Ist das ein schönes Buch! In ‚Die Welt in der Wunderkammer‘ zeigen Alexandre Galand und Delphine Jacquot, wie Wissensdurst, Neugierde und die Faszination für das Fremde, das Mystische und auch der Erschreckende seit 500 Jahren zu wunderlichen Kuriositätenkabinetten geführt hat und wie sich diese über die Jahrhunderte verändert haben.
Im Mittelpunkt stehen 4 ausklappbare, großformatige Zeichnungen (das Buch ist 39 cm hoch!), die jeweils eine prototypische Wunderkammer einer bestimmten Epoche darstellen. Es sind Zeichnungen fast wie Wimmelbilder und voller Sensationen, seien es Hörner vom Einhorn, dem Sklaven von Manfredo, einem Automaten in Menschengestalt aus dem 17. Jahrhundert oder Zeitkapseln.
Smartphone-Schnappschuss einer ausklappbaren Zeichnung
Diese Wunderkammern werden kontextualisiert und historisch eingeordnet: Von den Anfängen im 16. Jahrhundert über die Demokratisierung von Kunst und Wissenschaft im 17. und 18., über den Versuch, im 18. und 19. Jahrhundert die Welt als Ganzes zu sammeln und abzubilden, dazu gehörten auch die Völkerschauen oder die materielle Kultur indigener Völker, bis schließlich hin zu den Sammlungen von heute, bei denen es auch darum gehen kann, Natur zu bewahren.
Es macht einfach Spaß, sich auf den Zeichnungen die verschiedenen Objekte anzuschauen und auf den folgenden Seiten mehr darüber zu erfahren und bei manchen auch mal bei Wikipedia zu landen.
Der Verlag empfiehlt das Buch für Leser ab 10 Jahre, was ich etwas problematisch finde. Einerseits sind die Texte teilweise etwas abstrakt und könnten 10-Jährige überfordern. Andererseits werden die Zeichnungen und die Inhalte sicher auch jüngere Kinder faszinieren, die ja zumindest in Gedanken dabei sind, ihren heimischen Schutzraum zu verlassen und das Fremde zu entdecken. Kinder sind auch nicht anderes als Menschen der Renaissance. Dazu kommen solche Wimmelbilder ihrem Blick für Details zu gute. Allerdings sollten sie mit einigen der Kuriositäten nicht alleine gelassen werden.
‚Die Welt in der Wunderkammer‘ ist ein großartiges Buch zum Selber lesen und schauen und ein sehr gutes zum Verschenken. Am besten ist es aber, wenn man das Buch seinem Kind, Enkel oder Ur-Enkel verschenkt und es mit ihm zusammen liest. Und wer weiß: Vielleicht versteht dann der Nachwuchs auch, warum man selber Sammler ist und lernt die zusammengetragenen Objekte zu schätzen.
48 Seiten, 22 €, erschienen im Gerstenberg Verlag.
Wer das Buch kaufen und about africa einen Gefallen tun möchte, der kann es vesandkostenfrei über Lehmanns bestellen. Natürlich kann man sich über diesen Links auch informieren, ohne zu bestellen. (Beim Draufklicken auf das Link wird ein Cookie gesetzt)
Vielen Dank an den Gerstenberg Verlag für die Zusendung eines Rezensionsexemplars