Im Namen der Tiere - Wie eine NGO weite Teile Afrikas beherrscht" von Olivier van Beemen. Buchbesprechung von Ingo Barlovic

„Im Namen der Tiere - Wie eine NGO weite Teile Afrikas beherrscht" heißt das 2024 erschienene Buch des preisgekrönten niederländischen Autors Olivier van Beemen, der zuvor die Aktivitäten von Heineken in Afrika dokumentiert hatte. Sein neues Buch ist aus zwei Gründen lesenswert: Zum einen, um einen kritischen Einblick in African Parks zu bekommen, eine NGO, die derzeit 22 Naturschutzgebiete in 12 afrikanischen Staaten verwaltet. Und zum anderen, um zu lernen, wie investigativer Journalismus heute aussieht

Inhalt

African Parks wurde von einem Niederländer gegründet und ist die wichtigste NGO, die Naturschutzgebiete in Afrika verwaltet. Sie wird unter anderem von Prinz Harry und Leonardo DiCaprio unterstützt, zu Geldgebern gehören die Walton-Dynastie (Walmart), aber auch die EU. African Parks verwaltet riesige Naturschutzgebiete, bildet Ranger aus, deren ‚heldenhafte‘ Kämpfe gegen Wilderer oft in den Medien thematisiert werden, und hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass ihre Gebiete auch der angrenzenden Bevölkerung zugute kommen. Zusätzlich hat sie spektakuläre ‚Tierumsiedlungen‘ durchgeführt, um die Big 5 in einigen Parks wieder heimisch zu machen.

Dabei liegen die Parks oft in politisch eher schwierigen Ländern: Sei es, weil sie von Terrorismus oder (Bürger-)Kriegen betroffen sind wie die Demokratische Republik Kongo oder der Südsudan. Oder weil sie von in der westlichen Welt umstrittenen politischen Führern regiert werden wie Ruanda oder Benin. Dort waren bei den letzten Wahlen keine Oppositionsparteien zugelassen.

Um African Parks auf den Zahn zu fühlen, hat Olivier van Beemen drei Jahre lang für sein Buch recherchiert, mehrere hundert Interviews geführt und er ist in sechs afrikanische Länder gereist.

Er stellt der NGO ein geradezu vernichtendes Zeugnis aus. Nach seinen Recherchen ist African Parks als Organisation ein Staat im Staate. Sie ist kaum transparent, ihr eigentlicher Zweck ist unklar (spielen zukünftige CO2-Zertifikate eine Rolle?) und sie scheint außerhalb der Kontrolle des jeweiligen Landers zu operieren. Dabei geht es auch um Menschenrechtsverletzungen.

So haben laut van Beemen ihre Ranger Wildereiverdächtige gefoltert, um an Geständnisse zu kommen. Im Kampf um dem harten Vorgehen gegen Wilderer machen sie kaum Unterschiede gegenüber schwer Bewaffneten, die auf der Suche nach Horn sind, oder gegenüber Holzsammlern oder Einheimischen, die Kleintiere als Nahrung suchen.

Van Beemen nennt sogar Kämpfe gegen Terroristen, die außerhalb der Parks stattfinden und bei denen auch Ranger ihr Leben verlieren.

Der Autor stellt aber auch die nach außen kommunizierten Erfolge beim Wildbestand in Frage und er sieht diese NGO als kolonial und rassistisch an: Es gäbe kaum Schwarze in der Führungsriege und der Umgang mit der an die Parks angrenzenden Bevölkerung sei oft geradezu kolonial. Ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Menschen dort würden die eigenen Interessen verfolgt. Dass die Bevölkerung von den Parks profitiere, sei eher die Ausnahme als die Regel.

Am Ende des Buches lässt er Platz für die Reaktionen von African Parks auf sein Manuskript. Es enthalte „265 sachliche Fehler und (...) 250 irreführende und pathetische Aussagen“. Leider führen sie diese Fehler und irreführende Textpassagen nicht im Detail auf. Zusätzlich befürchtet African Parks, dass durch das Buch Spendengelder verloren gehen könnten.

Ein Fazit von van Beemen lautet schließlich: „So schafft sich African Parks im postkolonialen Afrika ein eigenes Imperium, das der Welt den Rücken kehrt und sich vor allem auf Gewalt stützt.“

Bewertung

Ich gebe es zu: Noch vor wenigen Jahren hätte mich „Im Namen der Tiere - Wie eine NGO weite Teile Afrikas beherrscht" begeistert, weil es schonungslos die skandalösen Praktiken eines großen Naturschutzakteurs in Afrika aufdeckt. Ich hätte es für ein Musterbeispiel von investigativem Journalismus gehalten, wie er in letzter Zeit etwa bei den Panama Papers praktiziert wird, um ein positives Beispiel zu nennen.

Inzwischen bin ich aber vorsichtiger geworden. Dazu hat unter anderem die Vorverurteilung des Sängers von Rammstein durch Medien wie der SPIEGEL, die SZ aber auch öffentlich-rechtlicher Medien geführt, die zu unzähligen einstweiligen Verfügungen und richterlichen Beschlüssen gegen sie geführt hat - im Moment gegen eine vierteilige Podcastserie des Norddeutschen Rundfunk.

Oder die Berichterstattung von STRG_F, einem vom NDR (erneut!) produzierten Reportageformat für das Medienangebot Funk. Diesem konnten die bekannten YouTuber Rezo und der Dunkle Parabelritter Fehler und Zuschauermanipulationen nachweisen, auf die die Reporter zumeist mit Arroganz - und später mit nicht ehrlich wirkenden Besserungsbekenntnissen - reagierten. STRG_F gibt es weiterhin, finanziert vom Gebührenzahler.

Dieser ‚Journalismus‘ bedient sich oft des Framings: Botschaften oder ähnliches werden so formuliert, dass der Rezipient in eine bestimmte Lesart manipuliert wird. Die einfachste Art: Bei einem neutralen Text wird ein emotionales Foto dazu gezeigt wird, das den Sachverhalt in eine Richtung lenkt. Im Kopf bleibt das Bild.

Dieser ‚neue Journalismus‘ zeichnet sich auch dadurch aus, dass er zwar gut recherchiert erscheint, aber in der Regel vor allem die Ergebnisse wiedergibt, die in die eigene Argumentation passen. Dabei kann es sein, dass manche Erkenntnisse weit weniger wasserdicht sind, als man glauben machen will. Und man kann auch Dinge weglassen, die einem nicht in den Kram, Verzeihung, in die Story passen. Dafür stellen sich die Autoren oft in den Mittelpunkt.

Van Beemen bedient sich meiner Meinung nach dieser Methoden. Das fängt schon im ersten Kapitel an, in dem er beschreibt, wie er und eine Kollegin in Benin unter Spionageverdacht geraten und auf mehreren Polizeistationen verhört werden.

Warum dieses Kapitel zu Beginn? Ein Grund ist, beim Leser Spannung aufzubauen. Ein anderer, um zu zeigen, wie unerschrocken der Autor ist, dass er selbst in Gefahr gerät. Aber es ist natürlich auch klassisches Framing: African Parks ist in Benin aktiv und hat wohl gute Beziehungen zur dortigen Regierung. Van Beemen kann zwar nicht beweisen, dass die NGO in die Spionageanschuldigungen verwickelt ist. Aber was kommt beim Leser an, was wird ihm suggeriert? Genau das.

Van Beemen gibt ausführlich ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden von AP, Peter Fearnhead, wieder. Der bietet ihm kaum Angriffsfläche. Bis zur Frage nach dem Gehalt, die er nicht beantworten will. Dankbar greift van Beemen das Thema später auf und macht Fearnheads Vater ausfindig. Der heißt genauso wie sein Sohn, wohnt auf der Isle of Man (Panama Papers! Steueroase) und wurde „mehrfach mit Alkohol am Steuer erwischt“. Und was sagt das über den Sohn und damit über African Parks aus? Schließlich fällt der Apfel weit vom Stamm… Framing.

Interessant ist sein Umgang mit Interviewpartnern. In der Regel schickt er ihnen Zitate aus den Gesprächen, damit sie diese auf ihre Richtigkeit überprüfen. Obwohl „Journalisten dazu nicht verpflichtet sind.“ Es gibt allerdings eine Ausnahme: Der ehemalige südafrikanische Freiheitskämpfer und Gründer des African Parks Network, der über 80-Jährige Mavuso Msimang, äußert sich durchaus kritisch über African Parks. Seine spätere Bitte, das Interview nicht zu veröffentlichen, weil seine positiven Aussagen zu African Parks nicht wiedergegeben wurden, lehnt van Beemen ab.

Van Beemen ist auch der Meinung, AP sei rassistisch. Dabei spielt er selbst auf der Klaviatur afrikanischer Stereotype: Indem er beispielsweise im ersten Kapitel mehrmals genüsslich erzählt, dass ein Kommissar in „Schlappen“ daherkommt.

Fast am Ende des Buches konfrontiert van Beemen die Geldgeber von AP mit seinen Erkenntnissen. Es gibt sicher Leute, die das für journalistische Ethik halten. Für mich bleibt ein bitterer Nachgeschmack: Versucht der Autor hier, die Existenz, die finanzielle Grundlage von African Parks zu zerstören? Ist das noch Journalismus? Oder bereits Aktivismus?

Und mein Fazit:

„Im Namen der Tiere - Wie eine NGO weite Teile Afrikas beherrscht" von Olivier van Beemen ist ein aufschlussreiches Buch, das belegt, dass Afrika immer noch kolonialisiert wird. Nicht nur im Kampf um Rohstoffe, sondern auch beim Thema Tierschutz und dem Einfluss von NGOs. Und dass auch Afrikaner Kolonisatoren sein können: Viele aus der AP-Führungsriege sind (weiße Süd-) Afrikaner. Das nehme ich dem Autor ab. Institutionen wie die EU sollten African Parks wirklich genauer unter die Lupe nehmen, bevor sie weitere Fördergelder geben.

Andererseits ist es ein Buch, bei dem ich dem Autor misstraue: Sein Vorgehen ist in meinen Augen zutiefst manipulativ und er nimmt sich zu wichtig. Zu sehr hat er sich in einen persönlichen Kampf gegen African Parks verbissen.

Ingo Barlovic

Wer das Buch kaufen und mir einen Gefallen tun möchte, kann es versandkostenfrei über Thalia bestellen. Ich nehme an deren Partnerprogramm teil und erhalte pro über den Link verkauftem Buch eine kleine Provision. Für den Käufer bleibt der Preis gleich. Natürlich kann man sich über diese Links auch informieren, ohne zu bestellen. (Beim Draufklicken auf den Link wird ein Cookie gesetzt.)

Im Namen der Tiere - Wie eine NGO weite Teile Afrikas beherrscht von Olivier van Beemen

315 Seiten, Verlag C.H. Beck, 2024

Zum Thalia-​Link zum gebundenen Buch für 28 Euro

Zum Thalia-​Link zum eBook für 21,99 Euro 

Vielen Dank an den Verlag C.H. Beck für das Rezensionsexemplar

Autor

  • Ingo Barlovic

Verpflichtende Zitierweise und Urheberrechte

  • Beachten Sie die Rechte des/der Urheber! Wenn Sie größere Teile von Artikeln übernehmen wollen, fragen Sie zuvor nach!
  • Bilder und andere multimediale Inhalte bedürfen immer der Freigabe durch den/die Urheber.
  • Quellen-Nennung: Im Namen der Tiere - Wie eine NGO weite Teile Afrikas beherrscht" von Olivier van Beemen. Buchbesprechung von Ingo Barlovic; Ingo Barlovic; 2024; https://www.about-africa.de/buch-publikation-internet/1650-im-namen-der-tiere-wie-eine-ngo-weite-teile-afrikas-beherrscht-von-olivier-van-beemen-buchbesprechung-von-ingo-barlovic
Diese Seite teilen
©2005-2025 ° About-Africa.de
Programmierung, technische Umsetzung, Wartung G@HService Berlin GHSVS.de