Die Brüsseler Kunst- und Antiquitätenmesse BRAFA, die vom 21. bis zum 29. Januar 2017 zum 62. Mal stattfindet, versteht sich als eklektische Messe, die einer Vielzahl an unterschiedlichen Sammelgebieten eine Heimat geben möchten, von originalen Comic-Zeichnungen, die im Moment eine Preisexplosion erleben, über archäologischer Objekte bis hin zu erlesenen Antiquitäten und moderner Kunst.
Tribal Art ist recht präsent, schließlich ist Brüssel neben Paris einer ihrer Hot Spots : Von den 132 teilnehmenden Galerien haben 9 sie als Schwerpunkt (also fast 10%):
- Didier Claes, Pierre Dartevelle, Bernard de Grunne, Bernard Dulon, Yann Ferrandin, Jacques Germain, Galerie Monbrison, Serge Schoffel, Schoffel de Fabry
Die Zahl der Teilnehmer mit Stammeskunst ist im Vergleich zum letzten Jahr gleich geblieben: Zwar ist der Deutsche Dierk Dierking dieses Jahr nicht mehr dabei, dafür ist mit Bertrand de Grunne ein ausgesprochenes Schwergewicht hinzugekommen.
Zusätzlich gibt es Aussteller, bei denen die Art Premier eine wichtige Rolle spielt, beispielsweise in den Wunderkammern von Finch & Co. und Porfirius, sowie bei Grusenmeyer und Woliner.
Bei der BRAFA präsentiert sich damit ein großer Teil der Elite der in Brüssel und Paris beheimateten Galerien für Stammeskunst. Und wenn Namen fehlen, dann sind sie oft Teilnehmer auf der Messe TEFAF in Masstricht, wie beispielsweise Anthony Meyer, Entwistle oder ab diesem Jahr auch der aufstrebende deutsche Adrian Schlag, der der BRAFA sicherlich auch sehr gut zu Gesicht gestanden hätte. Manche Galeristen wie Claes oder De Grunne fahren zweigleisig. Um die Sichtbarkeit der Tribal Art auf dieser Messe weiter zu erhöhen, würde sicherlich noch der eine oder andere zusätzliche Teilnehmer gut tun.
Angeboten wird sehr gute Qualität – noch bessere als auf der gleichzeitig stattfindenden Winter Bruneaf. Erstaunlicherweise fehlt es aber an absoluten Spitzenstücken, an Klassikern: Ich zumindest konnte so gut wie keine typische Figur oder Maske der Fang oder einen überragenden Nagelfetisch aus dem Kongo entdecken, Objekte, die 6- bis 7-stellig gehandelt werden. Solche Skulpturen werden aber mit schöner Regelmäßigkeit auf den großen Auktionen angeboten. Ist das Publikum dort noch zahlungskräftiger?
Zusätzlich gab es für mich recht wenige Wow-Stücke, wie beispielsweise letztes Jahr ein Figurenpaar der Jukun bei Dulon.
Bzgl. der Themengebiete zeigen sich gleichermaßen Erweiterungen und Eingrenzungen
- Mittlerweile haben es Objekte der Stammeskunst geschafft, auf der BRAFA präsentiert zu werden, die noch vor einigen Jahren für Brüssel zu grob/expressiv gewesen wären, sei es die Kunst der Lobi oder eine außergewöhnliche Kamerun-Fang bei Dulon. Es müssen nicht immer nur die perfekt patinierten Objekte z.B. der Luba oder Hemba sein.
- Andererseits gibt es trotz der Fang bei Dulon wenige Überraschungen mit einem ‚Wow-was-ist-denn-das-Effekt‘.
- Regional gesehen sind die angebotenen afrikanischen Kunstwerke vor allem aus West- und Zentralafrika, kaum aus Ost- oder dem südlichen Afrika, dem Gebiet der ästhetischsten ‚Alltagsware‘ wie z.B. Nackenstützen. Das koloniale Erbe Belgiens spielt eine Rolle. Die dortigen Sammler sind nach wie vor auf Gebiete wie den Kongo geprägt, auch wenn sich langsam etwas ändert.
- Kaum vertreten sind Objekte außerhalb von Afrika und Ozeanien (wenig Nordamerika, Nepal, oder Philippinen (eine Ausnahme: ein Bulul bei Ferrandin).
Die BRAFA und auch die TEFAF sind Pflichtveranstaltungen für den Tribal Art-Liebhaber. Dies erhöht den Druck auf die Spezialmessen wie den Parcours des Mondes in Paris oder vor allem auf die Cultures/Bruneaf in Belgien, bzw. auf deren Teilnehmer: Mit seiner Galerie einfach nur am Sablon in Brüssel präsent zu sein und auf Bruneaf-Besucher zu hoffen, kann in der heutigen schnelllebigen und Event-orientierten Zeit zu wenig sein, um zu existieren.
Zu den Objekten:
Didier Claes setzt auch dieses Jahr wieder vor allem auf das klassische belgische Sammelgebiet, den Kongo. Wie immer ist seine angebotene Qualität wirklich gut. Claes ist Vice-Chairman der Messe.
Claes Figurengruppe
Claes Hemba
Claes Luba
Claes Songye
Pierre Dartevelles Angebot ist recht vielfältig. Auch wenn ich kein Kota-Fan bin, fand ich die griesgrämige Wächterfigur originell. Sie stammt aus der Sammlung Fontaine (1938-1941), ein ähnliches Objekt befindet sich wohl im British Museum.
Dartevelle Gruppe
Dartevelle Bamana
Dartevelle Bashikasingo
Dartevelle Benue
Dartevelle Kongo
Dartevelle Kota
Dartevelle Mali
Dartevelle Ife
Dartevelle Marquesas
Die Galerie Deletaille war vor allem in den 70er und 80er Jahren ein großer Name für Tribal Art, ihr Schwerpunkt liegt aber mittlerweile auf präkolumbianischer Kunst. Von den 3 Nok-Figuren würde ich gerne CTs sehen.
Deletaille Nok
Bei De Grunne, in der Vergangenheit einer der wenigen, der immer auf archäologische Objekte aus Afrika gesetzt hat - solche Objekte sind mittlerweile wieder öfters zu sehen -, hat mich sein Angebot nicht wirklich berührt. Ausnahmen waren eine Figur der Ashanti und ein lustige Yaka-Maske in Form eines Vogelhäuschens. Im BRAFA-Katalog sind aber 2 spannende Pende-Masken abgebildet.
De Grunne Ashanti
De Grunne Kongo
De Grunne Nok
De Grunne Yaka
Bernard Dulon konnte mich wirklich überzeugen: Hatte mit einer sehr seltenen Fang-Figur aus dem südlichen Kamerun für 80.000 Euro das für mich außergewöhnlichste Objekt und präsentierte u.a. tolle Ubangi-Figuren.
Dulon Baule
Dulon Borneo
Dulon Fang
Dulon Ubangi
Yann Ferrandin war auf Augenhöhe mit Dulon.Toll u.a. die Figur der Kanak aus Neukaledonien. Sehr gut sein Bulul für etwas über 20.000 Euro.
Ferrandin Baule
Ferrandin Bulul_Ifugao
Ferrandin Guro
Ferrandin Iatmul
Ferrandin Kanak
Ferrandin Kota
Ferrandin Senufo
Ferrandin Trobriand
Ferrandin Zande
Finch zeigt wie immer eine veritable Wunderkammer. Seine Preise sind immer noch hoch, scheinen aber langsam etwas 'vernünftiger' zu werden. Die Ibejis kosteten im Schnitt 3.000 Euro.
Finch
Finch Baule
Finch Ibeji Yoruba
Finch Kongo
Bei Jacques Germain gefiel mir vor allem die formal gut gelöste Lobi.
Germain Stand
Germain Kamerun
Germain Lobi
Germain Mbole
Germain Israel Golan-Höhen
Die Maori-Axt aus der Sammlung Rockefeller bei Grusenmeyer und Woliner hatte schon am 18. Januar einen roten Verkaufspunkt. Der Flöten-Aufsatz der Biwat aus Neuguinea ist vielleicht nicht die absolute Spitze, aufgrund der Seltenheit authentischer Objekte schien der Preis von etwas über 100.000 Euro aber gerechtfertigt.
Grusenmeyer Biwat Papua-Neuguinea
Grusenmeyer Maori
Starker Auftritt von Sarah de Monbrison, toll die Figur der Metoko mit ihrer kubistischen Formensprache.
Monbrison
Monbrison Dogon
Monbrison Ibo
Monbrison Jukun
Monbrison Metoko
Monbrison Songye
Monbrison Wum Kamerun
Porfirius Kunstkammer
Porfirius 1
Porfirius 2
Porfirius Papua Neuguinea
Bei Serge Schoffel wird deutlich: Ozeanien wird für ihn immer wichtiger. Und er ist weniger 'wild' geworden. Die Zeiten sind vorbei, als er mit Ausstellungen wie Voodoo oder Arbeiten des Bildhauers Joseph Henrion auf der BRAFA zwar für Aufmerksamkeit sorgte, am Geschmack der feinen Brüsseler aber wohl etwas vorbeischoss.
Schoffel Bongo
Schoffel Ibo
Schoffel Kanigara Sepik
Schoffel Lobi
Schoffel Papua Neuguinea
Schoffel Sepik
Schoffel Tansania
Schoffel De Fabry konnten wie immer überzeugen. Blickfang das Objekt der Kanak.
Schoffel De Fabry Baule
Schoffel De Fabry Baule
Schoffel De Fabry Gurunsi
Schoffel De Fabry Kanak
Schoffel De Fabry Senufo
Schoffel De Fabry Timor
Text und Fotos: Ingo Barlovic
Vielen Dank an die Presseabteilung der BRAFA, die mir erlaubte, auf der Messe zu fotografieren