44 auf Tribal Art spezialisierte Galerien nahmen vom 8. bis zum 12. Juni 2016 an der Brüsseler Tribal Art Messe Bruneaf teil, neben der Parcours des Mondes eine der wenigen regelmäßigen stattfindenden Must-see-events für dieses Thema. Allerdings firmiert die Messe dieses Jahr nicht unter dem eingeführten Namen, sondern ist Teil der Cultures - The World Arts Fair, die neben der Bruneaf auch der AAB und der BAAF ein Dach bot.
Bei unserem Kurzbesuch am Samstag - in 4 Stunden durch über 40 Galerien, 2 Ausstellungen und 2 Auktionshäuser -, machte ich diese Beobachtungen:
Das Rahmenprogramm stellt einiges in den Schatten
Während der Messe gab es 2 Ausstellungen: Whispering Woods, The Great Lobi Statuary, kuratiert von Serge Schoffel und Ancient Medieval Mande Treasures, kuratiert von Bernard de Grunne.
Die exzellente Lobi-Ausstellung war wohl für einige, die um die Kunst dieses westafrikanischen Volkes bisher einen Bogen gemacht haben, eine Art Augenöffner. Es sind äußerst hochwertige Objekte, einfach (Licht zumeist von schräg oben) aber äußerst wirkungsvoll präsentiert, teilweise von skurrilen, häufiger aber von erhabenem Eindruck, manchmal an Picasso erinnernd, und im positiven Sinne die Vielfalt der Skulpturen dieses Volkes aufzeigend.
Bei der ebenfalls erstklassigen Ausstellung von zum Teil archäologischen Objekten aus Mali wird ein Trend fortgeführt, der auch auf der letzten Hammer-Auktion zu bemerken war: Der Tribal Art Markt verliert zunehmend seine Scheu - so sie überhaupt für eine gewisse Zeit vorhanden war -, archäologische Objekte zu vermarkten, weil es auch kaum eine verbindliche Gesetzgebung dazu gibt, dazu aber eine große Gerüchteküche und nicht bindende Empfehlungen.
Zusätzlich brauchte sich auch das Angebot der Auktionshäuser Lempertz und Native (hier wurden einige Objekte der kommenden Auktion gezeigt, die am 22. Oktober 2016 stattfinden wird) nicht hinter dem der Galerien zu verstecken.
Abb.1 Whispering Woods
Es fehlten in den Galerien Wow-Objekte
Natürlich wurden gute Qualitäten geboten und natürlich gab es herausragende Stücke. Insgesamt fand ich aber recht wenig, was mich total begeistert hätte - beispielsweise im Vergleich zu den Werken, die auf der BRAFA zu Beginn des Jahres ausgestellt waren. Dies mag an meinen Schnelldurchlauf gelegen haben oder auch daran, dass ich mir zuerst die beiden Ausstellungen angesehen haben - vor allem die Lobi-Stücke in den Galerien hatten es danach schwer, qualitativ mitzuhalten, auch wenn es gute Objekte gab. Aber wohl auch daran, dass es eben (zumindest am Samstag) weniger Wow-Stücke gab.
Lobis everywhere
Aufgrund der Begleitausstellung waren in vielen Galerien Objekte der Lobi zu sehen, in früheren Jahren eher eine Ausnahme bei diesen stärker auf den klassischen Kanon fokussierten Galerien.
Abb.2 Galerie Serge Schoffel - Lobi
World Art
Einige Tribal Art Galerien hatten dieses Jahr zusätzlich Objekte aus Asien und Archäologisches außerhalb von Afrika im Programm. Dahinter steht die Hoffnung, durch die Verschmelzung der 3 Messen zu Cultures auch Käufer zu bedienen, die Tribal Art normalerweise links liegen lassen. Zusätzlich wird einem neuen Sammlertypus Rechnung getragen, der nicht mehr auf ein Gebiet fixiert ist und dort zum Experten wird, sondern der breiter sammelt und keine Lust hat, sich jahrelang in ein Gebiet hineinzubohren. Der persönliche Geschmack löst das Briefmarkensammeln ab. Und der beispielweise nicht nur afrikanische Kunst mit moderner Kunst sondern auch mit Japan kombiniert. Das Sammeln wird zunehmend eklektisch - auch eine Begleiterscheinung der u.a. durch das Internet beschleunigten Zeit.
Ich persönlich empfand das Vorhandensein solcher Objekte in den Tribal Art Galerien bei allem Verständnis als etwas zwiespältig: Zum einen wurde nicht immer auf ein geschmackvolles Neben- und Miteinander geachtet - es wirkte etwas arg bunt gemischt.
Und zum anderen: Der Tribal Art Galerist verkauft ja auch sein Expertentum und seine Erfahrung auf diesem Gebiet. Wie versiert ist er oder sie dann aber bei dem Artfremden, das er auf einmal auch anbietet? Oder geht es wirklich so schnell, sich in ein neues Sujet hineinzuarbeiten, dass man es nach kürzester Zeit glaubhaft verkaufen kann? Und welche Tiefe hat dann aber das Tribal Art-Wissen mancher Galeristen? Hat da auch ein Crashkurs genügt?
Dass manche auf Stammeskunst spezialisierte Galerien andere Weltkulturen in das Programm übernahmen, war eine Ursache, dass noch stärker als sonst Kunst aus Südafrika und aus Tansania vernachlässigt wurden - abgesehen von den Makonde. Etwas durch den Raster fielen auch Ozeanien und Nordamerika.
Abb.3 Galerie Monbrison - Inuit
Man muss nicht mehr sein Haus verkaufen
Bei den wenigen Objekten, bei denen ich nach Preisen gefragt habe, war ich überrascht, dass diese relativ moderat ausfielen. Natürlich ist ein unterer 5-stelliger Beitrag viel Geld und für viele Sammler unerschwinglich. Aber dass man für diesen Preis bei der renommierten Galerie Flak eine großartige Skulptur der Songe bekommen kann, überrascht dann doch etwas. Kurz: die Bruneaf lohnt sich nicht nur, um zu schauen und um zu socializen, sondern auch, um zu kaufen.
Abb.4 Galerie Flak - Songe
Etwas ruhig war es
Glaubt man den Gesprächspartnern, wurden am Mittwoch, also am Eröffnungstag, teilweise recht gute Geschäfte getätigt. Danach wurde es aber wesentlich ruhiger - ein Grund dafür war wohl auch die Angst vor Terroranschlägen und damit das Ausbleiben von finanzkräftigen Käufern aus Übersee oder Arabien. Alles in allem war die Cultures/Bruneaf für manche Händler wohl nicht wirklich der erhoffte Verkaufs- (und Befreiungs-) Erfolg …
Sollte man im nächsten Jahr wieder hin?
Ja!
Es fehlt in einigen Galerien zwar an Highlights, andererseits: Wo kann man schon in der Nähe zu Deutschland solch eine Vielzahl an Objekten sehen (und kaufen ), die zum Teil sogar bezahlbar sind und einen (allerdings belgisch geprägten) Überblick über den Markt erhalten? Oder sich mit Galeristen unterhalten, die mehr und mehr früher vorhandene Arroganz-Dünkel vergessen und auch auf einen Interessenten mit billigen Schuhen eingehen. Diese 'Demokratisierung' der Messe ist durchaus positiv zu sehen.
Die nachfolgende Bilderauswahl zeigt Objekte, die mir beim Durchlaufen durch die Galerien aufgefallen sind. Sie ist eine absolut subjektive Momentaufnahme, bei der auch günstige Objekte zu sehen sind. Bestimmt habe ich viele Höhepunkte übersehen.
H. Kellim Brown
Es lohnt sich immer, bei Kellim Brown vorbeizuschauen, da er interessante Qualität zu nicht überhöhten Preisen anbietet.
Abb.5
Abb. 6
Abb. 7 Kuyu
Ambre Kongo
Abb.8 Ewe
Caravan
So eine ca. 40 cm große Konkomba (oder Losso oder Tchamba oder...) aus Togo ist wirklich selten. Kein Wunder, dass sie einen Käufer fand.
Abb.9 Konkomba
Didier Claes
Didier Claes gehört seit einiger Zeit zu der absoluten Spitze der Tribal Art Galerien. Solch eine Ikenga-Figur der Igbo kannte ich noch nicht.
Abb.10 Ikenga
Abb.11
Abb.12 Teke
Dalton Somaré
Abb.13 Zula
Tao Kerefoff
Abb.14 Ibo
Philippe Laeremans
Ich gebe zu, dass mich in den letzten Jahren Laeremans nicht mehr so begeistert hat. Dieses Jahr war es anders, siehe z.B. die Kaka, die u.a. im Besitz von Dr. Schädler war.
Abb.15 Kongo
Abb.16 Ekoi
Abb.17 Kaka
Alain Lecomte
Abb.18 Baule
Ambre Congo
Pierre Loos gehört gehört zu den Galeristen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und sich auch um 'normale' Sammler kümmern. So ist er aktiv auf der facebook-Gruppe 'Great or Fake'.
Abb.19 Bronze-Reif
Abb.20
Galerie Punchinello
Abb.21 Bulul, Ifugao, Philippinen
Classic Primitives Gallery - Renaud Riley
Mein persönliches Lieblingsstück auf der Messe.
Abb.22 Mbala. Kongo
Adrian Schlag
Abb.23 Hemba
Serge Schoffel
Schoffel wird noch mehr zu einem prägenden Player der Brüsseler Tribal Art Szene: Durch seinen starken Auftritt auf der Messe, seine herausragende Lobi-Ausstellung und durch seine Präsenz auf der BRAFA. Die Maske aus Kamerun fand ich originell und großartig.
Abb.24 Kamerun, Kom oder oku
Abb.25 Bocchio, Fon
David Serra
Abb.26 Hungana
The African - André & Jolie Vanhecke
Um diese Figur laufe ich schon länger herum. Eine alte Begräbnisfigur, wohl nicht für den Weißen sondern für den Stamm/die Verwendung im Ritus hergestellt.
Abb.27
Frank van Craen
Abb.28 Dan
Vielen Dank an Agence Observatoire, die die Cultures betreuende PR-Agentur, durch die ich die Erlaubnis bekam, auf der Messe Fotos zu machen und auf about africa zu veröffentlichen.
Übrigens hatte nicht ein Galerist gefragt, warum ich fotografiere oder sich diesem verweigert - auch ein Zeichen der zunehmenden Demokratisierung der Messe. Die Ausnahme war einzig Marc Leo Felix. Der verbot mir ein Foto und antwortete auf meinen Einwand, ich hätte im Vorfeld die Erlaubnis eingeholt: "I don't give a shit!" Felix ist halt ein Mann aus einer anderen Zeit, "als der Tag noch mit einer Schusswunde begann".