Von Peter Tichonow ist der zweite Teil von ‚Tribal Art. Das vollendete Kunstschaffen schwarzafrikanischer Handwerker‘ erschienen, indem seine Sammlung dokumentiert wird. Der Aufbau und die Machart des Buches sind dem ersten Teil sehr ähnlich.
Tichonow beginnt mit einer kurzen Einführung in die materielle Kultur Afrikas. Dabei geht er auch kurz auf naturwissenschaftliche Methoden der Altersbestimmung ein und kommt zu dem Schluss: „Das ungefähre Alter der Exponate ... kann mit naturwissenschaftlichen Methoden bestimmt werden“.
Mit dieser Feststellung macht er es sich aber etwas zu einfach: So weist er bei der C14-Methode nicht darauf hin, dass es bei Objekten, die nach der Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden sind, aufgrund der Methodik meist mehrere mögliche Messpunkte = Datierungen gibt. Ein Werk kann beispielsweise aus dem 18., aber auch aus dem 20. Jhd. stammen.
Außerdem kann man mit C14 nicht zwangsläufig das Alter der Exponate bestimmen, sondern nur, wann das Holz aufgehört hat zu wachsen. Wenn z.B. ein Baum 100 Jahre alt ist und immer noch wächst, dann ist der innere Jahrring 100 Jahre alt, der äußere aber 1 Jahr. Dazu ist natürlich denkbar, dass für ein Objekt altes Holz verwendet wurde.
Als weitere Methode erwähnt er die IR-Spektroskopie. Wie ich in Artikeln nachweisen konnte, scheint diese Methode manchmal zu funktionieren, manchmal aber auch nicht.
Schließlich nennt er die Thermolumineszenz als eine Möglichkeit, das Alter eines Gusskerns in einer Bronze zu bestimmen. Dies ist ein umstrittenes Thema in der ‚Tribal Art Community‘, aber auch unter Asiatika-Experten. Dort hört man oft die Meinung, dass der Gusskern bestrahlt wurde oder dass alte Gusskerne in neueren Werken verwendet wurden. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass zumindest ich niemals von einem Beweis gehört habe, dass diese Manipulationen tatsächlich erfolgreich durchgeführt werden.
Der Hauptteil des Buches besteht aus einem über 200 Seiten umfassenden Bildteil. Die meist großformatigen Objektfotos sind kompetent fotografiert (von Peter Tichonow) und erlauben einen guten Blick auf die Exponate.
Auf über 80 Seiten werden Masken und Skulpturen aus Holz oder auch Bronze gezeigt, deren Beurteilung ich dem Betrachter überlassen möchte. Mir persönlich haben ganz subjektiv einige der Exponate gefallen, andere nicht - aber was sagt das schon aus. Jedenfalls empfehle ich jedem, sich die Bronzefigur auf dem Titelbild genauer anzusehen und für sich zu bewerten. Tichonow vermutet, dass es sich um eine Figur aus Ife (Nigeria) handelt. Eine TL-Analyse des Gusskerns ergab eine Brennzeit von 800 Jahren.
Bei den Schilden und Waffen auf den nächsten 60 Seiten gibt es wohl weniger Diskussionsbedarf, aber hier bin ich Laie. Es folgen Gebrauchs- und Ritualgegenstände wie Reibeorakel, Stäbe oder Hocker. Der Bildteil schließt mit Werken aus dem christlichen Äthiopien.
Beschreibungen der Exponate folgen auf 90 Seiten, wobei ich den Eindruck habe, dass im 1. Teil noch häufiger Provenienzen angegeben wurden als im vorliegenden.
Das Buch schließt mit einer Schlussbetrachtung über ‚Aspekte zum Thema „Raubkunst aus der Kolonialzeit“. Interessant fand ich die Aussage, dass von den 80.000 Objekten des Afrika Museums in Tervuren 883 aus kolonialem Unrechtskontext stammen würden. Bei 35.000 sei die Herkunft unklar. Was wiederum bedeutet, dass über 40.000 Objekte ‚sicher‘ wären, der Erwerb also unproblematisch war.
Auch die Benin-Problematik wird angesprochen. Das hatte ich in meiner Rezension des ersten Teils vermisst.
Fazit
Für den 2. Teil von Peter Tichonows ‚Tribal Art‘ gilt das gleiche wie für den ersten Teil. Er ist wirklich gut gemacht und kann als eine Art Blaupause dienen, wenn man eine eigene Sammlung veröffentlichen möchte. Autor, Fotograf und agenda-Verlag haben gute Arbeit geleistet! Und die Objekte? Mir persönlich erscheinen sie als eine Art ‚Mixed Bag‘, aber wie ich schon zum ersten Teil geschrieben habe: „Der Leser muss sich seine eigene Meinung bilden“.
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Tribal Art - Das vollendete Kunstschaffen schwarzafrikanischer Handwerker Teil 2 von Peter Tichonow
328 Seiten, 2024, Verlag agenda, 62,90 Euro