An Bord mit Magellan von A. Pigafetta-Buchbesprechung von Ingo Barlovic

„An Bord mit Magellan“ heißt der neu aufgelegte Reisebericht von Antonio Pigafetta, der von 1519 bis 1522 an der ersten historisch belegten Weltumsegelung teilnahm. Er begleitete den Portugiesen Ferdinand Magellan, der mit fünf Schiffen für die Spanier Gewürzinseln entdecken sollte, und gehörte zu den wenigen Besatzungsmitgliedern, die am Ende mit einem Schiff zurückkehrten.

Der Bericht basiert auf den Tagebüchern Pigafelas und wurde von dem Magellan-Experten Christian Jostmann übersetzt und kommentiert. 

Bewertung

Lohnt sich die Lektüre eines Originaltextes, der mehr als 500 Jahre auf dem Buckel hat?

Zunächst einmal: Das Buch ist sehr gut lesbar. Jostman hat hervorragend übersetzt, der Erzählstil wirkt aktuell, ohne zu gewollt modern zu sein. Es wird nie langweilig.

Manchmal erinnerte mich das Buch an die fiktiven Reiseklassiker eines Jules Verne: Pigafetta versucht, so wahrhaftig und detailgetreu wie möglich zu sein, aber er ist eben auch ein Kind seiner Zeit: Dementsprechend sind manche Beschreibungen mehr Fiktion, mehr Abentuer und Fantasy als Fakten, aber gerade deshalb macht es Spaß, sie zu lesen.

  • Zum Beispiel, wenn er erzählt, dass sie auf ihren Schiffen zwei Indigene mitgenommen haben, die wahre Riesen gewesen seien..
  • Oder wenn ein einheimischer Lotse von der Insel Ocoloro berichtet, auf der die Frauen vom Wind geschwängert und die männlichen Babys getötet werden. Da der Übersetzer die Insel bis heute nicht identifizieren konnte, kann man sich gut vorstellen, wie der Lotse sich einen Spaß daraus gemacht hat, Pigafella einen Bären aufzubinden. Vielleicht hat er aber auch daran geglaubt?
  • Solche Passagen mögen objektiv falsch sein, aber sie machen das Buch bunt und haben zumindest bei mir eine fast kindliche Freude ausgelöst.

Im Gegensatz zu diesen Übertreibungen / Fake News gibt es aber auch Fakten. So existieren geradezu ethnologische Beschreibungen von Begegnungen mit anderen Völkern in Brasilien, auf den Philippinen oder auch auf den Molukken. Pigafella berichtet zum Beispiel

  • wie Zeremonien abgehalten werden, um Schweine zu segnen,
  • wie sich auf Groß-Java die Hauptfrau eines Fürsten nach seinem Tod zusammen mit seinem Leichnam in ein Feuer wirft und verbrennt Und wie die Seefahrer von Fürsten/Königen empfangen wurden, die sich dann gerne von ihnen in regionalen Konflikten helfen ließen
  • Das Thema Sex wird durchaus freizügig aufgegriffen. So banden sich auf Java junge Männer „gewisse Glöckchen mit einem Faden zwischen Eiche und Vorhaut“ und läuteten sie so lange, bis die Angebetete sie hörte.

Man erfährt aber auch viel über den damaligen Umgang der Entdecker mit den Einheimischen.

  • Grundsätzlich versucht man, zu handeln, und Pigafetta listet zum Beispiel auf, was man für (Gewürz-) Nelken geben muss, damals ein begehrtes Handelsgut. Oder für Fleisch, das den Seefahrern als Proviant diente.
  • Andererseits wurden die Einheimischen von den Schiffen aus meist mit Kanonenschüssen ‚freudig‘ begrüßt. Nicht nur zur Freude, sondern wohl auch zur Einschüchterung.
  • Und natürlich war es auch nicht verkehrt, jemanden einzufangen und mit auf die Schiffe zu nehmen.

Interessant ist auch Pigafellas Blick auf Ferdinand Magellan, der auf der Reise in einem Kampf ums Leben kam.

  • Für Pigafella ist er ein sehr positiver Held.
  • Auf der anderen Seite wird deutlich, dass Magellan in seinem letzten Kampf so ziemlich alles falsch gemacht hat, was man falsch machen kann: Er hat sich überschätzt, seine Gegner unterschätzt, die Lage falsch eingeschätzt, strategische Fehler gemacht. Kurz: Er hat seinen Tod selbst verschuldet. Pigafella lässt kein Detail aus.

Jostmanns Ergänzungen sind äußerst wertvoll.

  • In über 350 Anmerkungen/Fußnoten ordnet er Textteile richtig ein, aktualisiert beispielsweise die Namen von Pigafetta besuchten Inseln oder Ethnien.
  • Es gibt eine erstklassige Einleitung, in der Jostmann unter anderem auf Widersprüche eingeht und darauf, dass manches im Text Fakt und manches Fiktion ist. Dazu gibt es ein Porträt des Autors.

Und habe ich Kritik? Natürlich gibt es einige Kursbeschreibungen, die etwas langweilig erscheinen, aber: sie gehören in ein Reisebuch und nehmen keinen breiten Raum ein.  Die ‚Erlebnisse‘, die Interaktion mit den indigenen Völkern überwiegen.

Fazit

Lohnt es sich, diesen über 500 Jahre alten Reisebericht zu lesen? Ja, lautet die eindeutige Antwort, denn die Lektüre macht Spaß, das Buch ist tolles Edutainmant.

Ingo Barlovic

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An Bord mt Magellan von Antonio Pigafetta, übersetzt von Christian Jostmann 

221 S., mit 23 Abbildungen und 2 Karten.  C.H. Beck Verlag, erschienen 2025

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Vielen Dank an den den Verlag C.H. Beck Rezensionsexemplar

Autor

  • Ingo Barlovic

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  • Quellen-Nennung: An Bord mit Magellan von A. Pigafetta-Buchbesprechung von Ingo Barlovic; Ingo Barlovic; 2025; https://www.about-africa.de/buch-publikation-internet/1671-an-bord-mit-magellan-von-a-pigafetta-buchesprechung-von-ingo-barlovic
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