Es war ein unglaubliches Shooting am O.K. Corral beim Freundeskreis des Münchner Völkerkundemuseums. Und als der Pulverdampf verzogen war, triumphierte Christine Wyatt Erb Stelzig, und Sonja Ross Clayton und ihre Brüder wanden sich im Staub….
Doch der Reihe nach:
Bereits im Vorfeld der Mitgliederversammlung des Freundeskreises des Münchner Völkerkundemuseums am 29. Juni 2012 war die Luft bleihaltig: So hatten für die Wahl des Vorstandes weder die bisherige Vorsitzende Frau Dr. Sonja Ross noch 3 weitere Vorstandsmitglieder für die kommende Wahlperiode kandidiert. Zusätzlich sorgte ein Antrag eines Vorstandmitglieds, den Mitgliedsbeitrag für ein Jahr auszusetzen, für Irritationen. Seine Begründung: Der Besuch des EthnoFilmFests und des ethnologischen Salons sei für die Mitglieder nicht mehr umsonst, sondern sie müssten jetzt einen ermäßigten Eintrittspreis bezahlen. Und vereinspolitisch mindestensebenso brisant: Es gab einen Antrag von Frau Dr. Christine Stelzig, der neuen Leiterin des Museums: Während bisher mit Geldern des Freundeskreises neu gekaufte Stücke Dauerleihgaben an das Museum waren, sollten diese nun in die Rechtsform von Schenkungen umgewandelt werden.
Bei der Sitzung wurde dann schnell klar. Hier wird tatsächlich scharf geschossen. Nicht Sachfragen trieben die Duellanten, sondern es entluden sich die zwischen dem Vorstand des Freundeskreises und dem Museum offensichtlich schon seit Jahren aufgebauten Spannungen. Diese Konflikte waren in den letzten Jahren unter der Oberfläche geblieben, was auch daran lag, dass die Vorgänger von Frau Dr. Stelzig darum bemüht waren, so wenig wie möglich anzuecken.
So kam es, dass im internen Sprachgebrauch von Museumsmitarbeitern zwar vom Freundeskreis als "Feindeskreis" die Rede war, dies aber dem 'normalen' Freundeskreismitglied entgangen war.
All dies änderte sich mit der Berufung der neuen Direktorin. Dr. Christine Stelzig, eine Frau, die etwas bewegen will und dabei keine Konflikte scheut, wollte sich dem anscheinend nahezu unterwürfigen Kuschelkurs ihrer Vorgänger nicht anschließen. So ließ sie den Vorstand wohl spüren, dass der Freundeskreis nicht zur Selbstbeweihräucherung existiert, sondern zur Unterstützung des Museums und seiner Leiterin. Damit traf das Alpha-Tier Dr. Stelzig aber mit Frau Dr. Ross auf ein nach außen sehr selbstherrlich wirkendes weiteres Alpha-Tier. Auf alle Fälle ging die Kommunikation zwischen Museum und Freundeskreis gegen Null, was unter anderem dazu führte, dass dem Museum vorgeworfen wurde, es wollte zur Verfügung gestellte Gelder nicht abrufen. Dies lag aber u.a. daran, dass der Museumsleitung nicht klar war, bis wann die Gelder abberufen werden mussten. Zwischen Freundeskreis und Museum war Funkstille.
Diese Vorgeschichte führte dazu, dass die Versammlung in hartem Ton geführt wurde, oft polemisch war (von beiden Seiten und zum Teil auch von den sich stark in die Diskussion einbringenden anwesenden Mitgliedern) und insgesamt über 4 Stunden dauerte. Höhepunkt dabei: Die 'Abschiedsrede' von Frau Dr. Ross mit der Bemerkung, sie hätte in ihren 12 Jahren als Vorsitzende immer ein gutes Verhältnis mit dem Museum gehabt, bis auf die letzten Monate. Eine letzte offizielle Ohrfeige für Frau Dr. Stelzig, die diese aber locker nehmen konnte, schließlich hatte sie vorher auf ganzer Linie 'gesiegt': Ihr Antrag auf Umwandlung der Freundeskreis-Leihgaben in Schenkungen konnte zwar aus rechtlichen Gründen nicht beschlossen werden, ein auf Abstimmung basierendes Meinungsbild zeigte für diesen Gedanken aber eine 2/3 Mehrheit. Der von einem Mitglied eingebrachte Antrag, dass der Museumsdirektor automatisch im Freundeskreisvorstand ist, allerdings ohne eigenes Stimmrecht, wurde von der Mehrheit der Mitglieder angenommen. Die Aussetzung des Mitgliedbeitrags wurde abgelehnt. Und schließlich wurde der Vorstand auch noch 'abgewatscht', als es bei der Frage seiner Entlastung viele Enthaltungen gab.
Bei der abschließenden Neuwahl des Vorstandes gab es ob der vorangegangenen Sitzung nahezu geschockte Gesichter der neuen Kandidaten und sogar einen spontanen Rücktritt von der Kandidatur. Zusätzlich warf auch noch das langjährige Vorstandsmitglied Jürgen Wüsteney das Handtuch, der bisher die Exkursionen organisierte. Ob es an der Anti-Stimmung gegen den bisherigen Vorstand lag, oder daran, dass über seine nicht zustande gekommene Exkursion zu den Kelten diskutiert wurde (Tenor: Was haben die Kelten mit einem ethnologischen Museum zu tun?), ist unklar.
So kam es, dass von den laut Vereinsstatuten 3 bis 7 Vorstandsposten mangels Kandidaten nur 5 besetzt wurden.
Und was bleibt als Fazit? Natürlich war die Sitzung in hohem Maße unangenehm. Jedoch würde ich sie aber als positiv bewerten, als eine Art reinigendes Gewitter. Jetzt können die Karten zwischen Museum und Freundeskreis neu gemischt werden, ohne dass die Altlasten-Befindlichkeiten mitgeschleppt werden. Dem neuen Vorstand, dem u.a. Clara Wilpert angehören wird, die ehemalige Leiterin des Museums der Kulturen in Basel, kann nur viel Glück und Unterstützung gewünscht werden bei einem neuen Kurs: Mehr Kooperation mit dem Museum, ohne aber die Eigenständigkeit des Freundeskreises zu sehr aufzugeben. Der Freundeskreis als starker Partner eines Museums im Aufbruch.
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