Schick Collection. Art from another World heißt ein 300-seitiger großformatiger Prachtband, der die Asien-, Indonesien- und Afrika-Sammlung der Unternehmer Katharina und Anton Schick aus Bad Kissingen dokumentiert. Als Herausgeber zeichnet David Zemanek. Die Texte sind zweisprachig. - deutsch und englisch.
Inhalt
In seiner 5-seitigen Einführung schreibt Jan Soldin eine „Biographie der Sammlung Katharina und Anton Schick“. Wie die Sammler seit den 1970ern v.a. Südostasien bereisten, die Kultur der Menschen kennen lernten und ihre „Rituale beobachteten. Dass sie vor Ort und im Kunsthandel Objekte kauften und Katharina Schick die Reisen in Tagebüchern festhielt. Bei der Sammlung ging und geht es um „das wertungsfreie Bestaunen, Sehen und Kennenlernen verschiedener Perspektiven auf eine Welt, die im „Kunstkosmos Schick“ geradezu global verbunden erscheint!“ (S. 10)
Den Abschnitt ‘Asiatika‘ leitet eine Einführung von Sarah Merkle-Schneider in die Kunst Asiens und insbesondere Südostasien ein. Nach der geografischen Verortung auf einer Karte folgt ein 70-seitiger Bilderteil mit großformatigen Objektfotos.
Anje Baecker schreibt über die Kunst Indonesiens. Ihr geht es vor allem um den Animismus und die Spiritualität der Bewohner und wie sich dies an Objekten festmachen kann – sei es an Opferpfosten der Atoni in Timor oder an Ahnenfiguren der Mentawei. Diese Figuren werden von Linien geziert werden, gleich traditioneller Tätowierungen.
Mit 150 Seiten ist der sich anschließende Indonesien-Bilderteil der Schwerpunkt des Buches. Dabei gibt es auch kurze Zwischentexte, z.B. zu den Hamaptong-Figuren aus Borneo. Zu sehen sind daneben u.a. Werke der Nias, tau-tau, die Pfostenfiguren aus Timor und auch Stücke aus Ozeanien.
Im kürzesten Schwerpunkt des Buches führt David Zemanek in die Kunst Afrikas ein, es folgen Fotografien von 6 Objekten.
Zu jedem der Stücke gibt es Objektbeschreibungen. Diese sind im Asien-Teil eher kurz (Art des Objektes, Region/Kultur, vermutete Entstehungszeit, Provenenz). Für Indonesien und Afrika sind die Objektbeschreibungen ausführlicher, zeigen die kulturelle Verwendung auf und weisen manchmal auf Eigenheiten der Motive hin. Dass zum Bespiel ein weiblicher Hampatong eine Ginflasche in der Hand hält und dies ihren sozialen Status dokumentiert.
Bewertung
‚Schick Collection‘ soll wohl in erster Linie die Sammlung dokumentieren. Dies gelingt zu 100%, da das Buch aufwändig gemacht ist und der Fotograf Andreas Achmann sein Handwerk vorzüglich versteht.
Dazu sind die Einführungen und vor allem bei der ‚Tribal Art‘ die Objektbeschreibungen kompetent.
Doch warum bin ich persönlich nicht restlos begeistert? Der Einführungstext von Jan Soldin lautet „Reisen als Schule des Sehens“. Und so etwas erhoffe ich mir von solchen einem Buch: Eine Schule des Sehens. Indem beispielsweise auf die Ästhetik der Stücke und das Auge der Sammler eingegangen wird – und wie dies zusammenhängt. Im Idealfall möchte ich nachvollziehen können, was die Sammler an den Objekten angesprochen hat. Und ich möchte die ästhetische Qualität der Stücke lernen. Da lässt mich das Buch aber etwas allein. Beispielsweise steht im Begleittext, die Sammler hätten sich nicht vom Mainstream leiten lassen. Leider wird dieser Gedanke im Buch nicht aufgegriffen.
So ist der Aufsatz von Merkle-Schneider dermaßen allgemein gehalten, dass er auch auf Wikipedia stehen könnte. Sie arbeitet nicht heraus, was das Spezifische der Sammlung ist. Dies ist umso bedauerlicher, da es bei den ‚Asiatika‘ an ausführlichen Objektbeschreibungen fehlt.
Antje Baecker versucht schon eher, auf die Sammlung einzugehen, indem sie u.a. von den Ahnenfiguren der Mentawei und ihren Dekoren schreibt. Aber auch hier wäre noch mehr möglich gewesen – wenn wohl kaum auf den 5 Seiten, die ihr zur Verfügung standen. Leider fehlen Querverweise von den Texten zu den Objekten, z.B. Seitenzahlen.
Bei den Werken aus Indonesien und Afrika finden sich manchmal in den Beschreibungen Ansätze, auch auf die Ästhetik einzugehen. So ist bei einer Affenmutter mit Kind von den Nias-Inseln von „liebevoller Zuwendung“ im Ausdruck die Rede, die kontrastiert wird „durch die zusammengebissenen Zähne und den ernsten Blick“. Aber es ist für mich zu selten.
Oder anders: In den Objektbeschreibungen wird wirklich kompetent auf die Funktion der Objekte und manchmal auf Motive eingegangen. Dass beispielsweise das Motiv des Wasserbüffels bei einer Tür aus Sulawasi Männlichkeit, Reichtum und hohes gesellschaftliches Ansehen symbolisiert. David Zemanek hat einen erstklassigen Job gemacht. Allerdings den Job eines hervorragenden Ethnologen. Mir persönlich fehlt aber die skulpturale Denke.
Darüber hinaus hätte ich mich gefreut, wenn aufgezeigt würde, wie sich unterschiedliche Stilarten unterscheiden. Wo sind die Unterschiede zwischen Werken aus China, Thailand, Laos oder Kambodscha? Dies wäre auch eine Möglichkeit des Erlernens des Sehens. Es kommt aber leider im Buch nicht vor.
Und wie ist die Qualität der Sammlung? Sowohl im Asiatika- als auch im Indonesien-Teil gibt es Kunstwerke, die mich begeistern. Sei es der Vishnu aus Bengalen (oder eher Indien?) auf S. 48, dem 4 Seiten und die Buchrückseite gegönnt werden. Oder die Ahnenfigur der Nias auf S. 138. Und ich finde auch die oben erwähnte Affenmutter (ex Michael Woerner) toll. Spannend ist die Gruppe der Pfostenfiguren aus Timor.
Die Mehrheit der übrigen Werke besitzt alles in allem eine gute Qualität – auch wenn wohl die Weltklasse, die beispielsweise auf der TEFAF oder bei den großen Auktionen für 6- bis 7-stellige Summen angeboten wird, fehlt.
Ein Fazit: ‚Schick Collection. Art from another World ‘ ein sehr schönes Coffee Table Book, das eine Sammlung gut dokumentiert. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
SCHICK COLLECTION. ART FROM ANOTHER WORLD.
Zemanek, David. (Ed.).
296 pp.; c.250 illustrations of objects, numerous field photographs, maps, bibliography. Text in English and German. Leiden, 2023. Hbk.
Erhältlich über https://www.ethnographicartbooks.com/books/SCHICK-COLLECTION-ART-FROM-ANOTHER-WORLD_Zemanek-David-Ed.htm
Vielen Dank an David Zemanek für das Rezensionsexemplar
 
 