Bei einem Buch mit dem Titel „Mariem Hassan – Die unbeugsame Stimme (der Westsahara)“, 2018 im Frieling-Verlag erschienen, habe ich mir zwei mögliche Schwerpunkte erhofft. Entweder ein tief gehendes Portrait der großen, 2015 verstorbenen Sängerin, das ihr Leben, vor allem jedoch ihre Gedanken- und Gefühlwelt dem Leser nahe bringt. Und/oder eine Analyse des Westsahara-Konflikts, bei dem das sahraurische Volk heute noch in Algerien in Flüchtlingslagern lebt und das Ansinnen nach Selbstbestimmung immer wieder abgeschmettert wurde. Eine Analyse, die aber auch einen möglichst neutralen Blick wirft auf die Polisario, deren Befreiungskampf wohl nicht nur positive Züge trägt.
Das Buch der beiden Laien-Autoren Manuel Dominguez – Gründer des Weltmusiklabels Nubenegra, bei dem Hassan unter Vertrag war – und seiner Mitarbeiterin Zazie Schubert-Wurr vermeidet dann aber genau diese beiden Punkte: Es geht so gut wie nie um die innere Welt der Sängerin, die fremd bleibt. Man erschrickt geradezu, als sie auf S. 158 das erste Mal etwas wirklich Persönliches sagt - allerdings nicht zu den Autoren, sondern anlässlich eines Interviews. Die Hintergründe des sahrauischen Konfliktes bleiben ebenfalls im Dunkel, höchstens ist vom Elend in den Flüchtlingslagern zu lesen oder etwas unreflektiert von der Tapferkeit der Kämpfer der Polisario.
Dagegen ist das Buch eine äußerst minutiöse Auflistung der Aktivtäten des Labels Nubenegra von 1997 bis 2015, d.h. vor allem von Konzerten und Aufnahmen, an denen zumeist - aber nicht nur - Mariem Hassan beteiligt war. Eine Art Tagebuch also. Dies ist durchaus für Fans des Labels und der Sängerin interessant, da es zu fast jedem Ereignis Fotos gibt, die den Text umrahmen. Für Leser, die keine Aficionados dieser speziellen Art der Weltmusik sind, ist es dagegen ermüdend, was durch den Schreibstil der beiden Autoren – sie wechseln bei den Kapiteln ab - noch verstärkt wird. Beispielsweise gibt es gefühlt auf jeder Seite mindestens 5 Mal das Wort „ich“. Dazu scheinen die Texte fast mehr über die beiden Autoren zu sagen als über Mariem Hassan. So wirkt Dominguez als ein Machertyp, bei dem man sich manchmal fragt, ob er beispielsweise nicht stärker auf Schonung hätte drängen müssen, als Hassan oder auch andere Musiker krank waren. Und ob die Information, dass sich Hassan in einem Bus übergeben musste, weil sie Busfahrten nicht vertrug, wirklich gedruckt gehört?
„Mariem Hassan – Die unbeugsame Stimme (der Westsahara)“ ist durch die Fotos eine Art filmische Musik- und Konzertdokumentation in Buchform, die Chancen liegen lässt.