Hans und Ulrike Himmelhebers Feldforschung bei den Dan

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Eberhard Fischer, Hans Himmelhebers Sohn, während der Frühjahrstagung der Vereinigung der Freunde Afrikanischer Kultur e.V. in München, 2008

Audiomitschnitt des Vortrags

Die Textvariante unten weicht ab.

Einführende Dias - Die Himmelhebers bei den Dan

Die gezeigten Fotos werden in der Audiodatei näher beschrieben.

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Bilderschau "Himmelhebers bei den Dan"
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Bildquelle: Dr. Eberhard Fischer

0. Einleitende Hinweise von Eberhard Fischer

Einzelpublikationen
  • 1957, Ulrike Himmelheber: Schwarze Schwester
  • 1958, Die Dan, ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald. Ergebnis dreier völkerkundlicher Expeditionen im Hinterlande Liberias 1949/1950, 1952/1953, 1955/1956
  • 1970, Negerschicksale, Berichte der Dan in Liberia
  • 1977, Die führenden Persönlichkeiten in den Dörfern eines afrikanischen Stammes (Dan, Liberia und Elfenbeinküste)
  • 1979, Masken und Beschneidung. Ein Feldbericht über das Initiationslager der Knaben im Dorf Nyor Diaple der liberianischen Dan
Passim
  • 1957, Der Gute Ton bei den Negern
  • 1960, Negerkunst und Negerkünstler. Mit Ergebnissen von sechs Afrika-Expeditionen des Verfassers.
  • 1960, Afrikanische Masken
Wichtigste Aufsätze
  • 1964, Die Geister und ihre irdischen Verkörperungen als Grundvorstellung in der Religion der Dan, Baessler Archiv
  • 1965, Wunkirle, die gastlichste Frau., Basler Beiträge
  • 1972, Hysterische Erscheinungen bei einem Maskenauftritt
  • 1972, Die Läufermasken bei den Savannen-Stämmen der westlichen Elfenbeinküste
  • 1972, Verwandtschaftsverhältnisse bei westafrikanischen Masken
  • 1977, Rätsel der Dan
  • 1977, Das Ritual des Wasserausgießens
  • 1976, Der Heilige Alte: Eine Einrichtung zur Wahrung des Friedens
Wann und warum Feldforschung in Liberia und bei den Dan?

1949 - also kurz nach dem Krieg - war Liberia die einzige nicht britische oder französische Region in Westafrika, wo es Völker mit Kunst gab. Auch waren die liberianischen Ethnien relativ wenig erforscht: Zuvor waren bei den Dan als Ethnologen nur Etta Becker-Donner, Schwab-Harley und B. Holas. Die Dissertation von Vandenhoute war Hans Himmelheber nicht einsichtig. Ein Visum für Liberia war erhältlich dank amerikanischer Rückendeckung.

Zielsetzung

Monographische Behandlung der gesamten Kultur ("Brauchtum"), Sammlung

Themen

insbesondere Erforschung des Maskenwesens, Künstlertums, der Geheimgesellschaften. Von besonderer Wichtigkeit "Schicksalsbewältigung".

Methode

Direkte Beobachtung und Lebenslauf-Interviews

Resultate

Monographie und eine Vielzahl von Aufsätzen und semi-populären Büchern

Besonderheiten

Im Vorwort zur Dan-Monographie, die im Folgenden zuerst besprochen wird, heißt es:

Zu den Dan ins Hinterland von Liberia führten Hans Himmelheber seine "5., 6., 7. völkerkundliche Expeditionen,"

  • 1949/1950 mit Ulrike Himmelheber
    "Es war die erste deutsche Expedition nach dem Kriege und deshalb mit einem Unmaß von amtlichen Schwierigkeiten verbunden"
  • 1952/1953 allein in Liberia, Elfenbeinküste und Sudan (d.h. heute Mali/Burkina Faso)
    "Bei kurzem Aufenthalt aber Aufnahme in drei Geheimbünde."
  • 1955/1956 mit Ulrike Himmelheber und Werner Schaufler, Präparator am Zoolog. Institut der Universität Heidelberg
  • 1960 mit Eberhard Fischer (18-jährig) und dem Zoologen Dr. Hansjürg Kuhn, später Primatologe an der Universität Göttingen
  • 1975 mit Ulrike und Martin Himmelheber, Barbara und Eberhard Fischer
  • 1976 zunächst mit Ulrike und Martin Himmelheber, später allein

1. "Die DAN – ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald"

Buchumschlag von Die DAN – ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald
Die DAN-ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald, 1958 Stuttgart (W. Kohlhammer Verlag)

Vorwort: "Frau Dr. Etta Becker-Donner, Wien, hat schon in den dreissiger Jahren zwei eigene Expeditionen im Gebiet der Dan durchgeführt und ihre Ergebnisse in mehreren Veröffentlichungen niedergelegt. Frau Donner gebührt also das Verdienst, die ersten völkerkundlichen Forschungen bei den Dan durchgeführt zu haben. Ihre gründlichen Ergebnisse sind um so höher einzuschätzen, als sie zu einer Zeit erzielt wurden, zu der das Reisen in Liberia noch weit schwieriger war als heute, wo eine Autostraße die Anfahrt bis an die Peripherie des Danlandes erlaubt."

"Die Lebensprobleme der Dan-Frauen und die Gesittung der Dan haben wir selbst in zwei Büchern behandelt - Schwarze Schwester und Der gute Ton."

"Wir haben bei den Dan viele Lebensläufe und Erzählungen geschichtlicher oder legendärer Ereignisse aufgezeichnet, aus der Erkenntnis, daß die Bedeutung des Brauchtums sich besser offenbart, wenn es eingebettet in ein Schicksal geschildert wird, als wenn wir es mit direkten Fragen zu erkunden trachten. Von diesen Erzählungen haben wir eine Auswahl in diesem Buch verwendet, und zwar so, daß am Ende der Kapitel einige Erzählungen eingefügt sind, in welchen das zuvor geschilderte Brauchtum eine Rolle spielt."

Über die Bedingungen bei der Feldforschung erfährt der Leser nur en passant, so dass sie "mit zehn bis zwanzig Trägern auf Urwaldpfaden marschiert sind und nach meist zwei bis dreistündigem Marsch Siedlungen erreicht haben." "Tagsüber waren die Dörfer in der Trockenzeit verwaist. Die Leute waren auf ihren Pflanzungen und kehrten erst gegen Abend zurück." Meist bleiben sie zwei, drei Tage in einem Dorf. Mit der Zeit gibt es Lieblingsdörfer, wo sie länger verweilen, so Kample, Diaple und Gable. Später wird Nyor Diaple unser Arbeitszentrum, weil hier die Bildhauer Tame, Tompieme und Si leben, und es Geheimbund- und Maskenzentrum ist.

Beispiele für ausgefallene Informationen in "Die DAN – ein Bauernvolk im westafrikanischen Urwald"
  • Jahreskalender S. 36/37
  • Herstellung von Palmöl auf drei Arten S. 40
  • Insektenkost: Schnecken, Raupen, Heuschrecken, Ameisen, Termiten S. 41-43!
  • "Einstellung zur Natur und zur Arbeit" S. 54
  • "Haben die Dan ein persönliches Verhältnis zu ihrer Hütte, und wenn ja, wie weit geben sie ihr eine eigene Note? Wie weit haben sie ein Gefühl für Wohnlichkeit? S. 57
  • Kochen mit Rezepten! S. 64ff
  • "Lebenslauf" S. 73-127
  • ausführlich Spiele, Knabenspiele - Mädchenspiele, Erwachsenenspiele S. 77ff
  • "Das Reifelager" S. 81-86
  • Körperzier und Kleidung, "Schönheitsideal" S. 97f
  • Reinlichkeit S. 98-100
  • Frauenschicksal - Liebe und Treue, Hauptfrauen, Nebenfrauen, "Freie Frauen, Nachkommen und Verwandtschaft" etc. S. 112ff
  • Ein Kapitel ist dem Großhäuptling Towe gewidmet, der selbst ausführlich zu Wort kommt S. 134- 138
  • "Gesittung": zwei Maximen der Dan: "Du sollst nicht Streit suchen!", "Du sollst Dir einen guten Namen machen", S. 152-156
  • Besonders interessant sind m. E. die Kapitel über "Kraftsänger, Sänger deren Wort eine magische Kraft besitzt" S. 175-178
  • Außergewöhnlich: Geheimbünde S. 203-231
    • "Die Geheimbünde der Dan" vermittelt vor allem handwerkliche Fähigkeiten
    • drei aber auch übersinnliche Eigenschaften
    • zwei sind Frauengesellschaften
    • weitere sind Vereinigung der Ärzte und der Größten des Landes
    • Wesentlich:
      • Geheimmittel, Zaubermittel, um die man sich schart
      • Hierarchisches System
      • Einweihung in geheimes Wissen
      • Aufnahme nach festem Schema
      • Dann "Unser Eintritt in die Schlangengesellschaft Mä" - zwei Mal, 1952 und 1955 in verschiedenen Dörfer (S. 205-211), dann in Nyor Diaple 9.12.1955 (S. 211-218), Elefantengesellschaft Bie in 1956 in Baneau oder Axt-Gesellschaft , Wildschwein-Gesellschaft bo Bontagle (Hier bei allen dreien Tierverwandlung!!)
  • Musik, Tanz, Dichtkunst, eigene Kapitel, dazu noch die Schallplatte mit Musikbeispielen.

    Dan-Schallplatte, Innenlabel

Nach dem Erscheinen der Dan-Monographie galt die weitere Feldforschung dem Verständnis von Weltbild und Religion der Dan. Hans Himmelheber weilte wieder von Oktober bis Dezember 1960 in Nyor Diaple.

Himmelhebers Forschung zur Religion und zum Weltbild der Dan erschien als Aufsatz:

2. "Die Geister und ihre irdischen Verkörperungen als Grundvorstellung in der Religion der Dan"

unter Mitarbeit von Wowoa Tame-Tabmen, Nyor Diaple, Liberia, Baessler Archiv NF Bd. 12, 1964, S. 1-88

Vorausfeststellung

"Die Dan sind vor zwei- dreihundert Jahren aus der Savanne in den Urwald eingewandert, wo sie als Bauern in Dörfern weit verstreut leben" und "Wenn wir uns mit der Religion eines Volkes beschäftigen, das weder eine Schrift noch eine staatliche Organisation hat, welche die Menschen eng zusammenschließt, so dürfen wir nicht erwarten, daß seine religiösen Vorstellungen überall die selben sind. Es kann sich ja nicht ein besonders klarer Denker oder ein schöpferischer Geist mit seinen Vorstellungen allgemein durchsetzen. Wir werden also im folgenden ab und zu etwas unterschiedliche Vorstellungen vom gleichen übersinnlichen Wesen feststellen, etwa von Gott oder von der Seele der Toten.

Es ist auch zu bedenken, daß die Religion der Dan, wie jede Religion, sich zusammensetzt aus einer inneren Sphäre der schöpferischen und wirklich religiös empfindenden Denker, und einer äusseren Schicht derjenigen Menschen, die nur Empfangende sind und nur so viel von dem übernehmen, als ihnen im Daseinskampf notwendig erscheint: Sie haben eine starre Gebrauchsreligion, die ersteren eine dynamische Erkenntnisreligion."

Es folgen dann im 1. Kapitel die Grundvorstellung der Dan-Religion mit der Vorstellung von dü, Geistwesen, die im Busch leben und im Dorf wirksam werden wollen, indem sie sich träumen lassen, um als Hilfsgeister manifestiert zu werden.

Weitere Kapitel:

2. Fetische S. 10ff - und hier auch das wichtige Kapitel über den gor, friedenstiftenden Geist

3. Die Möglichkeit, dass ein Geist sich zweifach verkörpert, also als Hexe oder Tier wirkt.

4. Geister, die als Masken Gestalt annehmen und schließlich Gott und die Geister.

Es führt zu weit, diese Vorstellungen im einzelnen hier darzulegen. Himmelhebers Zusammenfassung, nochmals zusammengefasst, muss genügen:

Die Religion der Dan... S. 87

Immer wieder werden in diesem hoch-interessanten, kaum von der Forschung rezipierten Aufsatz ausführlich Dan Personen mit besonderen Fähigkeiten oder Wissen zitiert. Es heißt beispielsweise:

"Manchmal werden Geister von einer vermittelnden Person aufgefordert, von einem bestimmten Menschen Besitz zu nehmen." Duo, ein Mann mittleren Alters, vom Dorfe Butuo, berichtet, wie die Kriegsgeister in seinen Vater eingingen. "Mein Vater Kaiwa war ein Krieger- Was ihn befähigte, ein Krieger zu sein, war daß er eine Anzahl von dü (Geistern) besaß. Er war nicht als Krieger geboren. In seiner Jugend..." Dann folgt sein Bericht.

Oder: Für die däbome, Wahrsager, ist Duo vom Däa-Viertel in Nyor Diaple, "ein Mann von fünfunddreißig bis vierzig Jahren, das Haupt des Dä-Bundes in diesem Dorf" sein Informant. Später kommt ein anderer Wahrsager zu Wort: "Auch mein Informant Kagu in Towe, ebenfalls prominentes Mitglied des Dä-Bundes, betont die Verlogenheit der debome", Wahrsager. S. 48 Bericht

3. Masken und Beschneidung: Ein Feldbericht über das Initiationslager der Knaben im Dorf Nyor Diaple der liberianischen Dan

Masken und Beschneidung: Ein Feldbericht über das Initiationslager der Knaben im Dorf Nyor Diaple der liberianischen Dan, Zürich 1979, 120 Abbildungen, 82 Seiten, ca. 22 x 20 cm, im Museum Rietberg erschienen

Ein ethisch heikles, wenn man so will aber auch sensationelles Thema.

"Vorbemerkung: Dieser Feldbericht erfolgt im vollen Einverständnis mit allen beteiligten Personen und auch des allem Brauchtum der Dan übergeordneten Gor.Bundes"... "Die führenden Dan erkennen jetzt, daß es wichtig ist, ihre traditionelle Lebensweise für künftige Generationen wenigstens in Schrift und Bild zu erhalten. Die folgende Beschreibung ist ausschließlich als Dokument für künftige Dan-Generationen und für die völkerkundliche Fachwelt bestimmt. Auch Auszüge oder Reproduktionen können nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Autors gestattet werden." S. 3

Feldforschung 1976, 27 Jahre nach dem ersten Besuch in Nyor Diaple, ein Jahr nach unserem längeren Familienaufenthalt, diesmal in der Anlaufphase begleitet von Mama und Martin. Mitautor und Gastgeber ist wiederum George Wowoa, der 2x bei uns in Heidelberg und auch in Zürich zu Gast gewesen ist.

Warum ist Hans Himmelheber zu diesem Geheimsten der Dan-Gesellschaft zugelassen worden? Er schreibt: "und man kam schließlich zu der Erkenntnis, daß meine Frau und ich die wiedergeborenen, einst hochangesehenen Vorfahren Blo und Unsa wären. So hielt man es nicht nur für richtig, sondern für segenbringend, wenn ich als einer der drei zo (religiösen Führer) am Initiationslager teilnähme... Ich werde mich im folgenden auf die Wiedergabe meiner Erlebnisse und Erkundungen beschränken." Man mag später seine Angaben mit den Berichten von Westermann, Mengrelis, Harley, Holas, Gausseau bei den Nachbarstämmen der Dan vergleichen.

Hauptveranstalter war Tame, der die Kosten zu tragen hatte "und dies war ihm möglich durch die Unterstützung, die ich von Seiten der Deutschen Forschungsgemeinschaft genoss."

Zuerst werden die vier Persönlichkeiten geschildert, die das Lagergeschehen leiteten und dann "zehn Tage nach unserer Ankunft in Nyor Diaple, zwei Tage vor der Knabenbeschneidung, am 18. Januar 1976, begann in der Öffentlichkeit die Veranstaltung." Und dann folgen die 41 Tage des Initiationslagers, mit einer ausführlichen Tagesbeschreibung, mit 120 Fotografien.

Die Beschneidung der Buben steht am Anfang, für uns aber wichtig ist das Erscheinen und die Funktion der Maskengestalten der deangle Masken bie und mandorple, die im Dorf mit den Frauen schäkern und gekochte Nahrung ins Lager holen, der Maske ble, die im Lager auftritt und mit den Knaben das Tanzen übt.

Aber auch wie das Beschneidungsmesser auf einer Maske abgestreift wird, dass eine erträumte Maske hier geschnitzt, ein Tanz eingeübt wird, wie eine Schimpansenmaske eingeladen wird, eine Maske aus einer Baumwurzel geschnitzt wird und wie für eine noch nicht geschnitzte Maske ein Tanz von den jungen Männern eingeübt wird, wie Maskengestalten einander begrüßen, was für Sprichwörter den Buben erklärt werden und wie schließlich von weiteren Maskengestalten und von den Frauen im Dorf mit Freudentänzen die frisch Beschnittenen im Dorf begrüßt werden.

Es ist ein völlig unprätentiöses, bescheidenes und dabei doch einmaliges Buch, das mehr Einsicht ins afrikanische Maskenwesen bietet als die meisten Kunstbücher! (Noch sind einige wenige Exemplare zum Originalpreis im Museum Rietberg in Zürich erhältlich.) (Anmerkung, Administrator: Leider sind Deutsche und Österreicher von der Online-Bestellung ausgeschlossen. Museumsbesuch!!)

4. Negerschicksale, Berichte der Dan in Liberia

Negerschicksale, Berichte der Dan in Liberia, Hans und Ulrike Himmelheber, Heidelberg, Eigendruck, 1970

Im Vorwort heißt es, dass die Himmelhebers bei vier Aufenthalten bei den Dan sich von vielen Männern und Frauen ihr eigenes Lebensschicksal erzählen ließen. Viele seien in früheren Publikationen veröffentlicht. "Eine bestimmte Auswahl aber wollten wir einer besonderen Publikation vorbehalten, nämlich diejenigen, die das menschliche Schicksal in diesem afrikanischen Urwaldland eindrücklich vor Augen führen. Das menschliche Schicksal ist freilich bis heute kein wissenschaftlicher Gegenstand. Er läßt sich vorerst nicht in Kapitel zwängen, weil es von gar zu vielen Faktoren abhängt und auch von solchen, die wir nicht, oder noch nicht, rational erfassen können, wie Glück oder Zufall. Wir konnten die Erzählungen drum nur so zusammenordnen, wie sie den Anschnitten des menschlichen Lebenslaufs entsprechen: zuerst Kinderschicksale, dann solche von jungen Leuten, Ehe-Geschichten, Schicksale erwachsener Persönlichkeiten, die durch irgendeine Eigenschaft oder Fertigkeit ausgezeichnet sind, und schließlich Berichte, die zeigen, wie die Glaubensvorstellungen einzelne Menschenschicksale prägen."

Beispiel für die Einführung eines Erzählers:

"Erzähler ist ein blinder Mann im Dorf Bongle. Er ist etwa 45 Jahre alt, groß, stark, wohlgenährt, trotz seiner Hilflosigkeit eine eindrucksvolle Erscheinung. Er wohnt gegenüber der Hütte, in der wir für die Nacht untergebracht sind. Als ich ihn bitten lasse, mir seinen Lebenslauf zu erzählen, gibt er eine ihm genehme Zeit an. Er setzt sich dann außen neben die Tür meiner Hütte nieder und erzählt. Ich komme von Deaple im nördlichen Dan Land. Mein Vater war ein Häuptling und ein reicher Mann..."

5. Die führenden Persönlichkeiten in den Dörfern eines westafrikanischen Stammes

Die führenden Persönlichkeiten in den Dörfern eines westafrikanischen Stammes : (Dan, Liberia und Elfenbeinküste) ; vorgetr. am 8. Mai 1976 / Hans Himmelheber. - Heidelberg : Winter, 1977. - 32 S., 13 Taf. : Ill.; (ger / dt.); Reihe: (Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse ; 1977,1); ISBN 3-533-02582-9

Im Vorwort heißt es: "Bei der Betrachtung der führenden Persönlichkeiten werden wir stets fragen müssen, zu welchem Ziel sie hinführen, und durch welche Eigenschaften sie dazu befähigt sind." Und "An der Achtung, der Be-Achtung, welche die Gemeinschaft ihm zollt, misst der Dan seinen eigenen Wert."

In Ethnologendeutsch formuliert: Wir erfahren durch diesen Bericht von den wichtigsten Rollen in der Dan-Gesellschaft. Himmelheber beginnt mit dem Erdherrn (der in der Dan-Monographie von 1959 noch nicht vorkommt und ihm erst bei Forschungen an der Elfenbeinküste und in Nyor Diaple 1960 begegnet ist!), dem Beschneider, den Maskenträgern und Fetischbesitzern. Eine wichtige Persönlichkeit in den Dan-Dörfern ist der däbome oder Ratgeber, ferner die Meister von Geheimbünden, dann die eigentlichen Dorfhäuptlinge, die Meisterkrieger, der Heilige Alte, der Schmied, und schließlich der Kraftsänger. Für Frauen verzeichnet er drei interessante Rollen, die gastlichste Frau, die Trösterinnen und Totenspötterinnen.

Und im letzten Abschnitt dieses Berichts heißt es:

"Nach dem Tod in der irdischen Gemeinschaft fortzuleben ist das innigste Verlangen der Dan. Man lebt fort in seinen Kindern, insbesondere in jenen, in welchen man selbst re-inkarniert ist, und man lebt fort im Nachruhm, den die kommenden Generationen dem bedeutenden Ahnen zollen. Der Name lebt fort im Namen des Dorfes, das der Vorfahr gründete, in seinen persönlichen Gesängen, die bei Festen zu seinem Gedächtnis angestimmt werden, in seinem Jagdspeer, den seine Familie heilig hält. Nachkommenschaft und Nachruhm, so lautet die Lebensregel der Dan, dies zu erreichen, das ist es."

Bilder, die während des Vortrags gemacht wurden

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Fotogalerien bei about africa

Vortrag bei Frühjahrstagung 2008 der Vereinigung der Freunde Afrikanischer Kultur in München (Staatliches Museum für Völkerkunde), 30. Mai bis 1. Juni 2008 - Ulrike und Hans Himmelheber - Leben und Schaffen

Autor

  • Dr. Eberhard Fischer

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