Bericht über die Tribal Art Auktion 77 beim Auktionshaus Zemanek-Münster in Würzburg am 28.6.2014
Auf der von 40 Interessenten besuchten 77. Tribal Art Auktion des Würzburger Auktionshauses Zemanek-Münster schreiben sich Markttrends fort, die sich bereits auf anderen Versteigerungen beobachten ließen:
Der Tribal Art Markt stagniert
Bei Zemanek-Münster wurden während während der Auktion 27% der Lots für insgesamt 282.000 Euro zugeschlagen (ohne Aufgeld). Da auch der Nachverkauf im 5-stelligen Bereich blieb, ist dies für das in Deutschland auf dem Gebiet der Tribal Art führende Auktionshaus eine zufriedenstellender, keinesfalls aber richtig guter Verkaufserlös. Die letzten Versteigerungen bei Sotheby's, Neumeister und teilweise auch Christie's liefen ebenfalls bestenfalls okay. Der Markt scheint zu stagnieren.
Ein Grund für diese Entwicklung liegt darin, dass der Markt für traditionelle afrikanische Kunst in den letzten Jahren etwas überhitzt war und es seit einiger Zeit zu einer Konsolidierung kommt. Zusätzlich gelingt es immer weniger, Tribal Art als Geldanlage zu 'verkaufen'. Mittlerweile konnten viele Sammler sehen, dass teuer erworbenen Stücke nur mit Verlust veräußert werden können. Häufig lassen sich die Preise von früher nicht mehr realisieren. Ausnahmen sind absolute Spitzenstücke.
Bei einem Blick auf das Publikum bei Zemanek wurde nachdrücklich vor Augen geführt, dass es an Nachwuchs fehlt. Wo sind 30- bis 50-jährige Sammler, die sich noch nicht ein Leben lang mit der Materie befassen und trotzdem bereit sind, eine 4-stellige Summe zu investieren? Hier muss die Szene daran arbeiten, auch Jüngere zu begeistern - mit Ausstellungen, mit Events oder Zeitschriften wie der Kunst&Kontext.
Der untere Schätzpreis als Maximum
Bei Auktionen wird zunehmend - wenn überhaupt - bei einem Stück nur ein Gebot abgegeben, Bieterduelle sind selten. Zum einen sind bestehende Sammlungen so umfangreich, dass Sammler kaum noch ein Stück wirklich haben müssen. Es fehlt der Funke, die Helden sind etwas müde. So bietet man einmal, und wenn man es dann nicht bekommt, dann bekommt man es halt nicht. Zum anderen gibt es im Moment reichlich gutes, altes Material - Spitzenstücke sind schon seltener -, da viele alte Sammlungen auf den Markt kommen. Wer jetzt etwas verpasst hat, kann mit einer Leichtigkeit zu einer nächsten Gelegenheit wieder etwas kaufen.
Damit ist dieser Markt im Moment zugleich interessant für Einsteiger: Es gibt genügend gute Stücke für moderate Preise. Der Markt hat sich von einem Verkäufer- zu einem Käufermarkt gewandelt.
Provenienz muss inszeniert werden
Dass die Provenienz, d.h. die Sammlungsgeschichte eines Stückes, für den Kauf und den Kaufpreis eine große Rolle spielt, ist nichts Neues. Doch war sie früher ein wichtiger Aspekt, um die Authentizität/Echtheit zu belegen. Da es aber aufgrund der Auflösung von alten Sammlungen genügend Stücke gibt, denen man nicht nachsagen kann, sie seien Fälschungen, verliert Provenienz zusehends diese Funktion. Sie wird noch stärker zu einem Marketing-Tool: Bei erfolgreichen Auktionen geht es vor allem um die Inszenierung der Provenienz, die angebotenen Stücke selbst treten da fast in den Hintergrund.
Dementsprechend gut lief der Verkauf der Rudolf und Léonore Blum-Sammlung bei Christie's, die mit einem eigenen Katalog beworben wurde. In einem kleineren Maßstab galt diese Beobachtung auch für die Sammlung Ulrich Clever, die in zwei Teilen beim Münchner Auktionshaus Quittenbaum versteigert wurde.
Authentische Stücke, denen es an solch 'großer' bzw. großgemachter Provenienz fehlt, haben dagegen Probleme
Der Markt verlangt die 'klassische' Kunst
Der Markt für die traditionelle afrikanische Kunst ist wie der allgemeine Kunstmarkt Wellenbewegungen unterworfen. Mal liegt das eine im Trend, mal das andere. Bis vor einiger Zeit herrschte durchaus eine Nachfrage für Kunstregionen, die erst in den 70er, zum Teil gar erst in den 80er und 90er Jahren entdeckt wurde, wie die expressive Kunst aus Ostafrika.
Im Moment verkauft sich vor allem der klassische afrikanische Formenkanon, insbesondere die fein patinierte Kunst für Formästheten aus den ehemaligen französischen und belgischen Kolonien. So wurden bei Zemanek im 5-stelligen Bereich zugeschlagen
- eine Figur der Baule (Lot 186, 15.000 Euro),
- eine Nackenstütze der Luba (Lot 478, 14.000 Euro),
- eine nkisi der Songe (Lot 509, 12.000 Euro)
- und eine Maske der Dan (Lot 203, 11.000 Euro).
Zuspruch fanden ebenfalls die Zwillingsfiguren der Yoruba, ein weiterer Klassiker.
Schwer haben es dagegen Stücke, die im Moment nicht angesagt sind, wie die Kunst der Ibo aus Nigeria, die sich schon seit einiger Zeit bei Auktionen schwer tun. So wurde eine imposante Maternité (Lot 287) für einen moderaten Preis von nur 4.000 Euro einem Saalbieter zugeschlagen.
Erneut wurde aber selbst bei der 'klassischen' afrikanischen Kunst deutlich: Um eine Chance zu haben, muss sie richtig gute Qualität aufweisen. 'Nur' gute Stücke haben die Sammler zu genüge.
Katalog findet sich auf www.tribal-art-auktion.de Copyright der Photos: J. Wolf, M. Schiller