle Menschen“, sagt Maud Relouw vom Afrika Museum, „wurden in ihrer Alltagskleidung fotografiert, zu welcher mittlerweile ja auch das T-Shirt gehört. Aber aus Körperbemalungen, Schmuck und Ziernarben wird deutlich, das man die traditionellen Auffassungen von Schönheit und Identität immer noch für wichtig findet.“
Die Menschen im Omo-Tal leben von Ackerbau und Viehzucht, die Jagd und die Zubereitung der Mahlzeiten prägen die Lebensweise. Sie besitzen keinen Pass, kennen kein Geburtsdatum, haben weder Spiegel noch Abbilder von sich – allein ihr Körperschmuck dokumentiert ihre Individualität, zeigt auch ihre Stammeszugehörigkeit. Gesichter und Körper sind bemalt mit weißem Kalk, Schmucknarben werden in jahrhundertealten Traditionen in die Haut geritzt. Reifen und Ketten schmücken die Oberarme, Muscheln und Pflanzen das Haar. Mario Marino provoziert einen neuen Blick auf die Menschen - stolz schauen sie in die Kamera, selbstsicher, einzigartig, besonders stehen sie da - allesamt an einer Weggabelung zwischen gestern, heute und morgen.