Die Tribal Art Messe Bruneaf in Brüssel, die ja mittlerweile mit der AAB und der BAAF zur Cultures verschmolzen ist, verlor in den letzten Jahren zunehmend an Strahlkraft:
- Es gibt immer weniger Meisterwerke auf dem Markt - es zeigt sich hierbei beim Tribal Art Markt die gleiche Entwicklung wie auf dem allgemeinen Kunstmarkt - und die noch vorhandenen werden eher in den großen Auktionen oder den Renommier-Messen mit Weltkunst wie der BRAFA oder der TEFAF angeboten (und zum Teil von den Händlern kurz vor dem offiziellen Start der Cultures den Kollegen abgekauft, wie es ein Schweizer Sammler bemerkt hat).
- Sie bliebt immer mehr hinter der direkten Konkurrenzveranstaltung Parcours des Mondes in Paris mit deren spannenden Einzelausstellungen und der Nähe zu den Pariser Auktionen von Christie‘s und Sotheby’s zurück.
- Eine ältere finanzkräftige Sammler-Generation hat sich aus mehreren Gründen verabschiedet.
- Und: Die Bruneaf zeige in der Vergangenheit nur wenig Gegenwehr, versuchte mit einem Augen zu und durch die Krise zu überstehen – was für einige Galeristen sehr schmerzhaft wurde.
Dementsprechend spannend war die Frage, ob die vom 7. bis zum 11. Juni stattgefundene Cultures / Bruneaf 2017 es geschafft hat, diesen Entwicklungen entgegen zu treten.
Eine erste Neuerung: Es gibt einen Generationswechsel an der Spitze der Messe: Serge Schoffel hat Pierre Loos als Präsident abgelöst. Auch wenn dies erst vor einigen Monaten geschah, kann man bereits erste Auswirkungen erkennen:
- Vor allem: Der Katalog ist größer geworden, macht jetzt wirklich etwas her.
- Die Website wurde erneuert.
- Durch diese Punkte ist die Messe zumindest beim Außenauftritt langsam im 21. Jahrhundert angekommen.
- Es schien, als ob es das eine oder andere neue Gesicht unter den Käufern gibt.
Aber natürlich konnte Schoffel in dieser kurzen Zeit nicht alle alten Zöpfe abschneiden und Probleme beheben. Wer durch die Galerien schlendert, der konnte
- noch immer recht viele geradezu miesepetrig wirkende Händler sehen, die alles verbreiteten, nur nicht die Spaß an der Stammeskunst
- einige überteuerte, dennoch langweilige Objekte bemerken - die sich nur zu oft bei den oben angesprochenen Galeristen fanden
- wenig Meisterwerke entdecken, und wenn, dann waren sie zumeist schon durch eine vorherige Messe bekannt
- kaum monothematische Ausstellungen sehen die aufhorchen ließen
- nur wenige richtig finanzkräftige neue Käufer wahrnehmen, die mal eben so 5- oder 6-stellige Beträge in einer Galerie ließen.
- Und dazu schien die Besucherzahl zumindest nicht wesentlich höher als in den letzten Jahren. Dazu gab es auch weniger ausstellende Galerien als letztes Jahr.
- Schließlich tat es der Messe weh, dass eine der besten Galerien den Grand Sablon verlassen hat: Didier Claes (der aber noch Teil der Messe ist).
Dennoch gab es auch während der Messe kleine Zeichen eines Bruneaf reloaded, einer leichten Erneuerung. So fiel auf, dass neben frustrierten eher älteren Herrschaften einige ‘junge‘ Händler durchaus zufrieden waren. Ihr Erfolgsrezept: Sie boten bezahlbare, nicht überteuerte! Ware im 3- bis 4-stelligen Bereich an, die trotzdem originell war und keine austauschbaren Ladenhüter. Und solche Objekte fanden dann tatsächlich nicht nur alte sondern auch neue Käufer und ließen die Verkäufer lächeln: Ganz nach dem Motto: 5 an einem Tag verkaufte kleinere Objekte, cash bezahlt, machen mindestens so viel Spaß wie ein großer Verkauf – auf den die meisten anderen Galeristen lange warten mussten. So er überhaupt geschah.
Damit zeigt sich für die Cultures / Bruneaf ein neuer Weg ab: Als Spaß-Messe mit spannenden Objekten, die nicht viel teuer sind als auf einer Auktion oder bei einer Galerie außerhalb der Bruneaf. Die dann die Tribal Art Aficionados und andere Händler als Zielgruppe haben. Und wenn es in Zukunft dazu noch das eine oder andere Triple A-Stück, die eine oder andere interessante monothematische Händler-Ausstellung und weiterhin ein lohnenswertes Beiprogramm (Ausstellungen, Versteigerungen) gibt, kann diese Messe überleben und sich neu erfinden. Und dann feiert vielleicht auch eine wirklich finanzkräftige Klientel ein Comeback.
Zu den Fotos/Galerien
Bei meinem Besuch auf der Messe gab es in meinen Augen ja nicht viele Triple A-Stücke. Und da ich von diesen einige nicht fotografiert habe, weil ich sie schon anlässlich anderer Messen auf about africa gepostet habe, ist die Zahl der Wow-Stücke unter meiner Auswahl nicht sehr hoch. Masterpieces are hard to find….
Didier Claes war im Bruneaf-Programm eine Ausnahme: Zum einen weil er mit seiner monothematischen Ausstellung zu den Lega ein Niveau vorlegte, dass die die anderen Galerien nicht erreichten. Und zum anderen, weil er zwar noch Teil der Cultures ist, mit seiner Galerie aber vom Grand Sablon weggezogen ist. Er sieht sich als Galerie auf Augenhöhe mit den großen Anbietern von Kunst, möchte aus dem Tribal Art Ghetto ausbrechen.Damit fehlt ihm die Bruneaf-Laufkundschaft, auf die er aber wohl verzichten kann: Er sucht die Käufer mit richtig viel Kapital. Bei meinem Besuch am Samstag vomittag war nur ein anderer Besucher anwesend, die vorzügliche Lega-Sammlung war nach eigener Angabe aber bereits verkauft.
Claes 1 Gebäude der Galerie
Claes 2 Lega
Claes 3
Claes 4
Claes 5
Cleas 6
Claes 7
Claes 8
Claes 9
Claes 10 Songe
Claes 11
Claes 12
Claes 13 Baule
Die wohl größte Überraschung war für mich Oliver Larroque, den ich noch nie so richtig auf dem Schirm hatte, der hier aber mit tollen Objekten glänzen konnte. Mein Liebling war seine Songe.
Larroque 1 Kumu
Larroque 2 Songe
Larroque 3 Atyé
Larroque 4 Baule
Larroque 5 Kuranko
Einer der Gewinner der Cultures war H. Kellim Brown. Nachdem sich ein längerer Aufenthalt im Kongo kurzfristig zerschlagen hatte, ging er mit geringen Erwartungen fast spontan in die Messe und bot originelle Objekte zu guten Preisen ab 800 Euro an, die er z.T. schon länger in seinem Depot hatte. Er verkaufte so gut, das er jeden Morgen Nachschub aus seinem Depot holen musste.
Brown 1 Chokwe
Brown 2 Lulua
Brown 3 Lobi
Brown 4 Kongo
Michel Van den Dries nahm das erste Mal mit einem eigenem Stand an der Cultures / Bruneaf teil. Van den Dries ist ein Händler, bei dem andere Galeristen (und auch Sammler) kaufen, der zu sehr guten Preisen spannende Objekte anbietet. Am meisten weiß er über Steine und die Sahara, sein Gebiet ist aber wesentlich weiter gespannt. Auch Van den den Dries scheint gut verkauft zu haben, indem er gute Stücke zu nicht abgehobenen Preisen offerierte. Seine Jukun-Keramik-Paar gehörte zum Auffallendsten auf dem Parcour, lag aber deutlich im 5-stelligen Bereich.
Van den Dries 1 Jukun
Van den Dries 2
Adrian Schlag hatte wie in der letzten Zeit eigentlich immer sehr gutes Material, das er aber zumeist schon auf der Tefaf oder dem letzten Parcours des Mondes gezeigt hat. Deshalb hier nur ein sehr schönes Objekt.
Schlag Guro
Mit Serge Schoffel verhielt es sich ähnlich wie mit Schlag: Schöne Objekte, die ich zum Teil aber schon bei anderen Messen gesehen und auf about africa dokumentiert habe. Deshalb nur sein Benin-Leopard und Ekois aus der Sammlung Carlo Monzini.
Schoffel 1 Benin
Schoffel 2 Ekoi
Kapil Jariwala hatte bemerkenswerte Asafo-Fahnen - die Preise (über 4.000 Euro) waren aber leider genauso außergewöhnlich.
Kapil Jariwala 1 Asafo
Kapil Jariwala 2 Asafo
Kapil Jariwala 3 Bobo
Kapil Jariwala 4 Australien
Weitere Galerien
Ambre Congo (Pierre Loos & Thomas Bayet)
Ambre Congo 1
Ambre Congo 2
Ambre Congo 3
Ambre Congo 4 Kongo
Ambre Kongo 5
Ambre Kongo 6 Bulul
Bruno Frey
Frey Sisala
Huysveld
Huysveld Dan
Laeremans
Laeremans Zela
Montagut
Montagut Dogon
Pecci
Pecci
Sanne Nies
Nies Dogon
David Serra
Serra 1
Serra 2
Frank van Craen
Van Craen Lobi
Ich gebe es zu: Dieses Jahr fand ich das Angebot mit japanischen Objekten fast noch spannender als die Tribal Art!
Kitsune Japanese Art gehört jedes Mal zu den Brüsseler Highlights: Erstklassige Objekte, nachvollziehbare Preise und mit Arie Vos ein Galerist, der nicht nur kompetent, sondern auch richtig nett ist. Vielleicht die Galerie, die mir immer wieder am meisten Spaß macht.
Kitsune 1 Die Kuh stammt von Takahashi Keiten
Kitsune 2
Mestdagh ist zwar eigentlich auf Tribal Art spezialisiert, wie letztes Jahr setzt er aber erneut auf Japan.
Mestdagh
Mingei Arts Gallery hatte neben japanischen Masken richtig alte japanische, faszinierende Kermamik.
Mingei 1
Mingei 2
Der deutsche Asiatica-Spezialist Michael Woerner zeigte u.a. eine Ausstellung des bedeutendsten zeitgenössischen Thailändischen Keramikers Wasinburee Supanichvoraparch. The Kobald Series war vielleicht der Höhepunkt des Messe.
Woerner 1 Java 1. Jhd.
Woerner 2 Wasinburee Supanichvoraparch
Woerner 3 Wasinburee Supanichvoraparch
Woerner 4 Wasinburee Supanichvoraparch
Das beindruckendste Objekt der Cultures kam in meinen Augen allerdings aus Europa: Eine Christusfigur aus dem 16. oder 17. Jahrhundert aus Elfenbein, wohl in Portugal oder Spanien geschnitzt. Sie gelangte mit europäischen Missionaren nach Japan - davon geben japanische Schriftzeichen auf der Rückseite Auskunft -, kam aber wohl kurze Zeit später wieder nach Europa zurück. Die Kyoto Gallery möchte dafür 50.000 Euro.
Kyoto 1 Vorderseite
Kyoto 2 Seite
Vielen Dank an Agence Observatoire, die die Cultures betreuende PR-Agentur, durch die ich die Erlaubnis bekam, auf der Messe Fotos zu machen und auf about africa zu veröffentlichen.
Text und Fotos: I. Barlovic