200.000 Schweizer Franken hat sie gebracht, die Hemba (Lot 225, Abb. 1) mit Provenienz Leloup und Blum, abgebildet im Buch von Neyt La grande statuaire Hemba du Zaire. Sie war damit der Höhepunkt des Debuts des neuen Auktionshauses Hammer Auktionen am 21. Mai 2016 in Zürich (Abb. 2).
Abb. 1: Hemba Foto: Hammer Auktionen
Abb. 2: Hammer Auktionen Foto: Barlovic
Dass dieses Auktionshaus mit dem Experten und Auktionator Jean David schon mit seinen ersten beiden am gleichen Tag stattfindenden Auktionen der Tribal Art Szene frischen Wind bringen konnte, lag aber nicht nur an diesem Ergebnis, sondern auch an diesen Hard Facts:
- Bei Hammer 1, Kunst aus Afrika, wurden bereits am Auktionstag, also ohne Nachverkauf, 80% der 235 Objekte zugeschlagen, ein hoher Wert, wie man ihn bestenfalls von Sotheby's oder Christie's kennt. Und die Käufe gingen sowohl an Saal-, als auch an online- und Telefonbieter.
- Umgesetzt wurden dabei ohne Aufgeld mehr als eine Million Schweizer Franken.
Diese Verkaufserfolge lagen natürlich in erster Linie am Angebot: Versteigert wurden die Sammlungen von Rudolf und Leonore Blum und Carlo Monzino und damit sehr vielfältige Objekte von zum Teil hoher Qualität, deren Ergebnisse wichtige allgemeine Erkenntnisse für den Tribal Art Markt erbrachten:
- Grundsätzlich, was aber fast trivial ist: Werden Objekte von berühmten Namen versteigert, gibt es oft genug einen Halo-Effekt: Im Glanz der Provenienz erreichen auch Stücke einen Käufer, die es normalerweise etwas schwer haben.
- Am teuersten geht immer noch die klassische Kunst weg, wenn sie qualitätsvoll ist, Provenienz hat und an wichtiger Stelle publiziert wurde, siehe die Figur der Hemba. Als Gegensatz dazu eines meiner 3 Lieblingsstücke der Auktion: eine der seltenen Skulpturen der Boki (Lot 180, Abb. 3), die zwar äußerst ausdrucksstark und ebenfalls in mehreren Büchern abgedruckt ist, die aber eben nicht dem gefälligen Brüsseler/Pariser Stil entspricht und dementsprechend 'nur' 5.000 CHF erbrachte.
Abb. 3: Boki Foto: Barlovic
- Eine gewisse Renaissance erleben im Moment archäologische Stücke aus Nigeria und Mali, Nok (Abb. 4), Ife, Katsina oder auch Djenne - wenn sie eine hohe Qualität haben und idealerweise eine gute Provenienz (der Ife-Kopf, Lot 126 wurde für 60.000 Euro versteigert).
Dies war nicht immer so: Solche Objekte waren in den 80er und 90er Jahren äußerst teuer, da selten und ästhetisch hochwertig. Dann gab es aber einen Knick: Es machte sich Angst breit, dass solche Stücke von den Ursprungsländern zurückgefordert werden, der Sammler als Verbündeter von Grabräubern quasi kriminalisiert wird. Diese Angst ist weniger geworden. Zusätzlich tauchte recht viel Material auf dem Markt auf und es schien, dass vieles davon gefälscht war. Die Käufer verloren das Vertrauen. Jetzt sind sie aber wieder mutiger und erhoffen sich Sicherheit gegen Fälschungen von wissenschaftlichen Messungen (TL) und vor allem von der Provenienz der Objekte. - Eine ästhetische Augenweide war ein Pferdekopf der Ife (Lot 124, Abb. 5), der in Schädlers Buch Eisen und Erz publiziert ist und für 14.000 Euro zugeschlagen wurde.
Abb. 4: Nok-Gruppe Foto: Barlovic
Abb. 5: Ife Foto: Barlovic
- Gut liefen auch die Skulpturen der Lobi (Abb. 6). In den letzten Jahren gab es vor allem in Deutschland eine Art Lobi-Overkill: ein Zuviel an mittelmäßigen Stücken. Wenn die Qualität stimmt, können Werke dieses Volkes aber durchaus hohe Preise erzielen (z.B. Lot 52 21.000 Euro). Auf diesem speziellen Gebiet erscheint die skulpturale Qualität des Objektes wichtiger als die Provenienz.
Abb. 6: Lobi-Gruppe Foto: Barlovic
- Schon seit einiger Zeit zu den Losern auf dem Markt der Stammeskunst gehören die großen Objekte der Igbo aus Nigeria - dieser negative Trend setzte sich bei Hammer fort. Nur 2 der 6 Stücke wurden zugeschlagen, obwohl es gute Objekte sind und niedrige Aufrufpreise hatten. Ob es an ihrer Größe liegt - zumeist deutlich über einem Meter? Oder daran, dass ihnen der Neuartigkeitsbonus der 70er Jahre fehlt (so richtig bekannt wurden sie erst nach dem Biafra-Krieg, als viele in Europa und den USA auftauchten). Oder dass sie eben nicht so geleckt wirken wie ästhetische Werke aus Westafrika oder Kongo. Oder daran, dass Nigeria nie französische oder belgische Kolonie war?
Unter der 'Igbo-Schwäche' zu leiden hatten auch die beiden Lots mit großen und ungleich selteneren Figuren der Idoma, einem Nachbarvolk der Igbo. Das alte, richtig gute, um die 2m große Idoma-Paar (Lot 158, Abb. 7) wurde für nur 3.000 CHF zugeschlagen - Schätzpreis war 5.000 CHF - und wird demnächst seinen Weg zum Ammersee machen. Die Schreinfigur Lot 157 fand (noch) keinen Abnehmer.
Neben den Igbos schwächelten auch die angebotenen Türen.
Abb. 7: Idoma Foto: Barlovic
- Entgegen dem üblichen Tribal-Art-Markt-Trend fanden recht viele Objekte in einem Wert zwischen 15.000 und 60.000 CHF einen neuen Besitzer. Diese Preisschwelle ist häufig recht schwierig: Zu teuer für den 'normalen' Sammler dieser Kunst, und zu billig für die millionenschwere Sotheby's und Christie's-Klientel, die oft noch etwas Passendes zu Ihrer Sammlung moderner Kunst suchen. Beim richtigen Angebot kann sie aber überwunden werden.
Bei der im Anschluss durchgeführten Auktion Hammer 2, Kunst aus Ozeanien, Asien, Präkolumbianische Kunst war ich bereits auf der Autobahn. (Meine einzige Kritik: Das nächste Mal bitte entweder etwas schnellere Zuschläge oder weniger Stücke). Martin Schultz vom Bernischen Historischen Museum teile mir aber mit, dass von den 74 Lots nur 2 nicht verkauft wurden. Am meisten Geld brachte mit 55.000 CHF eine Stein-Figur aus der Diquís-Kultur, Costa Rica (Lot 15).
Der Erfolg der Auktion lässt sich aber auch noch auf etwas anderes zurückführen: Jean David, der in einem roten Anzug gekleidet und umrahmt von Skulpturen der Igbo (Abb. 8) teilweise 4-sprachig durch die Auktion führte (Deutsch, Englisch, Französisch und Schwizerdütsch), hat mit seinen Mitstreitern mit dieser Auktion sein Versprechen wahr gemacht, das Auktionswesen zu entstauben.
Abb. 8: Jean David Foto: Barlovic
So inszenierte er die Veranstaltung als Event. Den ca. 100 Interessenten im Saal wurde der Aufenthalt so angenehm wie möglich gemacht. Drinks, Häppchen, gutaussenden jungen Szenebedienungen und eine Bar gaben dem Auktionssaal einen Lounge-Charakter. Als geradezu folgerichtig erschien dabei die Tatsache, dass im Vorfeld und während der Auktion von Peter Heller, dem Macher des Films 'Markt der Masken', gefilmt und Interviews für eine geplante Fernsehsendung gemacht wurde.
Abb. 9: Blick in den Auktionsraum vor Öffnung Foto: Barlovic
Abb. 10: Blick in den Auktionsraum vor Öffnung Foto: Barlovic
Abb. 11: Blick in den Auktionsraum vor Öffnung Foto: Barlovic
Dazu hatte David bei kaum einem Objekt Angst davor, es mit einem niedrigen Preis aufzurufen und in sehr kleinen Schritten hochzusteigern. Diese Aufrufstrategie bedarf zwar einiges an Mut, hat aber den Vorteil, dass …
- es während der Auktion kaum Leerlauf gibt, weil schließlich fast jedes Objekt zumindest einen Interessenten fand, die Auktion also lebt
- und viele Bieter auf günstige Occasionen hofften.
Und falls wirklich mal ein Stück viel zu günstig verkauft wurde, macht dies in der Gesamtschau wenig aus bzw. wird ausgeglichen: Denn was gefällt und angesagt ist, wird auch hoch gesteigert - auch wenn der Ausgangspunkt niedrig ist.
Es bleiben am Ende zwei Fragen:
- Wird es Hammer Auktionen schaffen, den Erfolg zu wiederholen und sich wirklich als bedeutende Kraft im deutschsprachigen Tribal Art Markt zu etablieren oder bleibt diese Auktion ein One-Hit-Wonder?
- Wie wird sich Christie's fühlen? Christie's durfte bereits früher aus der Sammlung Blum eine Auswahl von Objekten treffen, die sie 2014 versteigerten. Wie es da sein konnte, dass solche Objekt wie die Hemba oder eine Maske der Mbole (Lot 218), die jetzt für 40.000 CHF zugeschlagen wurde, übersehen bzw. nicht genommen wurde, kann nur dieses Auktionshaus beantworten.
Abb. 12: Ausstellungsraum
Abb. 13: Ausstellungsraum
Abb. 14: Ausstellungsraum
Abb. 15: Ausstellungsraum
Mittlerweile (24.5.2016) gibt es eine offizielle Resultatsliste:
Bei Kunst aus Afrika (Hammer 1) wurden 80% der Objekte zugeschlagen und einschließlich Aufgeld 1.300.000 CHF umgesetzt.
Bei Kunst aus Ozeanien, Asien und Präkolumbische Kunst (Hammer 2) wurden 97% der Objekte für einschließlich Aufgeld 409.000 CHF zugeschlagen 9 der 74 Lots erreichten 5-stellige Summen.
Zu den Resultaten hier.