Dass 4 große Auktionshäuser innerhalb von 3 Wochen um die Tribal Art Käufer buhlen, gibt Gelegenheit, ihre Angebote zu vergleichen und zu schauen, wie sie sich im Markt positionieren.
Sotheby's
Bzgl. Renommee und Verkaufszahlen unumstritten vorne liegen Sotheby’s und Christie’s. Diese Vormachtstellung unterstreicht Sotheby’s mit der am 14. Dezember 2016 in Paris stattfindenden Auktion nachdrücklich, die aus zwei Teilen besteht. Im ersten werden Objekte aus der Sammlung von Viviane Jutheau versteigert, die in den 1980er Jahren begonnen hat, diese Kunst zu sammeln. Von den 22 Lots werden über die Hälfte, nämlich 13, mit 6-stelligen Beträgen taxiert, was deutlich zeigt, wo die Reise hingehen soll. Darunter sind klassische Werke aus Gabun, zusätzlich aber auch das eine oder andere alte Stück, das vielleicht nicht gerade jahrelang kultisch verwendet wurde…
Mir sind besonders 3 Stücke aufgefallen: eine sehr schöne Maske der Bamana (Lot1), ‚nur' auf 40-60.000 Euro taxiert, eine wirklich außergewöhnliche Maske der Kota (Lot 4, Taxe 200-300.000 Euro) und eine Skulptur der Bangwa, Lot 22.
Diese Bangwa ähnelt sehr einer alten Bekannten, die 2015 bei Zemanek verkauft und später auf der BRAFA und der Parcours des Mondes aufgetaucht ist. Diese schien am Hals noch ein Tick elaborierter geschnitzt und ist im UNterschied zu der Sotheby's Figur am Hocker vorne ohne Fehlstelle, wurde aber wohl im Gegensatz zu der Sotheby‘s-Skulptur nachträglich mit schwarzer Farbe angestrichen. Die Figur von Sotheby‘s scheint noch ihre Original-Patina zu haben, bzw. dass, was der französische Handel darunter versteht.
'Zemanek-Bangwa' auf der Parcours des Mondes 2016, Foto: Barlovic
Der Marktvergleich der beiden Objekte ist ein Lehrstück: Während die Zemanek-Bangwa für einen höheren 5-stelligen Preis zugeschlagen wurde, schätzt Sotheby’s ihre auf 400-600.000 Euro ein. Fehlende schwarze Farbe, ein längere Provenienzaufzählung und das Renommee eines Auktionshauses führen also dazu, dass ein Stück seinen Schätzwert verachtfacht.
Von den 27 im 2. Teil der Auktion von Sotheby’s angebotenen Stücken erreichen ‚nur‘ noch 7 Schätzpreise von über 100.000 Euro. Am verrücktesten ist dabei wohl das fast 80cm große Porträt eines Chefs der Bamileke (Lot 70), für die das Auktionshaus 250-300.000 Euro veranschlagt. Spitzenstücke aus Kamerun können den Markt beeindrucken.
Zusammenfassend: Sotheby‘s bietet recht wenige Stücke an, zusammen nur 50, die aber zum Teil von außergewöhnlicher Qualität (und Preisen) sind und unterstreicht damit seinen Ruf (bzw. positioniert sich so) als eines der führenden Auktionshäuser. Zum Katalog Teil 1. Katalog Teil 2
Christie's
Im Gegensatz zu Sotheby‘s verstehe zumindest ich aufgrund der Auktion am 15. Dezember 2016 (ebenfalls in Paris) Christie’s Strategie nicht so ganz. Dabei setzt Christie’s auf große Namen: Angeboten werden Werke aus der Sammlung von Madleine Meunier, die vieles von der Händlerlegende Charles Ratton bezogen hat.
Was als erstes auffällt: Tribal Art sind nur 50, die übrigen 56 der angebotenen Objekte sind archäologische, vor allem aus Ägypten.
Als zweites fallen die Taxen und damit einhergehend auch die Qualität des Angebots auf. Natürlich gibt es tolle Werke, z.B. die beiden einzigen Objekte mit 6-steligen Schätzpreisen, die obligatorischen Fang (Lot 37 für 300-500.000 Euro) und den Cover-boy, einen Luba Hocker Lot 40 (500-800.000 Euro), daneben z.B. noch ein schöner Sepikhocker (Lot 8) oder zwei imposante Kuyu-Statuen (Lot 45 und 47).
Lot 37 Fang © Christie's
Lot 40 Luba © Sotheby's
Lot 8 Sepik © Christie's
Die Mehrheit der Ware ist aber im 4-stelligen Bereich taxiert, manches noch günstiger, und würde man eher bei soliden Auktionshäusern wie Zemanek, Natives oder Hammer vermuten und nicht bei dem Sotheby's Jäger. Nr. 1. Und falls ich nicht irgendwelche Schläfer übersehen habe, entspricht die Taxe auch der angebotenen Qualität, Christie’s klammert also bei ihren realistisch wirkenden Schätzpreisen die Provenienz fast aus.
Mindestens genauso ratlos macht mich - zugegeben als Outsider dieser Kunst - das archäologische Angebot. Abgesehen von einigen wirklich schönen Objekten ist vieles aus meiner Sicht nicht wirklich Christie’s--würdig. Nicht schlecht, aber eben nicht gut genug um ganz oben mitzuspielen.
Damit bleiben Fragen zu Christie`s neuer Auktion: Bin nur ich blind und unterschätze das Angebot? War es Voraussetzung, dass Christie’s die Sammlung erhält, dass sie alles nehmen müssen, und nicht wie früher sich nur die Rosinen herauspicken dürfen? Hat man gesehen, wie Native und Hammer mit den ‚übriggebliebenen‘ Objekten aus berühmten Sammlungen viel Geld gemacht haben und möchte dies für die Zukunft verhindern? Möchte das Auktionshaus sich demokratisieren und auch weniger begüterte Sammler anziehen, z.B. den sprichwörtlichen 'jungen Sammler', quasi als Investition in die Zukunft? Gibt es einfach (zumindest für Christie’s) nicht genügend hochwertiges Material auf dem Markt (Wie hat mir der Chef von Native so nett geschrieben: „Masterpieces are hard to find.“)? Oder hortet das Auktionshaus seine Spitzenstücke für the next big thing, die nächste große Auktion?
Sollte ich wie gesagt nicht die Qualität und den Glanz der Provenienz unterschätzt haben, dann positioniert sich Christies’s mit weiten Teilen dieser Auktion weg von der Spitze, hin zu den nur guten Häusern wie Zemanek, Native etc., und damit in ein bereits recht massiv besetztes Feld. Übrigens war Christie’s vor einigen Jahren schon mal dort, als Sammler mit geringem Budget bei dem Auktionshaus vieles kaufen konnte. Zum Katalog
Binoche et Giquello
Dahin wo Sotheby’s und Christie’s bei Tribal Art sind, nach oben, möchte auch Binoche et Giquello mit ihrer Auktion am 24.11 in Paris mit seinen Experten Patrick Caput und Bernard Dulon, unterstützt von einem wirklich gut gemachten Katalog:
9 der 65 Lots haben 6-stellige Schätzpreise, darunter neben den obligatorischen Werken der Fang (Lot 51, 53) und einer Benin-Platte (Lot 16, das teuerste Stück, geschätzt auf 600-800.000 Euro) auch eine sehr schöne Figur der Tsonga (Lot 35.Bis für 300-450.000 Euro).
Den Anspruch, nach oben zu wollen, zeigt sich bei dieser Auktion aber nicht nur bei den Topstücken. Es fällt auf, dass zum Teil die nur gute Qualität recht hoch taxiert wird, wie z.B. eine Puppe der Mossi für 10.000 Euro oder einige der Baule-Figuren. Vielleicht ist dies der Versuch, die 2-Teilung des Marktes (die großen Stücke werden immer teurer, die gute Qualität immer günstiger) zu überwinden und die Preise wieder anzuziehen, was sicherlich allen belgischen und französischen Händlern zugute käme. Zum Katalog
Bonhams
Bleibt noch Bonhams mit seiner Auktion am 6.12.2016 in Los Angeles. Auch hier gibt es die obligatorische Fang (Lot 49, ein Kopf auf 140-190.000 Euro geschätzt und damit das einzige Werk im 6-stelligen Bereich), nach meiner Meinung aber sehr wenige Wow-Stücke. Noch am eindrucksvollsten im Katalog scheint mir Lot 47, ein sitzendes Luba Shankadi Paar mit eine Taxe von 56-75.000 Euro.
Lot 49 Fang © Bonhams
Lot 47 Luba © Bonhams
Achtung: Lot 47 wurde noch vor der Auktion zurückgezogen
Die übrigen Stücke sind weiß Gott nicht schlecht - vor allem die Werke aus Ozeanien - und realistisch taxiert. Es fehlt halt an Masterpieces, wie es Anita Schroeder immer so schön sagt. Bonhams ist gut, schielt aber nicht nach der Spitze. Zum Katalog
PS
Sobald Auktionshäuser auf meine Anfrage reagiert haben, ob ich Fotos aus ihrem Katalog hier veröffentlichen darf, werde ich auch noch Objektfotos posten.