Afrika in Mode von Kwen Kweku Nimo-Buchbesprechung von Ingo Barlovic

„Afrika in Mode - Luxus, Handwerk und textiles Erbe" heißt das reich bebilderte Buch des ghanaischen Autors Kwen Kwelu Nimo, das 2023 im Midas Verlag erschienen ist. Das Original stammt aus dem Jahr 2022. Der Autor zeichnet darin die Entwicklung der afrikanischen Mode nach. Er beginnt mit der traditionellen Vergangenheit, geht dann auf die ‚Generation Couture‘ Mitte der 1950er Jahre ein und endet mit den prägenden afrikanischen Modedesignern der Gegenwart.

Inhalt

Auf knapp 50 Seiten erzählt Nimo im ersten Teil die ‚Geschichte der afrikanischen Mode‘. Am Anfang steht der rege Handel, der innerhalb Afrikas, aber auch mit Europa, Arabien und Asien betrieben wurde. Durch den Transsaharahandel kamen Luxusgüter wie Seide oder auch Baumwolle nach Afrika, gleichzeitig erschlossen sich den Kunsthandwerkern neue Technologien und Absatzmärkte.

In seiner Bedeutung abgelöst wurde der Transsaharahandel durch den transatlantischen Handel, als beispielsweise Gold und Elfenbein gegen Stoffe und Perlen getauscht wurden. Das Problem dabei: Aus Afrika kamen Rohstoffe, aus Europa fertige Textilien. Dies führte im Gegensatz zum Transsaharahandel zu einem Niedergang des Handwerks. Nimo geht dann kurz auf die folgenden Entwicklungen ein, den Kapitalismus und die Globalisierung, und wie sie die afrikanische Kultur beeinflussten.

In dem spannenden Unterkapitel ‚Ein textiles Erbe‘ führt der Autor Stoffe auf, die die heutige Mode prägen, wie Shoowa der Kuba, Kente der Ashant,i und er beschreibt Färbe- und Drucktechniken.

Ein weiteres Unterkapitel beschäftigt sich mit Accessoires und Schmuck. Neu für mich war, dass östlich von Kapstadt eine 75.000 Jahre alte Halskette gefunden wurde, die deutlich macht, dass sich auch unsere Vorfahren schon schmückten.

Im zweiten Teil ‚Das neue Afrika‘ werden auf über 30 Seiten Pioniere der ‚Generation Couture‘ vorgestellt wie Folashade Thomas-Fahm, die 1960 in Nigeria eine Produktionsstätte und eine Boutique gegründet hat, nachdem sie in London Mode studiert hatte. In Accra wurde damals ‚Chez Julie‘ ins Leben gerufen, während Chris Seydou die malischen Bogolanfini weiterentwickelte.

Spannend finde ich, wie positiv der Begriff Luxus in dem Buch interpretiert wird, als Chance für Afrika: Als Verbrauchermarkt und als Produktionsstandort für Luxusgüter. Als prägende, typisch afrikanische Philosophie wird Luxe Ubuntu gesehen: „Erfolgreiche Luxusmarken durch den afrikanischen Geist der Gemeinschaft zu stärken“. Als wichtige Säulen für afrikanische Luxusmarken sieht der Autor Kultur, Gemeinschaft, Handwerkskunst, Nachhaltigkeit und Innovation.

Im dritten Teil des Buches stellt Nimo auf fast 100 Seiten 14 ‚Neue Talente aus Afrika‘ vor, also die afrikanischen Modeschöpfer und Marken, die die aktuelle Szene prägen. Zu jedem Designer gibt es eine Biografie, Charakteristika seines Designs und Modefotos aus aktuellen Kollektionen (meist aus 2020/2021). Darüber hinaus werden jedem Modeschöpfer Fragen gestellt. In diesen ‚Interviews‘ geht es um Aspekte wie Nachhaltigkeit, was afrikanischer Luxus bedeutet und wie es gelingen kann, eine Luxusmarke in Afrika aufzubauen. Die Antworten machen deutlich, wie wichtig den Designern Aspekte wie Tradition und Handwerkskunst, aber auch Nachhaltigkeit sind.

Auch wenn sich die meisten Designer in den Interviews sehr positiv äußern, werden Probleme deutlich: So weist Kat von Duinen aus Südafrika - die einzige der vorgestellten Designer, die keine Person of Color ist - darauf hin, dass es innerhalb der Branche immer noch ein starkes Konkurrenzdenken gibt, das die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Designern/Marken erschwert.

Bewertung

Grundsätzlich finde ich Afrika in Mode sehr spannend, gerade weil es deutlich macht, dass die heutige 'Luxus'-Mode in Afrika nicht im luftleeren Raum entstanden ist. Die jungen Stardesigner dieses Kontinents können auf ein jahrhundertealtes Erbe zurückgreifen, z.B. was Stoffe und Muster betrifft. Aber sie sind weit davon entfernt, Ethno-Kitsch zu machen, sondern entwickeln alte Traditionen weiter oder erfinden sie neu.

Sehr gut ist das erste Kapitel, die Geschichte der afrikanischen Mode. Man braucht es nicht nur, um die heutige Mode zu verstehen. Sondern es gibt auch tiefe Einblicke, dass Afrika seit Jahrhunderten ein wichtiger Teil der Welt ist. Vorbei der Blick auf den isolierten schwarzen Kontinent, damit passt das Buch auch sehr gut zu Werken wie Bliers "Afrikanische Kunst".

Dazu habe ich für mich einiges Neues entdeckt. Zum Beispiel die Signares: modebewusste, starke Frauen mit enormem Einfluss im Senegal des 18. und 19. Jahrhunderts. Dazu habe ich keinen der afrikanischen Modeschöpfer gekannt. Durch den globalen Handel durch das Internet ist es aber möglich, von ihnen Kleidung zu bestellen.

Schließlich ist der Autor kompetent: Er weiß, wovon er schreibt. Und die Fotos sind toll.

Habe ich Kritikpunkte? Leider ja. Der Lektor hätte bzgl. Schreibstil und Übersetzung etwas kritischer sein dürfen. Kwen Kweku Nimo schreibt vor allem im ersten Kapitel sehr lesenswert, insbesondere bei den Biographien der Modedesigner driftet er dann oft in einen Mode-PR-Stil ab. Andererseits liest es sich teilweise wie eine BWL-Vorlesung.

Dazu ist die Übersetzung zwar fachlich kompetent, aber manchmal wohl zu wörtlich. Das führt zu einigen holprigen Passagen (Nominalstil, Satzmonster), die zum Teil auch ratlos machen. So kann ich mir vorstellen, was „Die Geschichte der Mode im vorkolonialen Afrika lässt sich durch die Brille, des Transsaharahandels und des transatlantischen Handels konzeptualisieren“ bedeuten soll. Aber was meinte die Herausgeberin von Vogue International, als sie „Afrika als globale Grenze für Kultur und Handel“ lobt?

Zusätzlich empfand ich die Interviews mit den Designern etwas redundant: Zu oft wurde mehr oder weniger das Gleiche gefragt und geantwortet.

Mein persönliches Fazit: Wer sich für die heutige afrikanische (Luxus-) Mode und ihre Wurzel interessiert, der kann an „Afrika in Mode" von Kwen Kwelu Nimo eigentlich nicht vorbei gehen: Es schließt mit seinem Text und den Fotos wirklich eine Lücke. Da kann man über die etwas holprige Übersetzung hinwegsehen.

Ingo Barlovic

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Afrika in Mode - Luxus, Handwerk und textiles Erbe von Ken Kweku Nimo

208 Seiten, Verlag MIDAS, 2023

Zum Thalia-​Link  zur gebundenen Ausgabe für 39 Euro

Vielen Dank an den Verlag MIDAS für das Rezensionsexemplar

Afrika in Mode - Cover

Autor

  • Ingo Barlovic

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  • Quellen-Nennung: Afrika in Mode von Kwen Kweku Nimo-Buchbesprechung von Ingo Barlovic; Ingo Barlovic; 2024; https://www.about-africa.de/buch-publikation-internet/1655-afrika-in-mode-von-kwen-kweku-nimo-buchbesprechung-von-ingo-barlovic
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