Für den Verfasser des Programmhinweises im arte Magazin 9.2016 war der Inhalt des Films "Markt der Masken" klar: "Filmautor Peter Heller verfolgt den Kunstraub vom armen Holzschnitzer in Mali bis zu renommierten Auktionshäusern in New York und Paris." Mit dieser Aussage beweist der Schreiber des arte Magazins aber vor allem zwei Dinge: Er hatte wohl im Vorfeld den Film nicht gesehen und sich auch nicht mit dem Thema Afrikanische Kunst befasst.
Denn wenn Peter Hellers Film eines auszeichnet: Er bietet eben keine einfache Story, keinen einzelnen roten Faden, unter dessen Argumentation er seine Bilder unterordnet. Es ist keine manipulative Meinungsmaschine, sondern eher eine Art Collage, die dem Betrachter Freiraum dazu lässt, sich sein ganz eigenes Bild zu machen.
Peter Heller (rechts) © Peter Heller/Filmkraft
Peter Heller erreicht dies, indem er an Schauplätzen wie Brüssel, Berlin, München, Berchtesgaden, Zürich oder auch Togo, Benin und Mali viele Akteure zu Worte kommen lässt, die ihre Sicht auf den afrikanischen Kunstmarkt beschreiben. Ein Mittelpunkt ist der Schweizer Galerist Jean David, der beispielsweise auf die Marketingmaschinerie von Sotheby's und Christie's hinweist.
Markt der Masken (AT). Galerist Jean David und Kunde Kurt Wagner. Copyright: NDR / © Peter Heller/Filmkraft
Zu sehen und zu hören sind außerdem u.a.:
- Davids mittlerweile verstorbener Vater, der Händler René David und dessen Frau, die mit aus der Schweiz reimportierten Objekten in Togo ein Museum für afrikanische Kunst eröffneten, das aber wieder auflösten und die Sammlung wieder in die Schweiz brachten.
- Die Politologin Aissa Halidou, für die immer noch eine Kolonialisierung der afrikanischen Geschichte besteht und die darauf hinweist, dass es die alten afrikanischen Kultobjekte nur noch in Europa und den USA gibt.
Markt der Masken (AT). Dr. Aissa Halidou neben dem Thron Mandu Yenu im Ethnologischen Museum in Berlin. Copyright: NDR / © Peter Heller/Filmkraft
- Gert Chesi, der u.a. berichtet, wie er eine umfangreiche Sammlung an Tanzkostümen erwerben konnte - weil ein Marabu den Besitzern eine Zerstörung der Objekte an Herz legte.
- Der Schnitzer Amidou Gentil, der Werke kopiert und auf alt trimmt.
- Händler-Sammler wie Karl-Ferdinand Schädler oder Anita Schröder, die den Markt beleuchten.
- Europäische Sammler, afrikanische Händler, Hüter der Masken im Dogonland etc. etc.
Markt der Masken (AT). Schnitzer im Dogonland in Mali. Copyright: NDR / © Peter Heller/Filmkraft
Markt der Masken (AT). Sammler Gert Stoll. Copyright: NDR / © Peter Heller/Filmkraft
Hellers aufwändig gemachter Film zeigt also viele Mosaiksteine, aber - und das ist der Nachteil dieser offenen Herangehensweise -, irgendwie lässt er etwas ratlos: Für Mitglieder der 'Szene' ist er eine Art Klassentreffen, ohne aber wirklich Neues zu bieten. 'Außenstehenden' könnte dagegen ein Sinn fehlen, eben weil Heller den Betrachter nicht an der Hand nimmt und keine nachvollziehbare Story erzählt. Eher möchte er zum Nachdenken und Selberdenken verführen, ganz nach seiner Parole "Lust auf Wirklichkeit". Aber ob dafür eine arte 'Kulturdokumentation' der richtige Rahmen sein kann?
Zusätzlich werden recht viele Aspekte angerissen, so dass es kaum möglich ist, sie in der Kürze der Fernsehfassung tief genug auszuloten. Gerne hätte man beispielsweise mehr und vertiefter erfahren über Themen wie:
- Warum gibt es wirklich kaum noch alte Objekte in Afrika? Das Stichwort Kolonialisierung ist hier zu wenig. Und wie hoch ist der Anteil an Raubkunst?
- Wie schafft es wirklich eine Maske, ihren Wert zu verhundertfachen? Und wieso schaffen es so viele andere Masken nicht?
- Wie funktioniert die Marketingmaschine der großen Auktionshäuser?
- Welcher Handel ist wirklich illegal?
- …
Hier hätte eine Beschränkung auf weniger sicherlich gut getan.
Markt der Masken (AT). Die junge Studentin findet Afrikas Kulturobjekte nur in Europa. Copyright: NDR / © Peter Heller/Filmkraft
Damit bleibt: Das Anschauen des Films von 'Markt der Masken' ist natürlich Pflicht für die an der afrikanischen Kunst Interessierten. Und er ist ein fairer Film und keiner der es sich (und seinen Zuschauern) leicht macht. Es wäre beispielsweise einfach gewesen, auf den westlichen Handel einzuschlagen, wie es der Autor des Programmhinweises tat. Peter Heller nimmt hier einen neutralen Standpunkt ein. Der Film ist aber vielleicht zu sehr eine Art Steinbruch, der aktives und vorurteilsloses Mitdenken erfordert und kein Werk, das Orientierung gibt.
Die DVD mit dem Film und zusätzlichem Bonusmaterial kann über die Website www.filmkraft.de für den Preis von 16,50 Euro (netto) bestellt werden.