Audiomitschnitt des Vortrags
Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst
Konturen einer westlichen Konzeption
Begleitender Vortrag zur Magisterarbeit
1. Magisterarbeit
1.1. Magisterarbeit Abstract
Wie wurden aus afrikanischen Gebrauchsgegenständen Sammlerstücke europäischer Kunstliebhaber? Das ist die übergreifende Frage dieser knapp 80 Seiten langen Abhandlung. Von den ersten Begegnungen Europas mit Afrika im 15. Jahrhundert, bis zu den Praktiken auf dem Markt für Afrikanische Kunst in der Gegenwart, wird ein kritischer Blick auf die Geschichte des Sammelns afrikanischer Gegenstände geworfen. Dabei hat sich der Blickwinkel Europas auf Afrika und seine materiellen Hervorbringung stetig gewandelt, und in der Folge auch der Wert, den man den fremden Dingen aus Afrika beimaß. Von der herabwürdigenden Bezeichnung als "Fetisch" bis hin zur Verehrung als "wichtiges Stück Afrikanischer Kunst" reicht die Bandbreite der Bedeutungen, die Europa den Objekten aus Afrika im Laufe der Zeit zugeschrieben hat.
Um diesen Perspektivwechsel zu erklären, führt "Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst" eine gegenwärtige Theorie der Ethnologie in die Sphäre der Afrikanischen Kunst ein. Die Theorie der kulturellen Aneignung wirft einen Blick auf gesellschaftliche Prozesse, durch die Dinge, die von einer Kultur in eine andere Kultur gelangen, im neuen kulturellen Umfeld mit neuen Bedeutungen belegt werden. So werden aus den vormals fremden und "unverständlichen" Dingen eigene und "verständliche" Bedeutungsträger.
Die fortlaufende aktive Auseinandersetzung mit afrikanischen Objekten, in Form von wissenschaftlichen Publikationen, Ausstellungen oder auf dem Markt für Afrikanische Kunst hat so dazu geführt, dass Europa die materiellen Dinge Afrikas mit ganz eigenen Vorstellungen und Bedeutungen aufgeladen hat.
Ein tiefer Blick in die vielen Schichten von Bedeutungen und Vorstellungen, die sich im Laufe der Zeit an den afrikanischen Objekten angelagert haben, und in die gegenwärtigen Praktiken und Diskurse rund um Afrikanische Kunst, führt zu einem tieferen Verständnis dessen, was Afrikanische Kunst eigentlich ist.
1.2. Magisterarbeit Download
MU-2008FT13 Alexis Malefakis,Magister-Arbeit.pdf
2. Folien des Vortrags
2.1. Folien Download
MU-2008FT13 Vortrag,Alexis Malefakis.ppt
Folie 1
Die westliche Aneignung der
Afrikanischen Kunst
Alexis Malefakis
Folie 2
- Die Perspektive der kulturellen Aneignung
- Wege afrikanischer Objekte nach Europa
- Stammesstile in der Afrikanischen Kunst
- Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst
Folie 3
Kulturelle Aneignung
- Dinge aus einem fremden kulturellen Zusammenhang werden umgearbeitet oder mit neuen Bedeutungen belegt, um sie zu sinnvollen, bedeutungsvollen eigenen Dingen zu machen
Folie 4
Kulturelle Aneignung
- Dinge aus einem fremden kulturellen Zusammenhang werden umgearbeitet oder mit neuen Bedeutungen belegt, um sie zu sinnvollen, bedeutungsvollen eigenen Dingen zu machen
- Europa hat sich Gegenstände aus Afrika zueigen gemacht
Folie 5
Folie 6
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
- Feitiço – das Gemachte
Folie 7
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
- Feitiço – das Gemachte
- Kirchliche und staatliche Verfolgung von "Hexerei" und "Götzenanbetung" in Portugal
Folie 8
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
- Feitiço – das Gemachte
- Kirchliche und staatliche Verfolgung von "Hexerei" und "Götzenanbetung" in Portugal
- Afrikanische Gegenstände wurden mit europäischen Vorstellungen belegt
Folie 9
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
(Trowell 1967)
Folie 10
Folie 11
Folie 12
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
"Man entdeckte, abenteuerte und eroberte. Man kartographierte und meteorologisierte. Die Naturwissenschaften sammelten und die ethnographischen Museen schwollen an wie trächtige Flusspferde"
(Leo Frobenius 1923)
Folie 13
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
- Wissenschaftliche Sammlungen aus den Kolonien
Folie 14
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
- Wissenschaftliche Sammlungen aus den Kolonien
- "grobe" und "primitive" Museumsobjekte bezeugen die Kulturlosigkeit der Unterworfenen...
Folie 15
Wege afrikanischer Gegenstände
nach Europa
- Wissenschaftliche Sammlungen aus den Kolonien
- "grobe" und "primitive" Museumsobjekte bezeugen die Kulturlosigkeit der Unterworfenen...
- ...und die Überlegenheit der europäischen Nationen
Folie 16
Folie 17
Folie 18
Stammesstile in der
Afrikanischen Kunst
- Ein Stamm = ein Stil ?
Folie 19
Stammesstile in der
Afrikanischen Kunst
- Ein Stamm = ein Stil ?
- "Stamm": kulturell homogen, in sich geschlossen, statisch, kollektiv
Folie 20
Stammesstile in der
Afrikanischen Kunst
- Ein Stamm = ein Stil ?
- "Stamm": kulturell homogen, in sich geschlossen, statisch, kollektiv
- Afrikanische Kunst ein Produkt des Kollektivs "Stamm"?
Folie 21
Stammesstile in der
Afrikanischen Kunst
- Stammesstile – ein Instrument der Aneignung?
Folie 22
Stammesstile in der
Afrikanischen Kunst
"Das Kunstwerk als symbolisches Gut gibt es nur für denjenigen, der über die Mittel verfügt es sich anzueignen, das heißt, es zu entschlüsseln"
(Bourdieu und Darbel 2006)
Folie 23
Die Westliche Aneignung der
Afrikanischen Kunst
- Bedeutungen der Afrikanischen Gegenstände haben stets Bezug zum spezifischen Interesse Europas an Afrika
Folie 24
"It is the frame rather than the picture which establishes the mode of appreciation we know as art"
(Miller 1987)
Magisterarbeit zu Vortrag
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Vortrag MU-2008FT-13 bei Frühjahrstagung 2008 der Vereinigung der Freunde Afrikanischer Kultur in München (Staatliches Museum für Völkerkunde), 30. Mai bis 1. Juni 2008 - Ulrike und Hans Himmelheber - Leben und Schaffen
Alexis Malefakis Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst - Konturen einer westlichen Konzeption Wissenschaftliche Abschlussarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister Artium Vorgelegt in München am 04.Oktober 2007 Vorwort.................................................................................................3 1. Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst – Geschichte und Konturen einer Konzeption...................................................................4 2. Zu den Quellen und zur Methode.......................................................7 3. Zur Begrifflichkeit ............................................................................ 8 3.1. Zum Titel............................................................................................................8 3.2. Zum Begriff der Afrikanischen Kunst ............................................................ 10 3.3. Zum Begriff der Aneignung.............................................................................11 4. Rezeptionsgeschichte und die Erfindung der ................................... 14 Afrikanischen Kunst............................................................................ 14 4.1. Frühe negative Stereotypisierung: der "Fetisch"............................................15 4.1.1. Die europäischen Wurzeln des "Fetisch" ...................................................15 4.1.2. Der europäische Glaube an afrikanische "Fetische" ................................ 16 4.1.3. Die Anziehungskraft des "Fetisch" ........................................................... 18 4.2. Sammeln aus Neugier: Die Kuriositätenkabinette Europas......................... 19 4.2.1. Die Entstehung der frühen Sammlungen.................................................20 4.2.2. Die Systematik der Sammlungen ............................................................. 21 4.3. Sammeln in Zeiten des Evolutionismus und Kolonialismus ......................... 25 4.3.1. Sammeln im evolutionistischen Paradigma.............................................25 4.3.2. Sammeln für den nationalen Tempel: Die frühen Museen in der Kolonialzeit ......................................................................................................... 27 4.4. Die "Entdeckung" der Afrikanischen Kunst...................................................30 4.4.1. Die Motivation der Künstler ..................................................................... 31 4.3.2. Die französischen Maler ........................................................................... 32 4.3.3. Die deutschen Maler.................................................................................33 4.3.4. Die Ausweitung des ästhetischen Bewusstseins: Die Etablierung der Afrikanischen Kunst ........................................................................................... 35 4.5. Am Wendepunkt.............................................................................................. 37 5. Die Rahmung als Kunst – Afrikanische Kunst in westlicher Gesellschaft.........................................................................................38 5.1. Klassifikationen als aneignende Diskurse......................................................39 5.1.1. Ein Stamm – Ein Stil ................................................................................. 39 5.1.2. Keine Kunst ohne Künstler? Diskurse über kollektive und individuelle Urheber in der Afrikanischen Kunst..................................................................46 5.1.3. Authentifizierung als Aneignung .............................................................. 52 5.2. Präsentation und Rezeption als aneignende Praxis......................................58 5.2.1. Die kulturelle Identität der Ausstellung...................................................58 5.2.2. Strategien der Exotisierung und der Assimilierung................................. 59 5.2.3. Strategien der visuellen Ästhetisierung....................................................60 5.2.4. Strategien der textlichen Ästhetisierung..................................................62 5.3. Kommodifikation als aneignende Praxis.......................................................64 5.3.1. Der Markt als soziale Arena......................................................................64 5.3.2. Afrikanische Kunst als Ware .................................................................... 70 Schluss: Afrikanische Kunst – Konturen und ......................................78 Reichweite einer westlichen Konzeption .............................................78 Verwendete Literatur ..........................................................................83 Vorwort Lot 22: A superb, rare and highly important bamum headcrest, Cameroon. 600,000 – 900,000 USD.1 Am 17. Mai 2007 wurde im Auktionshaus Sotheby´s in New York die "Saul and Marsha Stanoff Collection" versteigert. Im Rahmen dieser Auktion wurde auch eine Holzskulptur aus Kamerun verkauft, die im Katalog als "ausgezeichnet", "selten" und "höchst wichtig" charakterisiert wurde. Das Stück hatte eine bemerkenswerte Provenienz: es war einst im Besitz des französischen Malers Maurice de Vlaminck. So wurde die im Auktionskatalog gepriesene große Bedeutung der Stückes nicht aus seiner afrikanischen Herkunft erklärt, sondern durch seinen Einfluss auf die Entwicklung der Malerei des frühen 20. Jahrhunderts: Es verkörpere die Quintessenz kubistischen Denkens; die Vorstellung des Künstlers von seinem Motiv wird aufgebrochen, analysiert und in abstrakten Formen wieder zusammengefügt. Vlamincks Pinsel habe einige Spritzer Ölfarbe auf dem Stück hinterlassen, von denen besonders ein bräunlich-grüner Farbspritzer auf dem Gesicht der Figur bemerkenswert sei. Dieser Farbton sei charakteristisch für die Arbeiten des Malers zwischen 1920 und 1930. Da also angenommen werden könne, dass das Objekt in dieser Zeit in Vlamincks Atelier gestanden haben muss, wird sicher auch Pablo Picasso, der zu dieser Zeit mit Vlaminck in Kontakt stand, diese Figur gesehen haben. Der geschätzte Wert der Figur zwischen 600.000 und 900.000 US-Dollar wurde bei ihrem Verkauf noch übertroffen. Der Zuschlag für dieses wichtige Stück Afrikanischer Kunst erfolgte bei 1.608.000 US-Dollar. Die Preise, die wertvolle Stücke der Afrikanischen Kunst im Westen erzielen, lassen sich, wie im hier geschilderten Fall, weder aus ihrem Materialwert, noch aus der Prominenz ihrer Hersteller, die meist mit keinem Wort erwähnt werden, erklären. Die in den hohen Preisen zum Ausdruck gelangende Bedeutung der Afrikanischen Kunst kann aber verstanden werden, wenn man den Weg mitbedenkt, den sie durch unsere Gesellschaft genommen hat – physisch wie intellektuell. 1 Aus dem Online-Auktionskatalog von Sotheby´s (siehe Internetquellen). 1. Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst – Geschichte und Konturen einer Konzeption Die zentrale Frage der vorliegenden Arbeit ist, wie aus fremden Dingen eigene Dinge werden: Wie wurden aus afrikanischen Gebrauchsgegenständen wertvolle Sammlerstücke des Westens? Wie hat sich der Westen die Afrikanische Kunst angeeignet2? Aus diesen Überlegungen ergibt sich schließlich die grundlegende Frage, die mich bewegt: Was ist Afrikanische Kunst überhaupt? Diese Fragen werden erörtert, indem zunächst in einer historischen Perspektive die dem Wandel der Zeit unterliegenden Interessen Europas an Afrika und seinen materiellen Artefakten nachgezeichnet werden. Der primäre Grund für die sich verändernden Bewertungen afrikanischer Gegenstände in Europa war nicht die gewandelte Qualität afrikanischer materieller Artefakte im Laufe der Zeit, sondern die sich wandelnden kulturellen und gesellschaftlichen Hintergründe und Motive ihrer westlichen Rezipienten. Die historische Perspektive reicht bis zu dem Moment der taxonomischen Transformation, der "Erfindung" der Afrikanischen Kunst. Dabei wurden Gegenstände, die in Afrika nicht in einem Kunstzusammenhang hergestellt wurden, sondern vielfältigen religiösen, gesellschaftlichen oder politischen Zwecken gedient hatten, in Afrikanische Kunst umbenannt. Gegenstände, die jahrzehnte-und jahrhundertelang in der westlichen Vorstellung Sinnbilder der Rückständigkeit und Wildheit Afrikas gewesen waren, erfuhren so eine radikale Neubewertung. Nachdem der historische Überblick die Interessengebundenheit der westlichen Wahrnehmungen afrikanischer Dinge durch den Wandel der Zeit hindurch verfolgt, soll eine analytische, eher synchrone Perspektive die Konturen der westlichen Konzeption der Afrikanischen Kunst nachzeichnen. Um die Afrikanische Kunst in den westlichen Kunstzusammenhang einzubetten, bedarf es neben der namensgebenden Umwandlung in Kunst weiterer Zuschreibungen von 2 Der begrenzte Rahmen dieser Arbeit zwingt mich dazu, allgemeine Kategorien wie "den Westen" und "die Afrikanische Kunst" zu verwenden. Was genau damit gemeint ist, und warum die Afrikanische Kunst in der gesamten Arbeit großgeschrieben wird, wird in Kapitel 3 "Zur Begrifflichkeit" dargelegt. Kunstqualitäten. Kunstwissenschaftliche und kunstethnologische Diskurse widmen sich der Analyse charakteristischer Merkmale der Afrikanischen Kunst. Diese werden in Beziehung zu den Kriterien der eigenen, westlichen Kunst untersucht: Finden wir in den afrikanischen Kunsttraditionen die gleichen Merkmale, welche auch die westliche Kunst kennzeichnen? Wo können Gemeinsamkeiten postuliert werden, wo Unterschiede? Durch diese Diskurse wird die Afrikanische Kunst für den Westen mit Bedeutungen versehen, und erhält ihren festen Platz im Kanon der Kunst. Diese "Rahmung" der Afrikanischen Kunst in ihrem neuen Kunstzusammenhang durch aneignende Diskurse und Praktiken ist Gegenstand des zweiten Teils dieser Arbeit. Der westliche Kunstzusammenhang ist kein völlig von der Gesellschaft abgelöster Bereich, in dem es nur darum geht, dass Kunstwerke mit "rein ästhetischer" Wirkung in ihren Betrachtern transzendente Emotionen bewirken. Er ist und war immer auch ein sozialer Handlungsrahmen, in dem Künstler, Sammler, Liebhaber, Händler, Kritiker usw. neben ihren ästhetischen auch ihre sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnisse befriedigen können. Aus diesen sozialen und wirtschaftlichen Aspekten des Kunstzusammenhanges heraus kann zum einen die Motivation für die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst verstanden werden. Zum anderen aber wird klar, wie durch die Einbeziehung afrikanischer Gegenstände in gesellschaftlich und wirtschaftlich relevante Diskurse und Handlungszusammenhänge diese Dinge zu kulturell bedeutungsvollen Gegenständen des Westens werden. Daher ist es nicht die "Erfindung", die hier im Mittelpunkt steht, sondern die kulturelle Aneignung der Afrikanischen Kunst. Die Zweiteilung des Hauptteils der Arbeit in einen historischen und einen analytischen Teil ist notwendig, um einerseits zu zeigen, wie die Kategorie der Afrikanischen Kunst entstanden ist, und welche Konnotationen sich in westlicher Vorstellung mit ihr verbinden. Andererseits kann so über die geschichtliche Perspektive hinausgehend gezeigt werden, wie die Afrikanische Kunst als Artefakt des Westens seither in westliche kulturelle und gesellschaftliche Zusammenhänge eingebunden ist. Die in dieser Arbeit eingenommene Perspektive ergibt sich aus der kritischen Auseinandersetzung mit der Literatur zur Afrikanischen Kunst. Die kunsthistorischen und kunstethnologischen Publikationen, die sich seit der "Entdeckung" der Afrikanischen Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit dieser beschäftigen, habe ich dabei jedoch weder unter einem kunstwissenschaftlichen, noch unter einem kunstethnologischen Gesichtspunkt ausgewertet. Geleitet war meine Auseinandersetzung mit der Afrikanischen Kunst stets von meinem Interesse für die Theorie der kulturellen Aneignung. Aus diesem Blickwinkel heraus habe ich aus kunstethnologischen und kunstwissenschaftlichen Publikationen ihre jeweiligen aneignenden Momente herausgearbeitet. Beschränkt ist die Darstellung der Afrikanischen Kunst als Artefakt des Westens durch die Tatsache, dass sie kein monolithisches Konzept darstellt, über dessen Bedeutung in allen Teilen der westlichen Gesellschaften ein umfassender Konsens besteht. Die Kategorie der Afrikanischen Kunst bleibt stets in Bewegung, neue Objekte werden "entdeckt" und in den Kanon der Kunst aufgenommen, andere fallen heraus, da über ihre "Authentizität" keine Klarheit geschaffen werden kann. Einzelne Objekte oder Objekttypen werden im Zuge der Konjunktur des Marktes aufgewertet oder erfahren eine radikale Abwertung, können aber zu einem späteren Zeitpunkt wieder völlig anders bewertet werden. Verschiedene Akteure und Rezipienten verfolgen, sei es im Museum, auf dem Markt oder als private Sammler, unterschiedliche Ziele in ihrem Umgang mit den Objekten. Genauso wenig wie "Afrika" oder "der Westen" als homogene kulturelle und gesellschaftliche Einheiten existieren, gibt es also – genaugenommen – auch "die Afrikanische Kunst" nicht. Im Rahmen dieser Arbeit können nur die Konturen der westlichen Konzeption der Afrikanischen Kunst nachgezeichnet werden, und hierfür sind Generalisierungen wie "Europa" oder der "Westen", mit seiner "westlichen Kunsttradition" und seiner Konzeption der "Afrikanischen Kunst" unumgänglich. Um aber kein zu vereinfachendes oder gar verzerrendes Bild von der Afrikanischen Kunst zu zeichnen, habe ich es vermieden, verbindliche Aussagen über die tatsächlichen Bedeutungen bestimmter Objekte für ihre afrikanischen und auch westlichen Rezipienten zu treffen. Wenn also in der vorliegenden Arbeit beispielsweise der Diskurs um die Frage nach kollektiven oder individuellen Urhebern afrikanischer Artefakte nachgezeichnet wird, so geht es mir nicht darum, Argumente für die eine oder die andere Seite zu finden, sondern darum zu zeigen, weshalb diese Frage überhaupt gestellt wird. In den Mittelpunkt der Aneignungsperspektive rücken so die westlich-europäischen Akteure mit ihren jeweiligen Interessen an der Afrikanischen Kunst. 2. Zu den Quellen und zur Methode Zur Afrikanischen Kunst steht eine umfangreiche Literatur zur Verfügung. Seit ihrer "Entdeckung" zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich Autoren mit unterschiedlichsten Hintergründen dieser Kunstform gewidmet. Ethnologen, Museumskuratoren, Naturwissenschaftler, Missionare und Kolonialbeamte, Kunsthistoriker, Künstler, Sammler, Händler und Galeristen schrieben und schreiben über die Afrikanischen Kunstwerke. Aus diesem Korpus wurden für die vorliegende Arbeit solche Veröffentlichungen ausgewählt, aus denen sich zentrale Aspekte der westlichen Perspektive auf die Afrikanische Kunst herausarbeiten ließen, und anhand derer die Gewichtung und Bewertung dieser Aspekte durch den Wandel der Zeit hindurch nachvollzogen werden kann. Ergänzt wurden diese Quellen durch die Lektüre kritischer Sekundärliteratur. Publikationen wie Primitive Kunst in zivilisierter Gesellschaft (Price 1992), African Art in Transit (Steiner 1994), What became Authentic Primitive Art? (Errington 1994) oder Art by Metamorphosis (Maquet 1979) richten ihre Aufmerksamkeit auf die westliche Konstruiertheit der "primitiven" und Afrikanischen Kunst. James Clifford (1988) sowie Ivan Karp und Steven D. Lavine und die Autoren ihres Bandes Exhibiting Cultures: The Poetics and Politics of Museum Display (1991) setzen sich kritisch mit der westlichen Sammel-und Ausstellungspraxis auseinander. Jeremy MacClancy (1988) sowie Haidy Geismar (2001) richten ihren kritischen Blick auf den Markt, die Rolle der außer-europäischen und Afrikanischen Kunstwerke und die Motive der mit ihnen handelnden Akteure. Mit Hilfe dieser und weiterer Sekundärwerke konnte ein kritischer Zugang zur Literatur über Afrikanische Kunst gefunden werden, der meiner eigentlichen Absicht zuträglich war. Denn die übergreifende Perspektive auf all diese Publikationen war die Theorie der kulturellen Aneignung. Durch diesen noch recht jungen Ansatz aus der Ethnologie der Globalisierung3, richtete sich mein Blick auf die Beziehungen und ihren Wandel zwischen Europa und dem Westen einerseits und Afrika und seinen materiellen Kulturen andererseits. Mein Untersuchungsfeld 3 Zur kulturellen Aneignung siehe Kapitel 3.3. ist also nicht die Afrikanische Kunst an sich, sondern das diskursive und praktische Feld, innerhalb dessen sie im Westen angeeignet wurde. Diese Perspektive geht über den Rahmen der Kunstwissenschaften und der Kunstethnologie hinaus. Auch die kritischen Stimmen der Sekundärliteratur, in denen beispielsweise ältere Veröffentlichungen kritisiert wurden, und ihnen eine zeitbedingt eurozentrische oder anderweitig eingeschränkte Perspektive auf "primitive" oder Afrikanische Kunst vorgeworfen wurde, konnten vor dem Hintergrund der Aneignungsperspektive zum Teil einer weiterreichenden Kritik unterzogen werden. So wird zum Beispiel in jüngerer Zeit Autoren aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorgeworfen, ihre Begeisterung für "Stammesstile" und die "Kollektivität" in der Kunstproduktion in Afrika gründe in einer evolutionistischen, kolonialistischen oder paternalistischen Haltung gegenüber Afrika und seinen Menschen. Dieser verwerflichen Haltung wird entgegengesetzt, die Afrikanische Kunst sei, ebenso wie die westlichen Kunsttraditionen, ein Produkt individueller Künstler und ihrer persönlichen Kreativität (Price 1992). Ohne auf die moralischen Implikationen des einen oder des anderen Standpunktes eingehen zu müssen, kann in der Perspektive der kulturellen Aneignung doch gezeigt werden, dass die hier in der Sekundärliteratur geübte Kritik die alte Mythologie der kollektiven Urheberschaft durch eine neue Mythologie der individuellen Kreativität in der Afrikanischen Kunst ersetzt (Dutton 1995). Inwiefern beide Perspektiven ihre Ursache in den Intentionen der jeweiligen Autoren und ihrem Zeitgeist haben, ist ein zentraler Aspekt der vorliegenden Arbeit. 3. Zur Begrifflichkeit 3.1. Zum Titel Die westliche Aneignung der Afrikanischen Kunst zu beschreiben setzt voraus, dass die Afrikanische Kunst zu Beginn dieser Aneignung bereits existierte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Afrikanische Kunst ist eine Kategorie, die erst im Laufe der aneignenden Prozesse entstanden ist und deren Name in einem konkreten historischen Moment formuliert wurde. Unter diesem Namen werden unterschiedliche Dinge zusammengefasst, die sich weniger dadurch auszeichnen, dass sie als Kunstwerke in Afrika hergestellt wurden, als vielmehr dadurch, dass sie Gegenstand bestimmter aneignender Diskurse und Praktiken ihrer westlichen Rezipienten sind. Diese Diskurse und Praktiken des Westens brachten erst relativ spät den Begriff der Afrikanischen Kunst hervor. Zuvor wanderten die Objekte durch verschiedene semantische Felder, in denen sie, den jeweils zeitbedingten Perspektiven des Westens entsprechend, unterschiedlich behandelt und gedacht wurden. Anstatt also von der westlichen Aneignung der Afrikanischen Kunst zu sprechen, wäre es genaugenommen korrekt, den Titel in eine Bandwurmformulierung der folgenden Art zu ändern: "Die westliche Aneignung verschiedener Gegenstände aus Afrika, und ihre Einbeziehung in eine durch westliche Akteure neu geschaffene Objektkategorie die da heißt: Afrikanische Kunst." Auch über "Die westliche Erfindung der Afrikanischen Kunst" zu schreiben wäre denkbar. Wenn ich jedoch bei meinem Titel bleibe, so nicht allein der Einfachheit halber. Die westliche Aneignung bestimmter Gegenstände aus Afrika in der Vergangenheit, ihre Einbeziehung in verschiedene Zusammenhänge unter verschiedenen Gesichtspunkten, und auch die Entstehung oder Erfindung des Konzeptes der Afrikanischen Kunst, sind Thema meiner Arbeit. Doch mit der Erfindung eines Namens für afrikanische Dinge, die den ästhetischen Nerv einiger Künstler in Europa trafen, ist die Afrikanische Kunst noch nicht konstituiert. Denn mit der Entstehung der westlichen Bezeichnung werden weitreichende Fragen aufgeworfen. Die Afrikanische Kunst ist zunächst ein "semantischer Alien" (Petermann 2004: 113), über dessen Eingliederung in die westliche Konzeption der Kunst erst einmal keine Klarheit herrscht. Die "wilde" Afrikanische Kunst muss durch ihre westlichen Rezipienten "domestiziert" werden (Steiner 1994: 122), untergliedert werden, authentifiziert werden, mit verstehbaren Bedeutungen angereichert werden, um als fester Bestandteil der westlichen Kunstwelt mit ihren Vorstellungen und Praktiken Gestalt annehmen zu können. Die in dieser Arbeit diskutierten Diskurse und Praktiken, durch welche die Afrikanische Kunst konsolidiert und zu einer westlichen Realität gemacht wird, stellen den aneignenden Umgang des Westens mit der Afrikanischen Kunst dar, ein Prozess, der nicht in der Vergangenheit abgeschlossen wurde, sondern sich in gegenwärtigen Publikationen, Ausstellungen und auf dem Markt fortsetzt. 3.2. Zum Begriff der Afrikanischen Kunst Afrikanische Kunst groß zu schreiben weist darauf hin, dass es sich dabei um einen Eigennamen handelt. Kleingeschrieben wäre afrikanische Kunst eine Kunst, die afrikanisch ist. Dass jedoch die hier mit Afrikanischer Kunst bezeichneten Objekte in ihren afrikanischen Herkunftsgesellschaften nicht als Kunst hergestellt wurden, ist eine ebenso weitläufig bekannte wie für das Verständnis dieser Konzeption grundlegende Tatsache. Die Kategorie der Afrikanischen Kunst ist durch Objekte konstituiert, die sich primär weder durch ihre Herkunft aus Afrika noch dadurch, dass sie als Kunst hergestellt worden sind, für ihre Einbeziehung in diese Kategorie qualifizieren. Was sie miteinander verbindet, ist die Tatsache, dass sie Gegenstand von Diskursen und Praktiken westlicher Fachleute, Liebhaber, Kuratoren, Autoren, Händler und Sammler sind, die ihnen eine Herkunft, Authentizität, ästhetischen und wirtschaftlichen Wert zuschreiben, und diese Kriterien zu ihren eigenen Zwecken mobilisieren und bewerten. In diesem Sinne kann und möchte ich zu Beginn meiner Arbeit keine Begriffsdefinition vornehmen, oder diskutieren, was die Bezeichnung "Kunst" bedeutet oder ob sie in diesem Zusammenhang gerechtfertigt ist. Mit dem Begriff der Afrikanischen Kunst übernehme ich einen emischen Begriff meines Untersuchungsfeldes. Gemeint ist mit dem Namen das, was das Berliner Ethnologische Museum und das Münchner Museum für Völkerkunde als "Kunst aus Afrika" (Junge 2005; Kecskési 1999) ausstellen; das, was mit dem Titel des wichtigsten Fachmagazins für Afrikanische Kunst African Arts bezeichnet ist; das, was in den hier ausgewerteten Publikationen meist als "afrikanische Kunst" untersucht und beschrieben wird. In einem postkolonialen Kontext bezeichnet afrikanische Kunst solche Kunstformen, die in Afrika von Künstlern bewusst als Kunst hergestellt und als solche wahrgenommen werden (Maquet 1979: 32): Malerei, Skulptur, Videokunst, Tanz, Performance, Musik, Fotografie, Theater, Literatur, usw. Der in dieser Arbeit verwendete Begriff der Afrikanischen Kunst hingegen, stellt ein historisches Produkt des Westens dar. In ihm sind Objekte zusammengefasst, die sich mit einem "Prototyp" der Afrikanischen Kunst assoziieren lassen, dem durch die Aufmerksamkeit der westlichen Künstler-Avantgarde im frühen 20. Jahrhundert erstmals ein ästhetischer Wert zugestanden wurde. Aus dieser Aufmerksamkeit und der aus ihr resultierenden Ästhetisierung afrikanischer Artefakte entstand eine westliche Tradition der Wertschätzung Afrikanischer Kunst. Sie gilt solchen Objekten, die, entsprechend ihrer Assoziation mit dem Prototyp, alt sind – alt genug, um aus dem "authentischen Afrika" zu stammen. Somit qualifizieren sich also besonders Objekte, die von Entdeckungsreisenden, Missionaren, frühen Händlern oder Kolonialbeamten gesammelt wurden, für die Einordnung in die westliche Kategorie der Afrikanischen Kunst. Afrikanische Kunst – großgeschrieben – bezeichnet also ein Konstrukt, dessen Bedeutungsinhalt nicht afrikanisch, sondern westlich ist. 3.3. Zum Begriff der Aneignung Neben der Afrikanischen Kunst stellt der vorwiegend in der Ethnologie materieller Kultur formulierte Begriff der kulturellen Aneignung den zweiten zentralen Begriff der vorliegenden Arbeit dar. Im Rahmen von Globalisierungsdebatten in der Ethnologie bezieht sich der Begriff zumeist auf sogenannte "nicht-westliche" Gesellschaften, und betont deren Kreativität im Umgang mit globalen Konsumgütern. In geographisch entlegenen Regionen haben die Konsumenten zwar auf die produk-tionsbedingte Form der industriellen Importgüter keinen Einfluss (Hahn 2005: 99). Dennoch werden die Produkte zu lokal bedeutungsvollen Objekten, wenn sie in ihrem neuen Umfeld umgewidmet, und ihnen neue, in der Lokalgesellschaft verwurzelte Bedeutungen zugeschrieben werden (Spittler 2002; Wimmer 2002; Beck 2001; Hahn 2004). So formuliert, stellt die Theorie der kulturellen Aneignung einen Gegenentwurf zu jenen Theorien dar, die als Folge der ökonomischen Globalisierung eine weitreichende Homogenisierung von Kultur prophezeien. Als analytische Konzeption hebt die kulturelle Aneignung besonders die zum Erwerb eines neuen Objektes und zur Umdeutung desselben notwendige soziale Interaktion (Spittler 2002: 16), sowie das aktive Handeln der Akteure des aneignenden Milieus hervor (Hahn 2005: 101). Das Sich-zu-eigen-machen erscheint somit nicht als eine einmalige Transformation eines in eine fremde Gesellschaft geratenen Objektes, einer Idee oder Konzeption, sondern als ein aktiver Prozess der Bedeutungszuschreibung innerhalb und entlang der im aneignenden Milieu vorgegebenen kulturellen Prämissen. Die kulturelle Aneignung bedeutet stets die Einbeziehung eines zuvor fremden Objektes in bereits bestehende Sinnzusammenhänge, die Übersetzung in das "Vokabular" und die "Syntax" seiner neuen kulturellen Umgebung (Beck 2001: 67). Das Ergebnis eines solchen Prozesses ist nie von vornherein absehbar. Die Theorie der kulturellen Aneignung stellt in der vorliegenden Arbeit die übergreifende Perspektive auf den Themenkomplex der Afrikanischen Kunst dar. Über den objektbiographischen Ansatz (Kopytoff 1986) hinausreichend, soll auf den Bedeutungszusammenhang eingegangen werden, in den Gegenstände aus Afrika einbezogen werden. Im "Vokabular" und der "Syntax" des aneignenden Milieus wird der vormals fremde "semantische Alien" zu einem neuen, bedeutungsvollen "sprachlichen Mittel", mit dessen Hilfe kulturell und gesellschaftlich relevante "Argumente" ausgedrückt werden können. Zu analytischen Zwecken kann der Prozess der kulturellen Aneignung in einzelne, aufeinanderfolgende Stufen gegliedert werden, die ein Objekt oder eine Objektkategorie im Zuge der Aneignung durchläuft (siehe z.B. Hahn 2005: 103; Silverstone, Hirsch, Morley 1992). In der Auseinandersetzung mit der Aneignung der Afrikanischen Kunst wird jedoch bald klar, dass ein stringent konzipiertes Muster des Aneignungsprozesses nicht die Realität wiedergibt. Die immer wieder zum Teil kontrovers geführten Debatten zu einzelnen Bereichen und Aspekten der Afrikanischen Kunst zeigen, dass die Sinngebungen auch für bereits in den Kanon der Kunst integrierte Stücke immer wieder neu vorgenommen und modifiziert werden müssen, und mit unterschiedlichen Ergebnissen zu neuen Bewertungen bereits lange bekannter Stücke führen können. Die kulturelle Aneignung der Afrikanischen Kunst ist also keine unumkehrbare Entwicklung, sondern ein dynamischer Prozess, dessen Verlauf das gesamte Koordinatensystem des aneignenden Milieus beeinflussen kann. Als Beispiel seien hier die jüngeren Forschungen über die Rolle einzelner Künstler und ihres individuellen Stils in verschiedenen afrikanischen künstlerischen Traditionen genannt (siehe z.B. Thompson 1997; Roberts 1998), oder die weitreichenden Auswirkungen wissenschaftlich fundierter Kritik an etablierten Konventionen zur Datierung von Objekten (siehe z.B. Eisenhofer 1996). Obwohl also die "Erfindung" der Afrikanischen Kunst durch ihre Benennung durchaus in einem historischen Zeitraum verortet werden kann, weist die dynamische Konzeption der kulturellen Aneignung auf die fortgesetzten Prozesse der Sinngebung hin, durch die aus vormals fremden, afrikanischen Gebrauchsgegen-ständen Objekte werden, die durch die Diskurse über sie immer tiefer in der geistigen und materiellen Kultur des Westens verwurzelt werden. 4. Rezeptionsgeschichte und die Erfindung der Afrikanischen Kunst The history of collections (not limited to museums) is central to an understanding of how those social groups that invented anthropology and modern art have appropriated exotic things, facts, and meanings. […] It is important to analyze how powerful discriminations made at particular moments constitute the general system of objects within which valued artifacts circulate and make sense. Farreaching questions are thereby raised. (James Clifford4) Will man die Art und Weise verstehen, wie und wozu soziale Gruppen sich die Dinge der Anderen angeeignet haben, so müssen die spezifischen historischen Momente betrachtet werden, in denen den Dingen Bedeutungen gegeben wurden. Diese Bedeutungen unterliegen einem Wandel, wenn das Interesse des aneignenden Milieus an den fremden Dingen sich wandelt. So entsteht im Laufe der Zeit ein Klassifikationssystem, innerhalb dessen die fremden Dinge zirkulieren und gedacht werden können (Clifford 1988: 221). In einem geschichtlichen Überblick der westlichen Wahrnehmung afrikanischer Artefakte lassen sich die unterschiedlichen Zusammenhänge erkennen, in welchen sich verschiedene soziale Gruppen unterschiedliche afrikanische Dinge aneigneten, mit Bedeutungen beluden und ihren jeweiligen spezifischen Interessen nutzbar machten. Anhand der Begriffe, mit welchen die Dinge in diesen historischen Momenten benannt und gedacht wurden, kann ihre Migration durch verschiedene Bedeutungskontexte nachgezeichnet werden. Denn die sich wandelnde Perspektive Europas auf afrikanische materielle Kultur spiegelt sich im Wandel der Benennungen materieller Artefakte wider, angefangen bei der herabwürdigenden Fetischismuszuschreibung der frühen Periode europäisch-afrikanischer Begegnungen, bis hin zum ästhetisierenden Postulat der Afrikanischen Kunst. Dabei verweisen diese Namen der Objekte nicht auf ihren afrikanischen 4 1988: 220f. Herkunftszusammenhang, sondern werfen ein Schlaglicht auf die europäische Geistes-und Kulturgeschichte, sowie auf das jeweilige historische Interesse Europas an Afrika. Im Folgenden wird also weniger in die afrikanischen Zusammenhänge geblickt, aus welchen die Objekte entnommen wurden, sondern gezeigt, wie sich Diskurse über afrikanische materielle Kultur und verschiedene Formen des Umgangs mit ihr in Europa und dem Westen herausgebildet und gewandelt haben. 4.1. Frühe negative Stereotypisierung: der "Fetisch" Verflucht sei, wer einen Götzen oder ein gegossenes Bild macht, einen Greuel für den Herrn, ein Werk von den Händen der Werkmeister, und es heimlich aufstellt! (5. Buch Mose 27) Noch bevor afrikanische Objekte in großem Umfang in die Hände und Sammlungen der europäischen Eliten gelangten, wirkten einige Objekte sozusagen noch von afrikanischem Boden aus auf intellektuelle Debatten in Europa ein. Im 15. Jahrhundert brachten portugiesische Seefahrer, Händler und Missionare von ihren Begegnungen mit den westafrikanischen Küstenbewohnern die Vorstellung des afrikanischen "Fetisch" mit. Seither hat diese Konzeption auf europäischem Boden zahlreiche Weiterentwicklungen erfahren, und sich letztlich als ein von Afrika losgelöster und allgemein gängiger Begriff verselbständigt. Zugleich stellt der Begriff "Fetisch" den Ausgangspunkt der radikalen semantischen Transformation dar, in deren Verlauf aus den zunächst ungeliebten und verachteten "Fetischen" der "Wilden" im Laufe der Zeit begehrte Sammlerstücke und Prestigeobjekte der gebildeten und wohlhabenden Eliten Europas wurden. Die mit dem Begriff "Fetisch" negativ konnotierte westliche Vorstellung der Irrationalität und des Aberglaubens Afrikas indessen, haftet vielen afrikanischen Objekten bis heute an. 4.1.1. Die europäischen Wurzeln des "Fetisch" Frühe Berichte europäischer Reisender sind häufig von Wahrnehmungsmustern gekennzeichnet, durch welche die unbekannten und fremdartigen Erscheinungen der neu entdeckten Welten stets auf bekannte Realitäten bezogen, und mit diesen verglichen werden konnten, um auf dieser Basis der Interpretation das Unbekannte begreifen zu können (dos Santos Lopes 1992: 56). So wurde auch die dem Begriff des "Fetisch" – in seinem portugiesischen Ursprung feitiço (Schneider 1891: 169) – zugrundeliegende Idee keineswegs erst im Laufe der Kulturberührung mit den Menschen Westafrikas gebildet, sondern existierte bereits zuvor. Die auf die westafrikanischen Gegenstände angewandte Vorstellung des "Fetisch" entstand im Europa des ausgehenden Mittelalters, im Zusammenhang mit der staatlichen und kirchlichen Verfolgung jeglicher Form von "Teufelsanbetung", "Hexerei" und Verwendung von "Zaubermitteln". Das aus theologischen Debatten hervorgegangene Verbot der Verehrung von "Götzen" und "gemachten Gottesbildern" schrieb König João I. von Portugal in seinem Anti-Hexerei-Edikt von 1385 fest (Kohl 2003: 15). Als knapp hundert Jahre später portugiesische Seefahrer bei ihrer Suche nach einem Seeweg in Richtung Asien mit den Bewohnern der Küsten Afrikas zusammentrafen (Bitterli 1986: 63), glaubten sie in deren religiösen Praktiken die in ihrer Heimat so verabscheute Teufelsanbetung und Idolatrie wiederzuerkennen. Ebenso, wie sie in den "satanischen" Kulten der feitiçeiros ("Hexer" oder "Teufelsanbeter") in Portugal eine verabscheuungswürdige Imitation der kirchlichen rituellen Handlungen mit heiligen Gegenständen sahen, glaubten die Portugiesen also in den mit magischen Substanzen aufgeladenen Figuren und den damit verbundenen "heidnischen" Praktiken in Westafrika eine "teuflische" Verirrung der Menschen zu erkennen. Die begriffliche Zuordnung vielfältiger Artefakte aus Westafrika zum Bereich der feitiçaria ("Hexerei" oder "Magie") durch die Portugiesen erzeugte zumindest die Illusion eines Verständnisses für die materiellen Aspekte der verschiedenen westafrikanischen religiösen Praktiken: Man wies den afrikanischen "Fetischen" einen festen Platz an der Seite der in Europa geläufigen Vorstellungen von Hexerei und Magie zu. 4.1.2. Der europäische Glaube an afrikanische "Fetische" Die abwertende Perspektive Europas auf afrikanische Artefakte verhärtete sich in einem negativ konnotierten Begriff des "Fetisch". Obwohl zu dieser Zeit der frühen Seereisen nur wenige Objekte tatsächlich nach Europa gelangten, fand der Begriff des "Fetisch" als Konzeption afrikanischer Religiosität seinen Weg in europäische intellektuelle und philosophische Debatten um den Ursprung der Religion des Menschen. In seiner 1760 anonym veröffentlichten Denkschrift Du Culte des Dieux Fétiches ou Parallèle de l´Ancienne Religion de l´Égypte avec la Religion actuelle de Nigrite prägte der französische Geograph und Historiker Charles de Brosses (1709-1777) nicht nur den Neologismus des "Fetischismus", sondern bezog ihn darüber hinaus in sein allgemeines Entwicklungsschema menschlicher Religionen mit ein. De Brosses formulierte dadurch eine Kritik an der philosophischen Strömung des Deismus, dem zufolge Erscheinungen wie der westafrikanische "Fetischglaube" lediglich eine entartete, durch Unwissen verkommene Form einer ursprünglichen und vernünftigen Religion sei (Yigbe 1996: 47). Dieser Vorstellung von der "Weisheit der Alten" stellte er ein Entwicklungsschema entgegen, in welchem die früheste Phase der Religiosität nicht durch vernünftigen und monotheistischen Glauben gekennzeichnet war, sondern durch den irrationalen Glauben an "Fetische", wie eben dem der Westafrikaner. Aus diesem Stadium konnten sich nur wenige Völker durch eine Phase des Polytheismus hindurch, und durch ständigen Zugewinn an Erkenntnis zur höchsten Entwicklungsstufe der monotheistischen Religion emporarbeiten (Kohl 2003: 72). Zu den auf niedrigerer Stufe verbliebenen Völkern gehörten demnach die Küstenbewohner Westafrikas, deren "primitive" geistige Verfassung am offensichtlichsten in ihrer Verehrung bestimmter Gegenstände zum Ausdruck kam. Der Begriff des "Fetischismus" wurde so zum Postulat einer affektbeladenen und im Grunde absurden Urform der Religiosität, welche die noch in der "kindlichen" Daseinsstufe sich befindenden "primitiven" Völker im Allgemeinen charakterisierte (Petermann 2004: 113). Auch außerhalb des religionswissenschaftlichen und theologischen Diskurses in Europa fand und findet der so aufgeladene Begriff in ethnologischen, polit-ökonomischen und auch psychologischen Debatten vielfach Verwendung (Petermann 2004: 114-118; Kohl 2003: 78-115). Eine stark negative Konnotation erfährt der "Fetisch" bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Als Ausdruck des Irrglaubens der Afrikaner an die Beherrschbarkeit der Welt durch menschlich hergestellte "Fetische", und ihrer damit einhergehenden Leugnung der Existenz eines höheren und vom Menschen unabhängigen Wesens, ist der "Fetisch" bei Hegel Sinnbild für die Menschenverachtung der "Neger". Diese äußere sich in Tyrannei, Sklaverei und Menschenfresserei in Afrika (Kohl 2003: 82). Die aus dem europäischen Kontext stammende Vorstellung des "Fetischglaubens", verhärtet an materiellen Artefakten aus Afrika, kursiert seither als negative Stereotypisierung afrikanischer Kulturen durch europäische Diskurse. 4.1.3. Die Anziehungskraft des "Fetisch" Die Assoziation materieller Artefakte aus Afrika mit dem europäischen Bild der Irrationalität, des "primitiven Aberglaubens" an "Fetische", und deren Verwendung in womöglich "blutigen Ritualen", wirkt sich in der Faszination westlicher Sammler für bestimmte Gegenstände aus Afrika bis heute aus (Price 1992: 62). Die angenommene Irrationalität und Angstbesessenheit der Hersteller dieser Artefakte assoziiert die Objekte mit westlichen Vorstellungen des vormodernen, vorzivilisierten Menschen. Diese Anziehungskraft der "Nachtseite der Menschen" (ebd.: 61) kumuliert im Begriff des "Fetisch", wie er auch in der Afrikanischen Kunst Anwendung findet. Der Kunsthistoriker Werner Schmalenbach bezeichnete noch 1972 den "Fetisch" als wichtige Gattung der "primitiven Kunst" (Schmalenbach 1972: 428), und Margaret Trowell schilderte ihren Eindruck eines "Fetisch" aus Nigeria wie folgt: Finster und streng ist dieser Fetisch, böse, feindselig und grausam. Sein Leib ist vollgestopft mit den übelbringenden Ingredienzen der Macht – Blut, Galle, Exkrementen usw. –, ein wahres Hexengebräu. (Trowell 1967: 22) Im Dezember 2004 konnte man im Online-Katalog des Düsseldorfer Kunsthändlers André Kirbach folgendes über eine "weibliche Fetischfigur der Ewe" lesen: Bei zahlreichen westafrikanischen Stämmen spielt der Fetischkult eine wichtige Rolle. Diese magisch wirksamen Objekte sind nicht allein Material, aber auch nicht Geist oder Gott. Sie sind magische Instanzen und dienen als Bindeglieder zwischen Mensch und Gott, aber auch zwischen Mensch und Teufel. (Auktionskatalog André Kirbach 20045) Afrikanische Objekte als "Fetische" zu bezeichnen, ob in einem ethnographischen oder einem Kunstzusammenhang, dringt, wie die historische Herleitung des Konzepts gezeigt hat, unter keinen Umständen zur tatsächlichen Bedeutung der Objekte für ihre afrikanischen Herkunftsgesellschaften vor. Das Wort "Fetisch" verweist nicht auf eine afrikanische Form der Religiosität, sondern auf eine 5 Siehe Internetquellen. europäische Fiktion, die auf der Grundlage unzureichenden Wissens über die tatsächlichen Bedeutungen solcher Gegenstände gebildet wurde. Entstanden war der Begriff des "Fetisch" im Zuge der Interaktionen zwischen portugiesischen Seefahrern und den Bewohnern der westafrikanischen Küste, vor dem Hintergrund in Europa stattfindender theologischer Debatten und dem Verbot jeglicher Form von "Götzendienst". Schon früh in philosophischen Debatten instrumentalisiert, wurde der Begriff nach und nach zu einem selbständigen, von seiner Beziehung zu Afrika losgelösten Konzept. Im Zusammenhang mit Objekten, die als Afrikanische Kunst ausgestellt und gehandelt werden, bleibt jedoch die Konnotation des "Fetisch" als eine Form des irrationalen Aberglaubens erhalten. Die als "Fetische" bezeichneten Dinge verkörpern in der westlich-europäischen Vorstellung alles Phantastische, Irrationale und Imaginäre der Menschen in Afrika. Durch eine mit ihr einhergehende Rhetorik der Angst, der Magie und der "heidnischen Rituale" bewirkt die "Fetischismuszuschreibung" an bestimmte Objekte der Afrikanischen Kunst heute eine durch die westliche Faszination für das "Primitive" begründete Anziehungskraft für Sammler und Liebhaber. 4.2. Sammeln aus Neugier: Die Kuriositätenkabinette Europas Wer des Höchsten grosse Wercke nur in etwas will besehen Der woll lassen sich belieben diese Blätter durchzusehen Er wird eitel Lust und Freude g´wislich drinnen treffen an Und befinden wie der Höchste sey ein rechter Wundermann (Aus dem Vorwort des Exoticophylacium Weickmannianium6) Unter den ersten Objekten, die von europäischen Reisenden ab dem 15. Jahrhundert vom afrikanischen Kontinent nach Europa mitgebracht wurden, befanden sich neben Dingen, die in Afrika für den Gebrauch in einheimischen Kontexten hergestellt wurden auch solche, die zwar von Afrikanern mit einheimischen Materialien und Techniken, jedoch im Auftrag und nach Vorlagen 6 Gedruckt 1741 von Elias Daniel Süß. der Europäer hergestellt wurden (Bassani und McLeod 1985: 246). Zu diesen Objekten gehören die so genannten afro-portugiesischen Elfenbeinarbeiten (Fagg 1959). Diese fein gearbeiteten Salz-und Pfeffergefäße, Löffel oder beschnitzten Stoßzähne aus Elfenbein (Olifanten), fanden – nach bisherigem Kenntnisstand – in ihren afrikanischen Herkunftsgesellschaften keine Verwendung, sondern wurden ausschließlich im Auftrag europäischer Seefahrer und Händler und nach deren Vorlagen von afrikanischen Schnitzern für den Export nach Europa hergestellt (Eisenhofer und Guggeis 2007: 54)7. Solche Objekte waren, trotz ihres an sich geringen kommerziellen Wertes, geeignete Geschenke für die meist adeligen Auftraggeber der Expeditionen, in deren Kunst-oder Kuriositätenkammern sie dann zur Schau gestellt wurden. Wo genau die exotischen Trophäen herkamen, und welche Bedeutung sie in ihren Herkunftsgesellschaften hatten, war dabei von untergeordnetem Interesse8. Wichtiger war die Möglichkeit, durch das Sammeln der kuriosen Objekte die eigene Neugier zu befriedigen, und durch die Präsentation der Trophäen aus den neuen Eroberungen die Inbesitznahme weiter Teile der Welt zu demonstrieren. Es ist dies der Beginn der europäischen Leidenschaft außereuropäische Artefakte zu sammeln. 4.2.1. Die Entstehung der frühen Sammlungen Das frühe europäische Interesse an afrikanischen Dingen war weder von der ästhetischen Wertschätzung ihrer Gestaltung, noch von einem wissenschaftlichem Interesse, die Welt in allen ihren Erscheinungen systematisch zu erforschen, geleitet. Es war die Faszination für die Kuriosität dieser so fremdartig anmutenden Dinge, welche die Aufmerksamkeit der europäischen Eliten geweckt hatte. Die Neugierde (Curiositas), einst von Papst Augustinus (354-430) auf die Liste der Laster gesetzt, da sie als eitles Streben nach Wissen der Todsünde des Stolzes entschieden zu nahe käme (Daston 1994: 38; Bujok 2007: 34), erfuhr um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine gewandelte Bewertung, und wurde zur Tugend der wissbegierigen frühen Neuzeit (Daston 1994: 35). Die aufgewertete Neugierde 7 Somit können diese Objekte, welche nach heutigen Maßstäben in Bezug auf die "authentische" Afrikanische Kunst als "Fälschung" oder wenigstens "nicht-authentisch" gelten würden als eine frühe Form der Export-oder sogar "Tourist-Art" bezeichnet werden (Eisenhofer und Guggeis 2007: 55). 8 In den Sammlungen wurde den Elfenbeinarbeiten meist eine "türkische", "indianische" oder "indische" Herkunft zugeschrieben, wobei nicht weiter zwischen West-und Ostindien, also Amerika und Asien unterschieden wurde. Beides galt als Synonym für "nicht-europäisch" (Eisenhofer und Guggeis 2007: 58; Bujok 2007: 31ff., 37). brachte, zusammen mit den erwachenden Bestrebungen sich die Welt geistig und materiell anzueignen, die ersten großen Sammlungen außer-europäischer und afrikanischer Dinge in Europa hervor. War die europäische Vorstellung des afrikanischen "Fetischismus" noch eine negativ besetzte Perspektive auf afrikanische materielle Kultur, so hatten die in den adeligen Sammlungen zur Schau gestellten afro-portugiesischen Luxusartikel und Kuriositäten aus Afrika und aller Welt durchaus positive Bedeutungen für ihre Besitzer: Sie waren Zeichen der sozialen Distinktion (Kohl 2003: 130) und Weltgewandtheit, und darüber hinaus materielle Erweiterungen der Identität des besitzenden Individuums. Denn neben der Wissbegierde stellte der sich im 17. Jahrhundert ausprägende besitzergreifende Individualismus den Rahmen dar, innerhalb dessen die Sammlungen des europäischen Adels verstanden werden müssen: Es entstand die Vorstellung des Individuums als "Eigentümer seiner eigenen Person" (Macpherson 1967: 15), das umgeben von seinen angesammelten Dingen und Besitztümern in Erscheinung tritt (Clifford 1988: 217). Seit der Renaissance fanden in die höfischen Schatzkammern des europäischen Adels neben zeremoniellen Gegenständen des Herrschertums (Zepter, Kronen, Gewänder, Regalia) auch Beispiele der zeitgenössischen Profankunst sowie der antiken sakralen Kunst Eingang. Aus diesen Schatzkammern bildete sich im 16. Jahrhundert eine weitere Form der Sammlung heraus, in welcher ein vielfältiges Sammelsurium von Antiquitäten, Kunstwerken, wissenschaftlichen Instrumenten, Mineralien, Fossilien, Muscheln, missgebildeten und präparierten Pflanzen und Tieren sowie "exotischen Kuriositäten" aus den entferntesten Regionen der Welt zur Schau gestellt wurde (Kohl 2003: 234). Diese sogenannten Kunst-, Kuriositäten- oder auch Wunderkammern und -kabinette entstanden in gegenseitiger Einwirkung der Konzepte der adligen Schatzkammer einerseits, und des "Studierzimmers" der humanistischen Gelehrten des 15. Jh. andererseits, in welchem das Anschauungsmaterial der Vielgestaltigkeit göttlicher Kreativität zusammengetragen wurde (ebd.). 4.2.2. Die Systematik der Sammlungen Die frühen Sammlungen des Adels und der Gelehrten waren nicht von einer wissenschaftlich-klassifikatorischen Systematik, sondern eher von einem narrativen Ansatz geprägt. Das in den Sammlungen angeordnete Material bezeugte die Ordnung und Vielfalt der Welt, ebenso, wie eine Heiligenreliquie die tatsächliche Existenz und das Wirken eines Heiligen bezeugen konnte (Pearce 1995: 115ff.). Darüber hinaus waren die in den adeligen Sammlungen ausgestellten Artefakte entlegener Weltgegenden materielle Beweise für die Unterwerfung weiter Teile der Welt durch den Besitzer der Sammlung. Eine solche Sammlung war also keine nach naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten systematisierte Lehrsammlung, sondern eine materielle Zurschaustellung der Persönlichkeit des adeligen oder gelehrten Besitzers, seiner herausragenden Bildung, seines guten Geschmacks sowie seiner bedeutenden Rolle im Weltgeschehen (Bujok 2007: 30). In dieser frühen Phase des Sammelns außer-europäischer Gegenstände hatte die Sammeltätigkeit also einen demonstrativen Charakter: Gesellschaftliche Eliten eigneten sich fremde Dinge an, wodurch sie ihre privilegierte Stellung in der Gesellschaft materiell illustrierten. Dieser demonstrative und elitäre Zug des Sammelns lebt bis heute im Zusammenhang mit dem Markt für "primitive" oder Afrikanische Kunst im Westen weiter9. Als früheste und bedeutendste Sammlung außer-europäischen Materials nördlich der Alpen galt die Kunstkammer von Herzog Albrecht V. von Bayern (reg. 15501579) in München. Etwa zeitgleich entstand die Sammlung seines Schwagers Ferdinand II. von Tirol (reg. 1564-1595) auf Schloß Ambras bei Innsbruck und die seines Neffen Kaiser Rudolf II. (reg. 1572-1612) im Hradschin in Prag (Pearce 1995: 112; Bujok 2007: 21; MacGregor 1994; Kohl 2003: 239f.). Die ganz auf die Person Albrechts V. ausgerichtete Sammlung in München fand als Musterbeispiel einer ideal strukturierten Sammlung Erwähnung in der 1565 vom niederländischen Arzt Samuel Quiccheberg (1529-1567) verfassten Schrift Inscriptiones vel Tituli Theatri amplissimi10. Quicchebergs Vorstellung eines idealen Sammlungsaufbaus lag eine ähnliche Idee zugrunde, wie dem von Giulio Camillo (1480-1544) entworfenen und erbauten Gedächtnistheater: Ein begehbarer Raum, in welchem die Ordnung der Welt und die zentrale Stellung des adeligen Besitzers der Sammlung in dieser Weltordnung durch Objekte und Bilder präsentiert wird (Pearce 1995: 113). Diese Idee füllte Quiccheberg mit dem Material der Sammlungen an, und erzeugte so eine Repräsentation der Welt im Kleinen, eine 9 Siehe Kapitel 5.3.1. 10 Im vollen Titel Inscriptiones vel Tituli Theatri amplissimi complectentis rerum universitatis singulas materias et imagines eximias. "begehbare Enzyklopädie" (Gerhards 1995: 14). Zentral in Quicchebergs Entwurf war die Darstellung der adeligen Herkunft des Besitzers der Sammlung, der als Bezugspunkt der um ihn herum angeordneten Weltordnung dargestellt wurde (Kohl 2003: 238). Der private Charakter der Sammlung trug dabei der Tatsache Rechnung, dass eine fürstliche Sammlung dieser Art keineswegs einer breiten Öffentlichkeit zugänglich war (Gareis 1990: 26). Nicht eine öffentliche und umfassende Repräsentation der materiellen Kultur einer bestimmten Weltregion war das Ziel der Ausstellung, sondern die Zurschaustellung der Gelehrsamkeit und Weltgewandtheit ihres Besitzers, wenn er seine Gäste in seine Kuriositätensammlung führte. Die Sammelleidenschaft griff im Laufe des 17. Jahrhunderts in verschiedenen wohlsituierten Milieus in Europa um sich. Nicht mehr nur der Adel, sondern auch Professoren, Kaufleute und andere Personenkreise, die sich ein solches Privileg leisten konnten, legten private Sammlungen an. Dem bereits 1580 im niederländischen Enkhuizen begründeten Kabinett des Arztes Bernadus Paludanus (1550-1633) folgten im frühen 17. Jahrhundert die Sammlungen des Medizinprofessors Olaus Worm (1588-1654) in Kopenhagen und Adam Olearius (1603-1671) in Gottorp (Schleswig); südlich der Alpen gründete in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts der Botaniker, Zoologe und Universitätsprofessor Ulisse Aldrovandi (1522-1605) in Bologna seine Sammlung, um nur einige zu nennen (Schepelern 1985; Laurencich-Minelli 1985; Jones 1994: 28). Im Hinblick auf afrikanische Objekte aber war die um 1653 gegründete Sammlung des Ulmer Patriziers und Kaufmannes Christoph Weickmann (1617-1681) eine der zu der Zeit umfangreichsten. In der zweiten Auflage der Sammlungsbeschreibung Exoticophylacium Weickmannianium von 1659 waren 122 Objekte angeführt, davon 16 mit direktem Hinweis auf ihre Herkunft aus Afrika (Jones 1994: 30). Unter diesen Gegenständen aus Afrika waren neben einigen in europäischem Auftrag hergestellten Objekten auch afrikanische Gebrauchsgegenstände. Neben fünf afro-portugiesischen Löffeln aus Elfenbein, zwei verzierten Elfenbeinarmringen, einem Schwert mit Scheide aus dem heutigen Ghana und verschiedenen Kleidungsstücken, wird auch ein hölzernes Brett aus Westafrika angeführt, welches mit "wunderseltzamen/ und abscheulichen Teufels-Bildern" (Exoticophylacium Weickmannianium: 40) verziert ist. Es wird von einigen Autoren (Vansina 1984: 3; Jones 1994: 36) mit dem Ifa-Orakel der "Yoruba" Westnigerias in Verbindung gebracht, und gilt heute als eines der ältesten dokumentierten Stücke der Afrikanischen Kunst. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts begannen sich europäische Gelehrte also auch für Gegenstände zu interessieren, die nicht für den Export nach Europa hergestellt wurden, sondern die aus alltäglichen Handlungszusammenhängen ihrer afrikanischen Herkunftsgesellschaften stammten. Doch galten diese Objekte zu dieser Zeit noch lange nicht als Kunst. Unter Bezugnahme auf europäische Vorstellungen des Okkulten, der Hexerei und der Besessenheit, galten die Objekte als Belege der vor-evolutionären "Primitivität" ihrer afrikanischen Hersteller (Paudrat 1972: 433). Hatten die frühen afro-portugiesischen Luxusartikel also noch eine positive Konnotation, da sie allein auf die Macht und Persönlichkeit ihrer adeligen Besitzer verwiesen, so brachte das Sammeln afrikanischer Gebrauchsgegenstände, durch die ihnen anhaftenden negativen Stereotype, eine andere Möglichkeit ihrer Instrumentalisierung mit sich. Die im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte an den Objekten verhärtete Abwertung afrikanischer Kulturen konnte die europäischen Bestrebungen der Missionierung und Kolonisation Afrikas legitimieren: Im evolutionistischen Weltbild des 19. Jahrhunderts konnten die als grob und hässlich empfundenen Gegenstände aus dem kulturell niedriger angesiedelten Afrika als Spiegelbild der Richtigkeit und Überlegenheit der eigenen, europäischen materiellen und geistigen Kultur instrumentalisiert werden (Pearce 1995: 339), mit welcher der afrikanische Kontinent zivilisiert werden sollte. 4.3. Sammeln in Zeiten des Evolutionismus und Kolonialismus Man entdeckte, abenteuerte und eroberte. Man kartographierte und meteorologisierte. Die Naturwissenschaften sammelten und die ethnographischen Museen schwollen an wie trächtige Flusspferde. (Leo Frobenius11) Gegen Ende des 17. Jahrhunderts ging allmählich das Interesse für die in Sammlungen privaten Charakters gezeigten Kuriositäten zurück, und viele der Objekte fielen aufgrund der oft unsachgemäßen Lagerung dem Verfall anheim (Bujok 2007: 29). Einen neuen Aufschwung erfuhr das europäische Interesse für Gegenstände aus Übersee und Afrika erst, als im Zeitalter der Aufklärung und der großen Forschungsreisen am Ende des 18. Jahrhunderts und schließlich im Zuge der europä-ischen Kolonisation Afrikas Objekte in großem Umfang nach Europa gelangten. 4.3.1. Sammeln im evolutionistischen Paradigma Die Motivation außer-europäische Artefakte zu sammeln begann sich am Ende des 18. Jahrhunderts maßgeblich zu wandeln: Es war nicht mehr die "fast kindliche Faszination für Wundersames" (Heydrich 1936: 181) der privilegierten Eliten der europäischen Renaissance, der die Objekte nun zu genügen hatten, sondern die Anforderung der Humanwissenschaften. Das erstarkende naturwissenschaftliche Credo der logischen Beweisführung auf der Grundlage empirischer, objektiver Fakten, hatte auch die Humanwissenschaften neu ausgerichtet. Für das Sammeln von Fakten und Artefakten auf Reisen bedeutete dies, dass nur eine lückenlose Dokumentation es den Wissenschaftlern in Europa erlaubte, das mitgebrachte Material zur Erstellung typologischer Vergleichsreihen und als wissenschaftliche Quellen zu nutzen (Bastian 1885: 40; Petermann 2004: 420ff.). Durch diese naturwissenschaftliche Vorgabe der Vollständigkeit wuchs der Wissensschatz in einem solchen Maße an, dass die Unübersichtlichkeit der angesammelten Fakten und Artefakte bald nach einem neuen und umfassenden Konzept ihrer Systematisierung verlangte (Petermann 2004: 416). Dieses Konzept bot das zur 11 1923: 19. Mitte des 19. Jahrhunderts dominante wissenschaftliche und kulturelle Paradigma des Evolutionismus. In den Sammlungen und Museen Europas, in welchen außereuropäische Objekte wissenschaftlich untersucht und gezeigt wurden, dominierte diese hierarchisierende Weltsicht die Arbeit der Wissenschaftler. Der Bibliothekar und königlich-preußische Hofrat Dr. Gustav Friedrich Klemm (1802-1867) lieferte mit seiner Privatsammlung und seiner publizierten Arbeit einen vielbeachteten Ansatz, um Museumsmaterial in Entwicklungssequenzen zu systematisieren (Petermann 2004: 412). Im ersten Band seines zehnbändigen Werkes Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit (1843-52) erschien der Aufsatz Fantasie über ein Museum für die Culturgeschichte der Menschheit. Darin bemängelte Klemm die Tatsache, dass die Reisen James Cooks und Alexander von Humboldts sowie die Fülle des von ihnen gesammelten ethnographischen Materials das Interesse an der Völkerkunde in Europa neu entfacht habe, jedoch keine der bestehenden Sammlungen sich der Entwicklung der Menschheit und ihrer Kulturgeschichte widmete (Klemm 1843: 355). Sein erklärtes Ziel war es deshalb, in Anlehnung an seine abgewandelte Form der Drei-Stufen-Lehre menschlicher Entwicklung12 und mit Hilfe des ethnographischen Materials der Seereisen die "Veranschaulichung der Zustände der Menschheit auf den frühesten Stufen der Cultur" vorzunehmen (ebd.). Die Arbeit Klemms, aus dessen privater Sammlung später (1873) das Leipziger Museum für Völkerkunde hervorgehen sollte, fand Anklang bei den europä-ischen Wissenschaftlern und Museumsorganisatoren, die am evolutionistischen Paradigma arbeiteten. Einer der berühmtesten unter ihnen war der einflussreiche Archäologe und Evolutionsanthropologe Lieutenant-General Augustus Henry Lane Fox Pitt Rivers (1827-1900) (Petermann 2004: 413). Seine über 15.000 Objekte umfassende Privatsammlung, zunächst in London etabliert, führte in den 1880er Jahren zur Gründung des berühmten Pitt Rivers Museums an der Universität von Oxford (Barnard und Spencer 2002: 586), das Gegore Dorsey 1899 als vollkommen der Entwicklungsgeschichte der menschlichen Kultur gewidmet beschrieb (Dorsey 1899: 464). Die am evolutionistischen Weltbild ausgerichteten Sammlungen in den noch jungen Museen Europas hatten eine in die Gesellschaft wirkende Bedeutung. Denn sie waren nicht mehr rein privaten Charakters, sondern öffentlich zugängliche Stätten, 12 1. Wildheit 2. Zahmheit 3. Freiheit (Petermann 2004: 415) in welchen das dominante wissenschaftliche und kulturelle Paradigma des Evolutionismus mit Hilfe des angeeigneten Materials illustriert und somit bestätigt wurde. Die Dominanz der westlichen Gesellschaften konnte öffentlich zur Schau gestellt und legitimiert werden, indem das außer-europäische Material in einer Werthierarchie angeordnet wurde, die sich jedoch nicht aus den Objekten selbst ergab (Ivanov 2005: 35). Sie spiegelte vielmehr den Anspruch Europas wider, sich an die Spitze der menschlichen Entwicklung zu stellen. So wurde in den Museumsausstellungen eine Weltsicht verdinglicht, in welcher die kulturelle Dominanz der europäischen Gesellschaften und ihrer Staaten postuliert wurde, indem die außer-europäischen Objekte am unteren Ende einer evolutionistischen Hierarchie der Kulturleistungen angeordnet wurden. Ebenso, wie die privaten Kuriositätenkammern der Eliten in der Renaissance zur Definition ihrer Selbst in der Gesellschaft dienten, diente also auch das Sammeln im evolutionistischen Paradigma zur Definition des Selbst – jedoch nicht eines privaten und individuellen Selbst, sondern des Selbst der noch jungen, besitzergreifenden Nationen. 4.3.2. Sammeln für den nationalen Tempel: Die frühen Museen in der Kolonialzeit Die neu gegründeten Museen bezogen häufig einen Teil ihres Grundstockes an Objekten aus den älteren Sammlungen der Fürsten und Gelehrten (Frese 1960: 7). Doch als öffentlichen Institutionen der jungen europäischen Nationen kam ihnen eine weitreichendere gesellschaftliche Bedeutung und Funktion zu als den Privatsammlungen. Als auf Dauer eingerichtete Institution stellte das staatliche Museum eine Huldigung der Nation an sich selbst dar: Dort zelebrierte sie ihre eigene Geschichte und die an ihr maßgeblich beteiligten und bedeutenden Persönlichkeiten. Und auch die Objekte aus fremden Gesellschaften konnten dem Ruhm der Nation, die den Wert dieser Dinge erst erkannt und zu ihrer Beschaffung große Opfer erbracht hatte, dienlich gemacht werden (Pomian 1993: 70). Dieser nationale Repräsentationscharakter der Museen war in der Zeit des dominanten Nationalismus und Imperialismus am Ende des 19. Jahrhunderts besonders ausgeprägt (Ivanov 2001: 353). Neben wissenschaftlichen waren es in der vorkolonialen und kolonialen Phase vor allem nationale und machtpolitische Interessen, denen die museale Sammeltätigkeit diente. Schon die Forschungs-und Eroberungsreisen, in deren Kontext Objekte aus aller Welt für die europäischen Museen gesammelt wurden, dienten den geldgebenden Regierungen nicht allein dem Prestigegewinn durch wissenschaftliche Erfolge. Ihre dringendste Absicht war vielmehr die Sicherung ihrer Interessensphären im zunehmenden Konkurrenzkampf der europäischen Großmächte um die Inbesitznahme der Welt, der in den kolonialen Eroberungen Afrikas nach der Kongo-Konferenz 1884/85 gipfelte (ebd.:354; Frese 1960: 9). Die Phase der Kolonialzeit hat unbestritten die Entstehung und Zusammensetzung der ethnographischen Sammlungen der europäischen Museen geprägt (Bergner 1996: 227; Owen 2006; Cannizzo 2002; Schildkrout und Keim 1998: 23; Paudrat 1984: 125). In Deutschland bewirkte die Kolonialzeit (1884-1914) in den – hier beispielhaft angeführten – Museen für Völkerkunde in Hamburg, Leipzig und Berlin die Zunahme ihrer Afrikabestände um 3.000, 30.000 bzw. 47.000 Objekte (Bergner 1996: 227). Einer der wichtigsten Lieferanten ethnographischen Materials insbesondere des Hamburger Museums war Leo Frobenius (1873-1938), der von seinen Reisen 1905-1907 in Zentralafrika und 1910-1911 in Nigeria und Nordkamerun an die 14.000 Objekte mitgebracht hatte (ebd.). 1876 wurde Adolf Bastian (1826-1905) zum Direktor des 1873 gegründeten Museums für Völkerkunde in Berlin ernannt (Krieger 1973: 105). Das sprunghafte Anwachsen der Afrikabestände in den hoffnungslos überfüllten Schränken des Museums entsprach dabei ganz der Vorstellung Bastians. Für ihn war das oberste Ziel der noch jungen Ethnologie, das gesamte materielle Inventar der "Naturvölker" einzusammeln und zu bewahren, da er deren Untergang als eine logische Konsequenz der fortschreitenden Evolution der Menschheit erwartete (Ivanov 2001: 358): So ist Acht zu haben, dass wie [die schriftlosen Völker], dem Entwicklungsgange der Geschichte gemäss, nacheinander in das Grab steigen, keins derselben aus dem Leben entlassen werde, ehe nicht seine Zeugen im Tempel der Völkerkunde niedergelegt sind, um dem künftigen Studium bewahrt zu bleiben. (Bastian 1881: 11) Eine solche Bevorzugung des Materials gegenüber den Menschen die es hergestellt haben, erscheint bei Bastian programmatisch für die Auseinandersetzung mit dem außer-europäischen Material in den frühen Völkerkundemuseen. Die Gesellschaften, in denen das Museumsmaterial eingesammelt wurde, galten als 28 Subjekte des Kolonialismus bereits nicht mehr als "authentische" Vertreter der "traditionellen" Kulturen13. Ihre materiellen Hervorbringungen hingegen konnten dem evolutionistischen Paradigma entsprechend in die menschliche Vergangenheit projiziert werden. Zu Beginn der musealen Auseinandersetzung mit der materiellen Kultur aus den unterworfenen und kolonisierten Gebieten wurden die Dinge aus Afrika also in einem Kontext angeeignet, in welchem sie zur Legitimation der eigenen dominanten Position in der Welt benutzt wurden (Owen 2006; Paudrat 1984). Dies geschah in einem neu geschaffenen öffentlichen Raum, dem Museum, in dem der Besucher – im Gegensatz zum Besucher der privaten Sammlungen der Renaissance – sich selbst als Besitzer (Ames 1992: 20f.) und seine eigene kulturelle Überlegenheit als Mitglied der besitzergreifenden Nation anhand der ausgestellten Objekte erfahren sollte. Darüber hinaus wurde dem ethnographischen Museum auch ein didaktischer Nutzen für das Projekt der Kolonisation zugeschrieben: Anhand des gesammelten Materials sollte die Öffentlichkeit vom Nutzen der Kolonien überzeugt werden. Außerdem konnten sich Missionare, Kolonialbeamte, Militärs und Kaufleute durch die ausgestellten Artefakte über die lokalen Gegebenheiten der zu erschließenden Ländereien informieren (Laude 1968: 89; Paudrat 1984: 128). Fragen nach den formalen Gestaltungskriterien der außer-europäischen Objekte erschienen in dieser Zeit nur am Rande, etwa in der evolutionistisch geprägten Debatte um die Anfänge der Kunst14, oder wenn ihre "Grobheit" und "Hässlichkeit" – aus der Perspektive des um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert dominanten Naturalismus in der europäischen Kunst – als Beleg für die Rückständigkeit ihrer Herkunftsgesellschaft ausgelegt wurde (Paudrat 1972: 434; Ivanov 2001: 365). Erst als zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Kritik am evolutionistischen Paradigma laut wurde, und man von der Suche nach einer universellen Entwicklungsgeschichte der Menschheit abkam, um sich stattdessen 13 "Bei den rasch eingeleiteten Zersetzungen psychischer Originalität sind treue Vertreter derselben für den grössten Teil Africa´s jetzt, wo wir sie zu wünschen beginnen, bereits unrettbar verloren gegangen." (Bastian 1884: 67) 14 Die Debatte über den Ursprung der Kunst kreiste um die Frage, ob sich aus der ursprünglich abstrakt-geometrischen die später naturalistische Darstellungsweise herausgebildet habe, oder ob die ursprünglich naturalistische Darstellung durch "Degeneration" die abstrakt-geometrische Darstellung hervorgebracht habe (Schomburg-Scherff 1986: 17; Laude 1986: 93f.). historischen Entlehnungs-, Übertragungs-und Migrationsprozessen zu widmen, rückte die formale Gestaltung der musealen Objekte, die zu diesem Zweck miteinander verglichen wurden, ins Zentrum der wissenschaftlichen Auseinandersetzung (Ankermann 1905: 54; Schomburg-Scherff 1986: 17ff.). Doch auch den Diffusionisten, die aus der geographischen Verbreitung ähnlicher Gegenstände, Stile oder Techniken Schlüsse auf kulturgeschichtliche Zusammenhänge zwischen den Weltregionen und deren Bevölkerungen zogen (Schomburg-Scherff 1986: ebd.), war die Bewertung ihres wissenschaftlichen Materials unter ästhetischen Aspekten kein Anliegen. Den Begriff der Ästhetik und den Akzent künstlerischen Wertes brachte erst die Aufmerksamkeit ins Spiel, die ein kleiner Kreis europäischer Künstler den fremden Dingen zuteil werden ließ. 4.4. Die "Entdeckung" der Afrikanischen Kunst Ich finde es so selbstverständlich, dass wir in diesem kalten Frührot künstlerischer Intelligenz die Wiedergeburt unseres Kunstfühlens suchen und nicht in Kulturen, die schon eine tausendjährige Bahn durchlaufen haben. [...] (Franz Marc15) Die semantische Transformation der afrikanischen Gegenstände in Kunstobjekte wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch die kreativen Umwälzungen besonders in der französischen und deutschen Malerei vorbereitet und begünstigt. Durch diese Neuorientierung in der Künstler-Avantgarde wurde das ästhetische Bewusstsein zunehmend erweitert, und übertrug sich im Laufe einiger Jahre von den Künstlern und ihrem Werk auf ihr Publikum und die Öffentlichkeit. Die Umwandlung ethnographischer Artefakte in Kunst ergab sich nicht durch neue Erkenntnisse in den Wissenschaften über emische Ästhetiken oder Kunsttraditionen in den "primitiven" Gesellschaften, sondern wurde durch die Absichten einiger europäischer Künstler angetrieben, welche die außereuropäischen Objekte ihren eigenen Zwecken zuführten. 15 In einem Brief an August Macke im Januar 1911 (Jooss 1998: 129). 4.4.1. Die Motivation der Künstler Die Motivation der Künstler-Avantgarde im Europa des beginnenden 20. Jahrhunderts, sich mit außer-europäischen Objekten zu beschäftigen, lag in ihrem Streben begründet, sich von den als starr, intellektualistisch und inhaltslos empfundenen Traditionen der europäischen akademischen Malerei loszulösen. Für dieses Aufbegehren hatten die Objekte der ethnographischen und kolonialen Sammlungen, die im evolutionistischen Paradigma die "Ursprünglichkeit" und "Wildheit" der Bewohner der eroberten Gebiete illustrierten, eine katalytische Wirkung. Zwar führte das Interesse der Künstler an diesen Objekten in der Langzeitfolge dazu, dass mit der "primitiven Kunst" eine neue Kategorie in der westlichen Kunstwelt geschaffen wurde. Doch wurde mit dieser Neubewertung das evolutionistische Paradigma keineswegs überwunden. Den Herkunftsgesellschaften der künstlerisch aufgewerteten Objekte gestand man keine den europäischen Gesellschaften ebenbürtige Zivilisa-tion zu. Die Stereotype, welche man sich bereits über "primitive" Lebensweisen gebildet hatte, wurden nicht hinterfragt, sondern unter umgekehrtem Vorzeichen aufrechterhalten: Gerade aufgrund ihrer "Primitivität" ging von den ozeanischen und afrikanischen Objekten der Sammlungen eine solche Faszination für die Künstler aus (Ivanov 2001: 367f.). Denn diese vermeintliche "Primitivität" bestätigte den Gegenentwurf der zivilisationsmüden Künstler-Avantgarde, die in einer Phase der rasanten Industrialisierung und Urbanisierung in Europa, und unter dem Eindruck eines neuartigen und entmenschlichenden Ersten Weltkrieges, nach dem Ursprünglichen im Leben und in der Kunst suchte. Der expliziten "Entdeckung" der afrikanischen und ozeanischen Skulpturen und Plastiken durch die modernen Maler ging das Interesse einiger Maler, Schriftsteller und Komponisten an außer-europäischen Inspirationsquellen seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert voraus (Marschall 1992: 3). In der Malerei hatten bereits die Impressionisten Neigungen zu außer-europäischen Objekten und Motiven gezeigt. Paul Gaugin (1848-1903) inspirierte sich auf Reisen nach Tahiti, Martinique und Madagaskar, und strebte durch das Studium der bretonischen Volkskunst, der Reliefs aus Ägypten und Kambodscha, und schließlich der Objekte aus Ozeanien, nach der "Erweiterung des figurativen Horizonts" (Laude 1968: 56, 83). Und auch die "Entdeckung" der Bronzekunst aus dem Königreich Benin, welche im Zuge der britischen Strafexpedition 1897 als Kriegsbeute nach Europa gelangte (Goldwater 1986: 8), und kurz darauf in London verkauft und in den folgenden Jahren im Britischen Museum ausgestellt wurde, hatte die Erweiterung des europäischen Interesses an afrikanischen Artefakten unter dem Aspekt ihrer ästhetischen Gestaltung vorbereitet (ebd. 96; Paudrat 1984: 133). 4.3.2. Die französischen Maler Die Begegnung Maurice de Vlamincks (1876-1958) im Sommer 1906 mit einigen Statuen aus dem damaligen Dahomey in einem Pariser Vorort-Bistro gilt als ein Gründungsmythos der "primitiven Kunst" (Scheckenburger 1972: 456; Paudrat 1984: 139)16. Vlaminck war zunächst nicht von der formalen Gestaltungsweise der Objekte fasziniert, sondern sah in ihnen einen instinktiven, nicht-intellektuellen Ausdruck, eine emotionale Kreativität, die seine Kritik am intellektualistischen und stets auf sich selbst bezogenen Akademismus in der Kunst des École des beaux Arts und des Louvre zu bestätigen schien (Laude 1968: 105; Laude 1972: 476). Über seinen Freund und Kollegen André Derain (1880-1954), mit dem zusammen er bereits im Musée du Trocadéro in Paris die ethnographischen Objekte gesehen hatte (Laude 1968: 157), und den Vlaminck für die afrikanischen Objekte begeistern konnte, lernte schließlich auch Pablo Picasso (1881-1973) außer-europäische Objekte zu schätzen (Laude 1972: 476). Picasso hatte zwischen 1906 und 1910 mit Derain zusammengearbeitet. Die Bedeutung Pablo Picassos für die Neubewertung der afrikanischen Objekte als Kunst ist durch sein Werk vermittelt. Sein berühmtes Bild Les Demoiselles d´Avignon (1907/08) stellt einen Wendepunkt in der modernen Malerei des frühen 20. Jahrhunderts dar. Der von Kunstkritikern in dem Bild erkannte Einfluss afrikanischer Masken auf Picassos Werk17 zog in den folgenden Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der Kunstöffentlichkeit auf die "Negerkunst" (Martensen-Larsen 1985: 257). Wenn die Auseinandersetzung der Künstler in Frankreich mit außer-europäischen Objekten auch nicht als einzige Ursache für den Wandel ihrer künstlerischen Herangehensweisen gelten kann, so gilt dennoch ihre katalytische oder bestätigende Wirkung für das Aufbegehren der Künstler-Avantgarde als unbestritten (Laude 1972: 478). Dem in der akademischen Kunst vorherrschenden Naturalismus stand die als expressiv empfundene Gestaltung der afrikanischen 16 Andere Quellen (Stepan 2006: 9) rechnen der Person Henri Matisses (1869-1954) eine größere Bedeutung in der "Entdeckung" der afrikanischen Plastik in Frankreich zu. 17 Picasso selbst gab als Inspiration für die rechten Figuren des Gemäldes, die in der Regel als von afrikanischen Masken beeinflusst gelten, iberische Vorbilder an (Laude 1972: 479). Stücke entgegen, in welcher die Künstler ihr eigenes Anliegen bestätigt fanden: nicht eine möglichst naturgetreue Abbildung eines Gegenstandes zu schaffen, sondern die Vorstellung dieses Gegenstandes, welche der Künstler in sich trägt, im Kunstwerk zu verkörpern (Schmalenbach 1972; Maquet 1979: 36; Stepan 2006: 27). Diese analytische Auseinandersetzung mit den fremden Dingen zielte dabei nicht auf ein Verständnis für die tatsächlichen Hintergründe der Gestaltung dieser Stücke ab. Gerade die Loslösung der Objekte von ihrem ethnographischen Kontext galt vielen Künstlern als Vorbedingung, um den rein künstlerischen Wert dieser Dinge sichtbar zu machen (Schneckenburger 1972: 456). Vlaminck ebenso wie Picasso galt der ethnographische Hintergrund der Objekte in ihren Privatsammlungen als irrelevant (Laude 1972: 476, 479; Stepan 2006: 12). Ihre Wahrnehmung der außereuropäischen Werke verblieb so an der Oberfläche der Stücke, und projizierte auf sie die zeitgemäßen und in der westlichen Kultur verankerten Vorstellungen der Emotionalität, "Ursprünglichkeit" und "Primitivität" der Menschen in Afrika und Ozeanien, welche sie als Bekräftigung ihres eigenen Strebens nach Vitalität und Erneuerung nutzten. 4.3.3. Die deutschen Maler Etwa zur gleichen Zeit wuchs auch unter deutschen Malern das Interesse für außereuropäische Kunst. 1905 "entdeckte" der deutsche Maler und Bildhauer Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) im Königlich Zoologischen und Anthropologisch- Ethnographischen Museum zu Dresden die beschnitzten Hausbalken von den Südsee-Inseln Palau, in deren Gestaltungsweise er Ähnlichkeiten zu seinem eigenen künstlerischen Schaffen erkannte (Schneckenburger 1972: 456). Im gleichen Jahr gründete Kirchner zusammen mit seinen Künstlerkollegen Erich Heckel (18831970) und Karl Schmidt-Rotluff (1884-1976) in Dresden die "Künstlergruppe Brücke" (Gordon 1984: 371), deren experimenteller Umgang mit den Formen und Farben in ihren Bildern einige Prallelen zu den Arbeiten der genannten französischen Maler aufwies (Alfert 1972: 387). Doch auf der Suche nach Erneuerung ihrer künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten war das Interesse der "Brücke"-Künstler an den fremden Dingen weniger von der konzeptionellen Analyse dieser Gegenstände geprägt, als vom emotionalen Eindruck, den die als "primitiv" geltenden Stücke in den Museen bei den Künstlern hinterließen (ebd.). So wurden die exotischen Objekte, beladen mit dem evolutionistischem Gedankengut der kolonial geprägten ethnographischen Museen, zum idealisierten Sinnbild der Ursprünglichkeit der "primitiven" Gesellschaften, in welchem die Hersteller der Objekte ein Leben in ständiger Nähe zu den Quellen der Vitalität (Schneckenburger 1972: 456) führten (Gordon 1984: 381, 387f.). In München waren es die Maler Wassily Kandinsky (1866-1944) und Franz Marc (1880-1916), die als Schlüsselfiguren das Interesse an der "primitiven Kunst" wach riefen. Obwohl der Einfluss außer-europäischer Quellen im Werk Kandinskys in der Kunstgeschichte häufig übersehen wird (Gordon 1984: 375), hatte er doch als ausgebildeter Ethnograph18 (Weiss 1990: 291) einen akademisch fundierten Zugang zu außer-europäischen Objekten und Kulturen. Die in dem 1912 zusammen mit Franz Marc veröffentlichten Almanach Der Blaue Reiter abgebildeten ethnographischen Objekte hatte Kandinsky zumeist aus rituellen Kontexten der Heilung, des Schamanismus oder der Erlösungsmythen ausgewählt. Durch sie konnte er seinem zentralen Anliegen zusätzliches Gewicht verleihen: Die westliche Zivilisation sollte durch ihre "ästhetische Therapierung" errettet werden (Weiss 1990: 292, 306; Jooss 1998: 130). Kandinskys Interesse für die "Negerkunst" war im Jahr 1907 im Berliner Ethnographischen Museum geweckt worden (Gordon 1984: 375), nachdem er sich zuvor bereits mit der russischen Volkskunst auseinandergesetzt hatte (Jooss 1998: 129). Es ist anzunehmen, dass er seine jungen Malerfreunde August Macke (18871914) und Franz Marc auf die Königliche Ethnographische Sammlung im Galeriegebäude in München aufmerksam gemacht hatte (Weiss 1990: 290). Marc berichtete Macke von dem tiefen Eindruck, den ein beschnitzter Kameruner Hausbalken bei ihm hinterlassen hatte19. Fortan strebte er nach einer intellektuellen Askese, um den "gesunden Instinkt für Farbe", der allen "primitiven" Völkern gemein sei, wiederzugewinnen (Gordon 1984: 376). 18 Kandinsky hatte in seiner Geburtsstadt Moskau Ethnographie studiert, und wurde 1888 Mitglied der Kaiserlichen Gesellschaft der Freunde der Naturwissenschaften, Anthropologie und Ethnographie (Weiss 1990: 293). In deren Auftrag erforschte und publizierte Kandinsky 1889 die Rechtssysteme der russischen Bevölkerung der entlegenen Vologda-Provinz, sowie die autochthone Religion der Syrjänen-Bevölkerung dieser Region (ebd.). 19 Der skulptierte Holzblock aus Kamerun steht heute im Münchner Museum für Völkerkunde und ist im Ausstellungskatalog unter Hinweis auf seine Bedeutung für die Münchner Maler abgebildet (Kecskési 1999: 116). Auch am Interesse der Münchener Künstler lässt sich also die allgemeine Tendenz der modernen Künstler Europas erkennen: Die in die Gestaltungsweisen der außereuropäischen Objekte hineininterpretierte "Primitivität" und zivilisationsferne Einfachheit wurde als sentimentale und romantisierende Antithese benutzt, mit der die zivilisationsmüde Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und Lebendigkeit zum Ausdruck gebracht, und das Aufbegehren gegen das traditionelle europäische Verständnis von Kunst angefacht werden konnte. Ihre Kunst sollte so sein wie die Kunst der "Primitiven" – die ursprüngliche Einheit von Religion, Philosophie und Kunst (Böhringer 1992: 144). 4.3.4. Die Ausweitung des ästhetischen Bewusstseins: Die Etablierung der Afrikanischen Kunst Das Interesse der europäischen Künstler an außer-europäischen Objekten entfaltete seine Wirkung in einer Periode, in der die künstlerischen Konventionen in Europa in ihrer Auflösung, und neue Stile mit neuen Orientierungen im Entstehen begriffen waren (Marschall 1992: 5). Durch die gewollte Überwindung der Sehgewohnheiten der europäischen Kunsttradition, konnten die modernen Künstler die bislang als unästhetisch und hässlich geltenden ethnographischen Objekte für ihr eigenes Anliegen nutzbar machen. Sie erweiterten auf diese Weise den europäischen Begriff der Ästhetik und unterstellten diese Ästhetik den fremden Objekten. Eine genaue Kenntnis der tatsächlichen Hintergründe der fremden Objekte war für die Künstler dabei kaum von Interesse. Sie strebten danach, sich die fremden Dinge allein unter dem Gesichtspunkt ihrer äußeren Erscheinung zu eigen zu machen (Marschall 1992: 5; Schneckenburger 1972: 456). Dem auf diese Weise erweiterten ästhetischen Bewusstsein der Künstler schlossen sich im Laufe der Zeit Kunstkritiker, Museumskuratoren, Kunstsammler und immer weitere Teile der Öffentlichkeit an. Carl Einstein (1885-1940) griff die allgemeine Begeisterung für "Afrika" im Europa des beginnenden 20. Jahrhunderts auf, und versuchte in seinem einflussreichen Werk Negerplastik (Einstein 1915) ebendiese einer möglichst breiten Öffentlichkeit ästhetisch20 zugänglich zu machen (Baacke 1992: 156). Mit seinem dezidiert ästhetischen Ansatz bespricht er dabei die in seinem Band abgebildeten Objekte aus Afrika und Ozeanien als nichts anderes als Kunst (ebd.: 153). 20 Die Ausgabe von 1915 enthält 119 Abbildungen, ohne jeglichen Hinweis auf regionale oder ethnographische Herkunft, oder die Bedeutungen der Objekte in ihren Herkunftsgesellschaften. Der Transformation der afrikanischen Gegenstände in Kunst folgte eine veränderte Präsentationsweise in den Museen Europas21. Die Objekte erhielten einen neuen Wert, als die ethnographischen Museen ihre vormals rein dokumentarischen Präsentationsformen der gewandelten und ästhetischen Perspektive auf die außereuropäischen Objekte anglichen. In den öffentlichen Institutionen erhielten die Objekte einen neuen Platz: 1919 wurde die erste kommerzielle Ausstellung "primitiver Kunst" in Paris durchgeführt, 1923 die Exposition de l´Art indigènes des colonies françaises im Pavillon de Marsan (Goldwater 1986: 9). Auf der Kolonialausstellung in Paris 1927 wurden afrikanische Skulpturen als Kunst ausgestellt und enthusiastisch aufgenommen (Gunther 1950: 291). Das Trocadéro teilte nach seiner Reorganisation 1928 die Studienräume von den öffentlichen Räumen ab, und präsentierte in letzteren "einzigartige" Stücke in zahlreichen Ausstellungen als Kunst (ebd.). Diese Unterteilung wurde auch nach der Umwandlung des Trocadéro in das Musée de l´Homme 1937-1939 beibehalten. Das Britische Museum modifizierte seine Ausstellungen von einer dokumentarischen Präsentation typischer Objektgruppen einer Region zu einer ästhetisierenden Präsentation, bei der einzelne "exzellente" Stücke isoliert und so der ästhetischen Kontemplation zugänglich gemacht wurden (ebd.). Auch das Münchner Museum für Völkerkunde änderte seine rein dokumentarische Ausstellungsstrategie zu einer "Kunst-geschichtlich-ästhetischen" Ausstellung (ebd.). Zu Beginn der 1920er Jahre integrierte der damalige Leiter des Museums Lucian Scherman (1864-1946) in die völkerkundlichen Ausstellungen Objekte, die er durch räumliche Hervorhebung und farbliche Akzentuierung der Hintergründe ästhetisch aufwertete (Gareis 1990: 111). In einer parallelen Entwicklung weiteten die bereits bestehenden Kunstmuseen, besonders in den USA, ihre Ausstellungen durch Exponate der "primitiven Kunst" aus. Die Golden Gate Exposition 1939 zeigte die "primitive Kunst" der pazifischen Kulturen, der Nordwestküstenindianer, sowie vorkolumbische peruanische und mexikanische Objekte. Das Museum of Modern Art (MoMA) in New York widmete der Kunst der nordamerikanischen Indianer eine Ausstellung, während das Young Museum in San Fransisco 1948 eine Ausstellung Afrikanischer Kunst durchführte 21 Siehe Kapitel 5.2.3. und 5.2.4. (Gunther 1950: 291). In Zürich, New York und Paris wurden Museen gegründet, die sich allein der "primitiven Kunst" widmeten (Goldwater 1986: 13). Dem Kunsthistoriker Robert Goldwater zufolge war mit der Aufnahme außereuropäischer Objekte in die Ausstellungen und Museen die Eingliederung der "Kunst" der "primitiven" Kulturen in den Kanon der Weltkunst vollbracht (Goldwater 1986: 13). Tatsächlich aber ergaben sich durch die Einführung der neuen Kategorie "primitive Kunst" neue Uneindeutigkeiten (Clifford 1988: 228), die fortgesetzter und aneignender Diskurse und Praktiken bedurften. Erst durch diese konnte auch der Afrikanischen Kunst ein sinnvoller Platz im westlichen Kunstzusammenhang zugewiesen werden. 4.5. Am Wendepunkt Der bis hierher zurückgelegte Weg hat gezeigt, dass die sich wandelnden Perspektiven des Westens auf die Dinge Afrikas stets in der westlichen Kultur-und Geistesgeschichte begründet lagen. Ohne Rückgriff auf diese westlichen Bezüge können die Zuschreibungen nicht begriffen werden. Das sich verlagernde Interesse an den afrikanischen Artefakten mündete zwar in einer radikalen Neubewertung der Dinge als ästhetisch wertvolle Kunstobjekte, doch lag diese Transformation auf der gesamten Geschichte der europäischen Wahrnehmung Afrikas auf. Denn die im Laufe der Zeit den Objekten angehefteten Konnotationen begründeten letzten Endes das Interesse der europäischen Künstler, welche an der taxonomischen Transformation maßgeblich beteiligt waren. Vermittelt durch die ästhetische Autorität der Maler vollzog sich die Zuschreibung einer weiteren Konnotation an die fremden Objekte: Sie wurden ästhetisiert und somit umgewandelt in Kunstobjekte. Diese Sinngebung in einem Kunstkontext ging jedoch nicht mit der Entdeckung bislang unentdeckter afrikanischer Ästhetiken einher, die den Gegenständen in ihren Herkunftskulturen eingeschrieben, und nun im Westen erstmals entschlüsselt wurden, sondern gliederte die bislang als grob und hässlich empfundenen Dinge in den eigenen, nun erweiterten westlichen Begriff der Ästhetik ein. Dies geschah im Zuge des radikalen Umbruchs in der europäischen Kunsttradition, der den Beginn der Moderne in der Kunst markierte, und dessen "anti-ästhetische" Strategien (Stepan 2006: 14) in ihrer Langzeitwirkung zu einer neuen Perspektive auf außer-europäische Objekte geführt haben. So wurde die Afrikanische Kunst in den westlichen Kunstzusammenhang gestellt. Hier ist sie Gegenstand fortgesetzter und aneignender Diskurse und Praktiken, bei denen die Biographien und somit die Identitäten der Objekte stets neu bewertet und verhandelt werden. 5. Die Rahmung als Kunst – Afrikanische Kunst in westlicher Gesellschaft In short, it is the frame rather than the picture which establishes the mode of appreciation we know as art. (Daniel Miller22) Die Zuschreibung eines künstlerischen Wertes durch die Künstleravantgarde in Europa ist der entscheidende taxonomische Moment der "Erfindung" der Afrikanischen Kunst. Doch der Weg der Objekte und die Konzeption dieser Kunst endet nicht an diesem Punkt. Als Kunstobjekte stehen die afrikanischen Gegenstände in spezifischen, historisch gewachsenen kulturellen und gesellschaftlichen Handlungszusammenhängen, in denen die Absichten und Zwecke der westlichen Akteure ihre weiteren Biographien formen und bestimmen. Ihre Einbeziehung in diese Handlungsfelder bringt, über das Zuschreiben eines ästhetischen Wertes hinaus, weitere diskursive und praktische Formen der Aneignung mit sich. Denn auch der westliche Kunstzusammenhang ist nicht allein durch Objekte mit transzendenten, ästhetischen Qualitäten gekennzeichnet, sondern ein gesellschaftlicher Handlungsrahmen. Die Produktion, Zirkulation, Kommodifikation und der Konsum von Kunst wird hier von Künstlern, ihren Auftraggebern und Mäzenen, wissenschaftlich motivierten Akademikern und Fachleuten, Liebhabern und Sammlern, und nicht zuletzt von einem Markt auf Dauer gestellt, auf dem die Akteure nicht allein ihren ästhetischen, sondern auch ihren sozialen und finanziellen Interessen nachgehen. In der Aneignungsperspektive stehen die Diskurse und Praktiken, durch welche die afrikanischen Gegenstände in ihr neues kulturelles und gesellschaftliches Umfeld eingepasst werden, im Mittelpunkt der Betrachtung. Durch die fortlaufende 22 1987: 101. Aneignung werden die Objekte zu Mitteln westlicher Zwecke. Egal, ob afrikanische Gegenstände in einem Museum eine "Ethnie" repräsentieren sollen, ob sie als Kunstwerke ihr Publikum verzaubern sollen, oder ob sie auf dem Markt für den Statuswettbewerb der Sammler und Händler benutzt werden – in jedem Fall werden die fremden Dinge dabei zu bedeutungsvollen Gegenständen westlicher Handlungsfelder. Hier erhalten die Objekte durch die aneignenden Diskurse und Praktiken westlicher Akteure Sinn und Bedeutung. Diese Diskurse und Praktiken greifen tatsächlich ineinander und bedingen sich wechselseitig. Zu analytischen Zwecken sollen sie hier jedoch zunächst getrennt betrachtet werden. 5.1. Klassifikationen als aneignende Diskurse Nachdem sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Perspektive des Westens auf afrikanische Objekte erneut gewandelt hatte, begannen die ersten kunstethnologischen und kunstwissenschaftlichen Untersuchungen dieser neuen Kunstform theoretische Modelle und Klassifikationskonzepte zu formulieren. Häufig ging es zunächst darum, ein ordnendes Prinzip für die Fülle an Material in den Museen und Galerien zu finden. Doch als Nebenfolge führten diese klassifikatorischen Diskurse zur Etablierung und Legitimation der Afrikanischen Kunst in der westlichen Kunstwelt. Ihres marginalen Status in den Kunstwissenschaften enthoben werden konnte die Afrikanische Kunst, indem sie wichtigen Methoden der westlichen Kunstwissenschaft zugänglich gemacht wurde (Adams 1989: 56): Eine spezifische Form der Stilanalyse wurde formuliert, und die Suche nach Künstlerpersönlichkeiten in afrikanischen Kunsttraditionen setzte ein. Das Kriterium der "Authentizität" Afrikanischer Kunstwerke gewann an Gewicht. Indem die wesentlichen Merkmale der westlichen Kunst auch für die Afrikanische Kunst postuliert und diskutiert wurden, etablierte man sie in der akademischen Kunstwelt. 5.1.1. Ein Stamm – Ein Stil Die akademische Auseinandersetzung mit der Afrikanischen Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts stand in enger Verbindung mit der Theorieentwicklung in der Anthropologie und Soziologie in Europa und den USA (Ben-Amos 1989: 2). Wenn auch die häufig noch stark vom Evolutionismus geprägten Thesen der Sozialwissenschaften dieser Periode innerhalb ihrer jeweiligen Disziplinen und auch darüber hinaus einer umfassenden Kritik unterzogen wurden, so wurden doch einige ihrer Annahmen in der westlichen Auseinandersetzung mit Afrikanischer Kunst noch lange Zeit relativ unkritisch reproduziert, und prägen zum Teil noch heute die Präsentation und Wahrnehmung der afrikanischen Gegenstände im westlichen Kontext (ebd.). So ist die Zuordnung einer "ethnischen" Herkunft der Objekte in den Museen, Galerien und Fachpublikationen eine gängige Praxis, um den Korpus fremder Dinge in einer für uns zugänglichen und verstehbaren Ordnung erscheinen zu lassen. 5.1.1.1. Das Konzept des "Stammes" Die frühe Formulierung von Stilregionen in der Afrikanischen Kunst lag der um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert geläufigen europäischen Vorstellung des "Stammes" auf, einem auch in der frühen Ethnologie häufig benutzten Konzept (Kasfir 1984: 166). Zwar ist der Begriff des "Stammes" in seiner gegenwärtigen westlichen Verwendung mit der "Ursprünglichkeit" und "Traditionalität" Afrikas konnotiert. Doch die Vorstellung vom vorkolonialen Afrika als in "Stammeseinheiten" gegliedert, welche sich durch eine homogene Kultur und eine in hohem Maße integrierte soziale und politische Struktur auszeichnen, spiegelt weniger eine afrikanische Realität, als vielmehr eine europäische Fiktion wider. Meist waren es die verwaltungstechnischen Erfordernisse der europäischen Kolonialstaaten, welche die "Stammesidentitäten" der Kolonisierten erzeugten oder festschrieben, um sie so leichter regieren, besteuern und in den kolonialen Arbeitsdienst einbeziehen zu können (Ivanov 2001: 360; Kasfir 1984: 170). Als ein Ergebnis der durch den Kolonialstaat eingeschränkten sozialen Mobilität in und zwischen den unterworfenen Gesellschaften Afrikas, erscheint die tribale Identität in Afrika eher als ein Merkmal der postkolonialen Staaten, als ein Relikt aus dem vorkolonialen, "traditionellen" Afrika (Ivanov 2001: 360f.). Ein Versuch, über die kulturellen Identitäten und die Bedeutung der "Stammeszugehörigkeit" im vorkolonialen Afrika verifizierbare, eindeutige und allgemeingültige Aussagen zu treffen, kann in diesem Rahmen nicht unternommen werden. Die Vorstellung überlappender und situationsbedingter Loyalitäten und Netzwerke zwischen den Bewohnern zum Teil weit entfernter Regionen im vorkolonialen Afrika, soll hier nur als ein mögliches Gegenargument zum kolonialen Postulat der Gliederung in homogene und politisch inte-grierte "Stämme" angeführt werden (Vansina 1984: 29; Ranger 1983: 248). Als Grundlage der Klassifikation der Afrikanischen Kunst stellt das Konzept des "Stammes" jedoch bis in jüngste Zeit ein ebenso wirkungsvolles wie auch Stereotype reproduzierendes Ordnungskriterium dar. 5.1.1.2. Die ethnische Zuordnung der Objekte Die regionale und "ethnische" Untergliederung der "kunstproduzierenden Regionen" Afrikas wurde in ihren Grundzügen durch frühe Modelle der Ethnologie vorbereitet und begünstigt, welche von deutschen und österreichischen Wissenschaftlern um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert anhand von Museumsobjekten formuliert wurden (Ankermann 1905; Gräbner 1905). In diesen später als diffusionistisch bezeichneten Ansätzen formulierten Wissenschaftler also mit Hilfe der Artefakte "Kulturkreise". Die Vorstellung kultureller Zentren, mit für den jeweiligen "Kulturkreis" typischen Kulturausprägungen, und kultureller Peripherien, in welchen sich die typischen Kulturmerkmale mit denen des angrenzenden "Kulturkreises" vermischten, wurde, vermittelt über amerikanische Anthropologen, auch auf die Formulierung von Stilprovinzen in der Afrikanischen Kunst übertragen. Dabei wurde die deutschsprachige Schule des Diffusionismus zwar aufgrund ihrer historischen Spekulationen kritisiert (Herskovits 1924: 53). Die Vorstellung der "Kulturkreise" jedoch wurde von Franz Boas (1858-1942) – ein Anthropologe der sich schon früh dem Studium der Kunst widmete – als Konzept der "culture areas" weiterentwickelt (Kasfir 1984: 167). Die von seinem Schüler Melville J. Herskovits (1895-1963) für den afrikanischen Kontinent formulierten "culture areas" (Herskovits 1924; 1930) haben sich in der geographischen Zuordnung und Benennung der Afrikanischen Kunst nachhaltig ausgewirkt. So findet sich die grobe Unterteilung in "Westsudan", "Guineaküste" und "Kongo", die Herskovits anhand charakteristischer Komplexe kultureller Merkmale vornahm, in vielen älteren Publikationen zur Afrikanischen Kunst wieder (z.B. Trowell 1954; Elisofon 1958; Zwernemann und Lohse 1985; Schmalenbach 1988). Über diese noch recht grobe Einteilung der "kunstproduzierenden Regionen" Afrikas in große geographische Stilprovinzen ging William Buller Fagg (1914-1992) hinaus. Der damalige stellvertretende Leiter der ethnographischen Abteilung des Britischen Museums stellte in seinem 1965 erschienenen Buch Tribes and Forms in African Art (Fagg 1965) einen klaren Bezug zwischen der tribalen Identität afrikanischer "Stämme" und deren künstlerischen Stilen her. Er fasste den afrikanischen "Stamm" als eine homogene, nach innen in höchstem Maße integrierte und zugleich nach außen geschlossene kulturelle und politische Einheit auf. Der jeweilige "Stammesstil" erwuchs in seiner Darstellung aus dieser charakteristischen Identität eines "Stammes" (Kasfir 1984: 171). Deshalb sei die Kunst eines jeden "Stammes" als ein geschlossenes Universum für sich zu begreifen (Fagg 1965: 11), und könne zusammen mit den linguistischen Merkmalen als das eindeutigste Kriterium von "Stammesidentität" gelten (ebd.: 13)23. Aufgrund der sozialen und kulturellen Homogenität des "Stammes" könnten seine Mitglieder auf intuitive Weise die philosophischen und religiösen Inhalte der Formensprache ihres eigenen "Stammesstils" erfassen. Außenstehende und Mitglieder anderer "Stämme" hingegen könnten, da sie nicht an der exklusiven "Stammesidentität" teilhaben, die fremde Kunst nicht "verstehen", die für sie somit völlig bedeutungslos bliebe (ebd.: 11f.). Die Grenzen eines "Stammes" seien also deckungsgleich mit den Grenzen eines "Stammesstils" (ebd.: 13f.). Zwar gilt der "Stamm" Fagg als ein dynamisches und wandelbares Gebilde (ebd.: 12), dessen Kontakte zu anderen "Stämmen" nicht zu leugnen seien. Doch diese Kontakte zwischen den Stämmen müssten sich nicht zwingend auf deren Kunst auswirken (ebd.: 14). Wo sie es doch täten, würden Mischstile entstehen, deren einzelne Komponenten sich vom Fachmann mit treffender Sicherheit auf den jeweiligen "Stammesstil" ihrer Herkunft zurückführen ließen (ebd.: 16f.). Fagg stellt anhand jeweils eines einzigen Stückes 122 verschiedene "Stämme" mit ihren charakteristischen "Stammesstilen" vor. Diese beschreibt er zuweilen als "humanistisch" (wie den der "Dan" in der heutigen Republik Elfenbeinküste) oder auch "grotesk", "abstrakt" und "aggressiv expressionistisch" ("Ngere"), und benutzt somit das Vokabular der westlicheuropäischen Kunsttraditionen, um die Merkmale der einzelnen Stile zu unterscheiden24. 23 Wie wenig jedoch die geographische Verbreitung eines Typus von Plastik und die Verbreitung einer Sprache übereinstimmen können, zeigt Vansina (1984: 31ff.) am Beispiel der in Sammlerkreisen sehr beliebten sogenannten "Reliquiar-Figuren" der "Kota" aus dem Gebiet des heutigen Gabun auf. Nicht alle Sprecher der Bakota-Sprachgruppe stellen diese Figuren her, jedoch produzieren benachbarte Gruppen mit anderen Sprachen durchaus diese Ahnenfiguren: "The facts are clear enough by themselves, only the attempt to force them into an ethnic mould clouds the issue." (Vansina 1984: 33) 24 Zur Bedeutung des verwendeten Vokabulars für die sprachliche Aneignung siehe Kapitel 5.2.4. Trotz seiner gönnerhaften Bemerkungen über den "wichtigen Beitrag", den "Afrika" mit seiner Kunst zur "Weltzivilisation" geleistet habe (Fagg 1965: 17), reproduziert und bestärkt Faggs einflussreiche Konzeption des "Stammesstils" in der Afrikanischen Kunst – durch seine Betonung der Kollektivität des "Stammes" und der Intuitivität in der "Stammeskunst" – evolutionistische Stereotype vom "primitiven Stammesleben". Durch seine Klassifikation von über 100 Stämmen anhand jeweils eines einzigen Stückes, und seine auf die europäische Kunsttradition zurückgreifende Wortwahl, reißt Fagg die Deutungsmacht in der Afrikanischen Kunst an sich und seine westliche Kennerschaft. Das so von Fagg klar formulierte Paradigma "Ein Stamm = Ein Stil" wurde in Fachkreisen bereits einer tiefgreifenden Kritik unterzogen (siehe Kasfir 1984). Das Problem der Reifizierung von "Stämmen" wird in Publikationen jüngeren Datums zu vermeiden versucht, indem der Begriff des "Stammes" mit dem der "Ethnie" ausgetauscht wird (ebd.: 171). Auch wird in Ausstellungen jüngeren Datums zum Teil versucht, das Material nach anderen Gesichtspunkten als der "ethnischen" Herkunft zu ordnen, so zum Beispiel in der von Maria Kecskési 1999 im Münchner Museum für Völkerkunde kuratierten Ausstellung "Kunst aus Afrika: Themen afrikanischer Künstler". Kecskési ordnete die Objekte neun "von den Künstlern bzw. deren Auftraggebern bevorzugten Themen" (Kecskési 1999: 6) zu, und versuchte so, sich am Inhalt der Kunstwerke, nicht an ihrer "ethnischen" Identität zu orientieren25. Doch bleiben auch in dieser Konzeption und trotz der ausdrücklichen Kritik der Kuratorin am Begriff der "Stammeskunst" (Kecskési 1999: 7) die "ethnischen" Attributionen in den Vitrinentexten und im Ausstellungskatalog bestehen: 103 Männliche Figur, Schutzgottheit Igbo, Nigeria (Kecskési 1999: 111; Hervorhebung von mir) oder: 25 Eine Diskussion, ob Themen wie "männliche und weibliche Einzelfiguren" (Kecskési 1999: 8) oder "Paare" (Kecskési 1999: 18) tatsächlich den Inhalt und die Bedeutungen wiedergeben, welche die Hersteller in ihren Produkten sahen, findet in der hier geführten Diskussion um die Aneignung der Afrikanischen Kunst leider keinen Platz. 45 Weibliche Statue blolo bla Aitu-Baule, Elfenbeinküste (Kecskési 1999: 52; Hervorhebung von mir) Während hier also die "ethnischen" Zuordnungen unkommentiert reproduziert werden, schlägt Stefan Eisenhofer, Nachfolger Kecskésis und gegenwärtiger Leiter der Afrikaabteilung des Münchner Museums, eine alternative Kennzeichnung afrikanischer Objekte vor: 199 Männerfigur / Male Figur Anonymus Herkömmliche Zuordnung: Nguni (Eisenhofer 2001: 346; Hervorhebung von mir)26 Denn: Bei der Herkunft der Stücke trägt die Bezeichnung »Herkömmliche Zuordnung« dem Umstand Rechnung, dass viele der ethnischen Klassifikationen »traditioneller« Werke fragwürdig, weil oft zu allgemein oder schlicht falsch sind. (Eisenhofer 2001: 12) Nicht nur relativiert Eisenhofer durch diese Formulierung den Gültigkeitsanspruch der "ethnischen" Klassifikationen in seiner Publikation. Durch den Begriff der "Zuordnung" wird zudem die Illusion der "ethnischen" Identität als eine den Objekten innewohnende Qualität aufgehoben, und auf die aktive Zuschreibung einer Herkunft hingewiesen: Dem afrikanischen Objekt wird ein zuordnendes Subjekt gegenübergestellt. Die Distanz zwischen den beiden wird somit erkennbar. 5.1.1.3. Stammesstile als Instrument der Aneignung Die kritische Auseinandersetzung mit den "Stammesstilen" und "ethnischen" Identifikationen Afrikanischer Kunstwerke soll nicht die Existenz vielfältiger künstlerischer Traditionen in Afrika und die ästhetische Sensibilität der sie hervorbringenden Menschen leugnen: Dass die Objekte den ästhetischen 26 Der Hinweis der Anonymität in dieser Kennzeichnung eines Objekt bezieht sich auf eine weitere Implikation des "Stammesstils" in der Afrikanischen Kunst. Die Bezugnahme auf den "Stamm" oder die "Ethnie" lässt den individuellen Hersteller des Objektes in westlicher Perspektive hinter seinem "Stamm" verschwinden. Siehe hierzu Kapitel 5.1.2. Konzepten und Präferenzen ihrer Herkunftsgesellschaften entsprechend gestaltet wurden, steht außer Frage. In der Aneignungsperspektive jedoch erscheint die Formulierung von "Stammesstilen" als ein Werkzeug, durch dass nicht nur zuvor fremde objets trouvé, Fundstücke ohne Identität und Bedeutung (Vansina 1984: 27), zu objets connu, erkannten und bedeutungsvollen Objekten, umgewandelt werden können. Neben seiner ordnenden Wirkung, offenbart das Werkzeug der "Stammesstile" einen weiteren aneignenden Aspekt der Klassifikation Afrikanischer Kunst. Denn durch die Formulierung eines Klassifikationssystems wird die Herausbildung eines spezialisierten Kunstsachver-standes in der Afrikanischen Kunst begünstigt. Der Kunstsachverstand kann allgemein definiert werden als die Beherrschung eines Klassifikationssystems, durch welches das Universum der Darstellungsformen in komplementäre und zueinander in Beziehung gesetzte Klassen unterteilt wird (Bourdieu und Darbel 2006: 69). Diesen Klassen können Objekte anhand stilistisch distinktiver Merkmale zugeordnet werden. Der Konsum von Kunst und der Kunstsachverstand sind von der erlernten Kenntnis dieses Klassifikationssystems abhängig: Das Kunstwerk als symbolisches Gut gibt es nur für denjenigen, der über die Mittel verfügt, es sich anzueignen, das heißt, es zu entschlüsseln. (ebd.) Um den Konsum Afrikanischer Kunst also zu ermöglichen, bedarf es eines klassifikatorischen Mittels. Dieses kam jedoch nicht mit den Objekten nach Europa, sondern musste zunächst einmal erzeugt werden, nachdem der künstlerische Akzent gesetzt und die sprachliche Transformation afrikanischer ethnographischer Artefakte in Afrikanische Kunst erfolgt war. Das Zitat von Bourdieu und Darbel abwandelnd, erscheint die Formulierung eines sich an abgrenzbar und homogen vorgestellten "Stämmen" orientierenden Klassifikationssystems als Erzeugung eines Mittels, sich das Kunstwerk anzueignen: Das Afrikanische Kunstwerk gibt es nur dann, wenn ein Mittel zur Klassifikation geschaffen wird, durch das es angeeignet werden kann. Über den ordnenden Aspekt eines Klassifikationsmodells hinaus, wird mit den "Stammesstilen" ein Code formuliert, welcher die Grundlage für den Kunstsachverstand in der Afrikanischen Kunst darstellt. Der so erzeugte Kunstsachverstand stellt eine Strategie der diskursiven Aneignung dar, durch welche die Afrikanische Kunst in die Kunstwelt eingeordnet, und als Kunst legitimiert werden kann. Die Existenz einer mit "Stammesstilen" befassten Kunstkennerschaft ermöglicht somit die Aufwertung der Afrikanischen Kunst in den westlichen Kunstwissenschaften (Adams 1989: 56). Nicht nur ermöglicht die Tribalisierung der Afrikanischen Kunst also, einzelne Stücke in einer Ordnung von Objekten zu verorten. Die "Stammesstile" erlauben darüber hinaus dem diesen Code beherrschenden und anwendenden Kunstkenner seine Kennerschaft durch die bedeutungsvolle Klassifikation der Afrikanischen Kunstwerke in ihrem Sammlungs-und Marktzusammenhang zum Ausdruck zu bringen. Die Suche nach den "Stammesstilen" entspringt folglich dem Willen zu Sammeln. Sie dient sowohl der Notwendigkeit, hierfür dem gesammelten Material eine sinngebende Ordnung zu verleihen, als auch der Notwendigkeit, dieser Ordnung durch die Etablierung eines Kunstsachverstandes die nötige Legitimität zu verleihen. 5.1.2. Keine Kunst ohne Künstler? Diskurse über kollektive und individuelle Urheber in der Afrikanischen Kunst [T]here is no reason why we should not adapt the convention of European art history to our use. (William Fagg27) Das Postulat der "Stammesstile" der ersten kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit Afrikanischer Kunst, brachte als fast schon zwingende Konsequenz mit sich, dass die Möglichkeit individueller schöpferischer Leistungen in den "primitiven Künsten" von vornherein ausgeblendet wurde. Die Objekte wirkten auf ihr westliches Publikum wie ein "ethnographischer Präsens": Vergangenheit, Gegenwart, Anzahl, Geschlecht und Individualität der hinter dem Kunstwerk stehenden Menschen verschmolzen zu einer einzigen Figur (oder besser: figuralen Plastik), anhand der nicht individuelles Leben, sondern allgemeingültige und vom "Stamm" kollektiv getragene Normen und kulturelle Praktiken veranschaulicht werden sollten (Price 1992: 88). 27 1969: 47. 5.1.2.1. Kollektive Urheberschaft In der westlichen Sichtweise, vom evolutionistischen Paradigma geprägt, war die "primitive Kunst" lange Zeit eine Hervorbringung des kollektiven Unterbewusstseins des "primitiven Stammes". 1926 beschrieb Ernst Vatter (18881948) in Reli-giöse Plastik der Naturvölker die kollektive Mentalität der "Stammesgesellschaft" als Grundlage ihres Kunstschaffens: Nach Durkheim und Lévy-Bruhl denkt und fühlt die Gruppe als solche, sie hat »Kollektivvorstellungen«, die sich in jedem ihrer Glieder manifestieren, aber Gemeinschaftscharakter tragen, die sich von Generation auf Generation wenig verändert vererben und nicht ohne weiteres den Gesetzen der Individualpsychologie gehorchen. Die religiösen Anschauungen sind in ausgesprochenem Maße kollektiv, und soweit sie die Kunst bedingen, sind auch ihre Schöpfungen, zum mindesten die ihr zugrundeliegenden Ideen, in erster Linie als solche der Gruppe zu werten. (Vatter 1926: 24) Die "primitive Kunst" wurzelte bei Vatter fast ausnahmslos in den religiösen Vorstellungen (ebd.: 15), und der "primitive Künstler" galt ihm, ähnlich wie der Priester im religiösen Kult, als nichts weiter als ein "Diener am Werk" (ebd.: 35). Größere Einflussmöglichkeiten hingegen gestand Franz Boas den einzelnen Künstlern der Primitive Art (Boas 1955 [erstmals erschienen 1927]) zu. Die Entstehung und den Wandel der Stile wollte er nicht allein anhand der äußeren Betrachtung der formalen Gestaltungsweisen der Gegenstände untersuchen. Boas, der stets die Bedeutung der im Feld gesammelten Daten und der Erklärungen der Einheimischen für die Anthropologie betonte (Price 1992: 89), bezog die Umstände, unter denen die Artefakte hergestellt wurden, und somit auch die Künstler in seine Untersuchung der "primitiven Kunst" mit ein. Als einer der ersten in der noch jungen Kunstethnologie lenkte er so die Aufmerksamkeit auf die nichtwestlichen Künstler selbst: We have to turn our attention first of all to the artist himself. (Boas 1955: 155) Dennoch galt ihm der traditionelle Stil in der "primitiven Kunst" als der die kreative Freiheit des Künstlers begrenzende Faktor28. Der Künstler kopiere zwar nicht lediglich bekannte Werke29, dennoch schätzte Boas seine Vorstellungskraft als eingeschränkt ein30. Dieser Befund, der Künstler in der "primitiven Kunst" könne nur innerhalb eines vom traditionellen Stil vorgegebenen Rahmens seine eigene Kreativität ausleben, sollte im Wesentlichen auch von den ersten Forschungen zur Rolle afrikanischer Schnitzer bestätigt werden. Eine frühe Ethnographie, die sich der Rolle der afrikanischen Holzschnitzer widmete, war die Arbeit des deutschen Ethnologen Hans Himmelheber (19082003). Seine 1934 in Tübingen vorgelegte Doktorarbeit mit dem Titel Negerkünstler. Ethnographische Studien über den Schnitzkünstler bei den Stämmen der Atutu und Guro im Innern der Elfenbeinküste (Himmelheber 1934) beruhte auf eigener Feldforschung. Dies sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass sich die umfassende Literatur zur Afrikanischen Kunst meist allein auf das Museumsmaterial stützte, und Feldstudien zu den tatsächlichen Umständen des Kunstschaffens in Afrika völlig fehlten (ebd.: 1). Durch die Befragung der in seiner Arbeit namentlich aufgeführten Holzschnitzer gelangte Himmelheber zu Erkenntnissen über deren Berufsausbildung (ebd.: 8), die wirtschaftlichen Motivationen des Kunstschaffens (ebd.: 13, 15), die Techniken und Arbeitsweisen (ebd.: 30) und das Repertoire ihrer Erzeugnisse (ebd.: 37). Auch zum Verhältnis der traditionellen Vorgaben und der persönlichen kreativen Freiheit äußerte Himmelheber seine Einschätzung. Dabei schrieb er dem "Negercharakter" eine allgemeine Zaghaftigkeit zu, wenn es darum ging, allzu tiefgreifende Neuerungen in der Gestaltung auszuprobieren (ebd.: 58). Die Freiheit des Schnitzers sei sowohl durch Vorgaben vom Auftraggeber als auch durch den Gebrauch, dem das Objekt zu dienen habe, eingeschränkt (ebd.: 50). 28 "[...] style has the power of limiting the inventivness of the productive artist. […]" (Boas 1955: 156) 29 "[...] primitive artists hardly ever copy. [...] The work is laid out in the mind of the maker before he begins and is a direct realization of the mental image." (Boas 1955: 156) 30 "Although the artisan works without copying, his imagination never rises beyond the level of the copyist." (Boas 1955: 157) Dem westlichen Verständnis von Kunst widersprachen diese Berichte über das Kunstschaffen in Afrika, wonach dem individuellen Produzenten nur eine untergeordnete Rolle in den künstlerischen Traditionen zukam. Denn neben der grundlegenden Technik der Stilanalyse, ist die Bezugnahme auf Leben und Werk namentlich bekannter Künstler ein weiteres wesentliches Merkmal der westlichen Kunstwissenschaft (Adams 1989: 56; Price 1992: 87). Zwar konnte in einigen Fällen belegt werden, dass die Namen und Persönlichkeiten einzelner Künstler in ihren afrikanischen Gesellschaften durchaus bekannt und auch berühmt waren (Vogel 1999: 40), doch wurde ihr Name meist nicht in Verbindung mit bestimmten Werken, die sie geschaffen hatten, memoriert (ebd.): Signaturen der Hersteller an den Objekten fehlen in fast allen Traditionen der Afrikanischen Kunst (Vansina 1984: 138). 5.1.2.2. Die westliche Suche nach individuellen afrikanischen Künstlern Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts bemühten sich westliche Fachleute vermehrt, die individuelle künstlerische Kreativität in der Afrikanischen Kunst zu entdecken: Seit den 1950er Jahren wuchs unter den Sammlern und Akademikern, die ihr Vermögen und ihren Ruf in die Afrikanische Kunst investiert und sich für deren Aufnahme in den Korpus der Weltkunst stark gemacht hatten, das Bedürfnis, ihre Begeisterung für diese Kunst zu rechtfertigen (Vogel 1999: 43f.). Für die Sammler, Kuratoren und Fachleute der Institutionen, welche die Afrikanische Kunst in den Stand der hohen Kunst erhoben hatten, war es notwendig zu postulieren, dass die Afrikanische Kunst die gleichen grundlegenden Qualitäten aufwies, wie andere, voll akzeptierte Kunsttraditionen (ebd.: 44). Dem Stereotyp der Afrikanischen Kunst als anonyme Hervorbringung eines kollektiven "Stammes", stellte man die Vorstellung des Afrikanischen Kunstwerkes als ein autonomes, der ästhetischen Kontemplation dienendes Objekt entgegen, das von einem individuellen Künstler im vollen Bewusstsein seiner künstlerischen Freiheit gestaltet worden war (ebd.). Das Verhältnis von traditionellen Vorgaben und der individuellen Kreativität rückte zunehmend in den Mittelpunkt des kunstethnologischen Interesses (Biebuyck 1969; d´Azevedo 1973). Die Variationen in den Kunststilen der "primitiven Kunst", so Daniel Biebuyck in der Einleitung des von ihm herausgegebenen Bandes Tradition and Creativity in Tribal Art (Biebuyck 1969), würden von vielen Autoren zumeist auf Unterstile des "Stammesstils", auf lokale oder Dorfstile, und in seltenen Fällen auf unterschiedliche Stilperioden zurückgeführt (ebd.: 3). Seine Absicht sei es jedoch, den Künstler und seine individuellen kreativen Möglichkeiten in der "Stammeskunst" genauer in den Blick zu bekommen. So relativierte William Fagg in seinem Beitrag zu dem Buch seine einige Jahre zuvor postulierte "Tribalität" der "Stammeskunst", und räumte dem "traditionellen Künstler" eine eigene künstlerische Individualität ein: We shall see later that the tribality of style in Africa does not restrict the individuality of the traditional african artist. (Fagg 1969: 45) Unter Ausschluss zeitgenössischer, westlich orientierter Künstler, Schnitzer für den Touristenmarkt und – selbstverständlich – Fälscher, bemühte sich Fagg ein Konzept des "echten", "traditionellen" afrikanischen Künstlers vorzulegen, das man "korrekt" wertschätzen könne (ebd.: 46). Nicht nur durch Berichte aus erster Hand über Leben und Werk einzelner Künstler, sondern auch durch stilistische Analysen könne die Hand eines "Meisters" und sein "OEvre" identifiziert werden. So ließe sich beispielsweise ein "Meister der Kaskadenfrisur" unter den Kunstschaffenden der "Baluba" identifizieren (ebd.: 50). Das Bedürfnis, in den afrikanischen Kunsttraditionen individuelle Künstler und Stile zu entdecken war also so stark, dass durch die Deutungsmacht westlicher Kennerschaft und das Instrument der Stilanalyse fiktive, "virtuelle" Künstler geschaffen wurden, in Fällen, in denen der Name des Herstellers eines umfangreichen "OEvres" nicht bekannt war. Ein Untersuchungsfeld hingegen, in dem auf Leben und Werk einzelner, namentlich bekannter Künstler eingegangen und ihre persönlichen Stile hervorgehoben werden konnte, war die Kunsttradition der "Yoruba" (LaGamma 1998: 24; siehe auch Carroll 1967; Walker 1998; Thompson 1997). Einige der begabtesten "Yoruba"-Schnitzer waren über ihr unmittelbares soziales Umfeld hinaus bekannte und nachgefragte Spezialisten, und arbeiteten häufig für weit entfernt lebende Auftraggeber. Auf ihren weitreichenden Ruf weisen die sogenannten oriki hin, Loblieder oder –gedichte, in welchen die bemerkenswerten Taten und Leistungen herausragender Persönlichkeiten der "Yoruba" memoriert werden (Thompson 1997). Die Namen von einigen wenigen Schnitzern sind auch in westlichen Sammlerkreisen und Museen bekannt und werden ihren Werken zugeordnet. Im Sonderfall der "Yoruba"-Kunst kann also einzelnen Objekten im westlichen Kunstzusammenhang der Status singulärer Kunstwerke namhafter Künstler verliehen werden. Die Frage indessen, ob die Memorierung der Taten einer erinnerungswürdigen Persönlichkeit, wie sie die oriki der "Yoruba" darstellen, notwendigerweise auch auf die Existenz eines Konzeptes des Künstlers in einer afrikanischen Gesellschaft hinweisen (Roberts 1998: 56), oder ob nicht die Namen von Auftraggebern, rituellen Experten, Besitzern und Verwendern von Objekten häufig von größerer Bedeutung sind, als die Identität ihrer Hersteller (Stokes 1999: 10; Vogel 1999), muss hier leider unbeantwortet bleiben. Die Tatsache jedoch, dass die langjährigen Forschungen im Bereich afrikanischer Kunsttraditionen zwar zu Bezeichnungen, Bedeutungen, Gebrauch und Symbolismus der hergestellten Objekte, sowie zu Ausbildung und Arbeitsweisen der Hersteller, aber nur in seltenen Fällen etwas über die Hersteller in ihrer Rolle als "Künstler" zutage gefördert haben, sollte der Übertragung westlicher Vorstellungen vom Konzept des "Künstlers" in afrikanische Gesellschaften seine Grenzen setzen31. Zwar lenkte die Suche nach individuellen Künstlern und ihren Stilen die Aufmerksamkeit in der Auseinandersetzung mit Afrikanischer Kunst vermehrt auf die Abweichungen einzelner Stücke von den weithin bekannten "Stammesstilen". Doch führten vereinzelte Erkenntnisse über Künstlerpersönlichkeiten wie die der "Yoruba" nicht zu einer generell neuen Bewertung der Rolle der Hersteller in der Afrikanischen Kunst. Das Eingeständnis der westlichen Unkenntnis über Person und Rolle afrikanischer Künstler, in Form von Vitrinentexten und Bildunterschriften wie "Künstler unbekannt" oder "Anonymus", hat sich nicht als logische Konsequenz der meist vergeblichen Suche nach individuellen Künstlern durchgesetzt. Liest man zu einigen Stücken der "Yoruba" Zuordnungen wie "Meister Olowe aus Ise (Akoko-Distrikt in Provinz-Ekiti), Yoruba, Nigeria" (Kesckési 1999: 80), so stehen dieser Angabe eine Vielzahl anonymer Zuordnungen im Stil von "Bangwa, Kamerun" (ebd.: 86) oder "Igbo, Nigeria" (ebd.: 111) entgegen. Dennoch disqualifiziert das Fehlen eines Künstlernamens zu einem afrikanischen Objekt die 31 "I would argue that, because cultures preserve the knowledge they value, any information that has so consistently eluded researchers should be taken to indicate areas of little or no cultural relevance to the people under study." (Vogel 1999: 40) Afrikanische Kunst nicht als legitimen Bestandteil der Weltkunst. "Ethnische" Identitäten werden weiterhin zugeschrieben, und die Anonymität der einzelnen Hersteller bzw. die kollektive Urheberschaft der gesamten "Ethnie" wird – meist implizit – als charakteristisches Merkmal der "echten" und "traditionellen" Afrikanischen Kunst akzeptiert. Oder wie es der Sammler Vincent Price ausdrückte: "[T]he anonymity of the creator actually enhances a work of art" (African Arts 1972: 22). 5.1.3. Authentifizierung als Aneignung A copy can be a houndred years old or it can only be a few years old, but everything is a copy of those first objects which are now in the museums and in the books. (Dramane Kabba32) Die Authentifizierung stellt die stärkste und wirksamste Klassifikation der Afrikanischen Kunst dar: Objekte oder auch Objektkategorien, denen die "Authentizität" abgesprochen wird, fallen ganz aus dem Kunstzusammenhang heraus. Doch wie kann die "Echtheit" von Kunstwerken bestimmt werden, wenn – wie bereits angedeutet – in ihren Herkunftsgesellschaften unter Umständen ein Kunstkontext gar nicht existierte, und den Gegenständen keine Künstlernamen als Garant ihrer "Echtheit" zugeordnet werden können? 5.1.3.1. "Authentizität" als zeitliche Typologisierung Die Vorstellung der "Authentizität" der Afrikanischen Kunst ist eng verbunden mit der zeitlichen Einteilung in eine "echte" und "traditionelle" Periode, und eine "unechte" weil durch westlichen Einfluss verfälschte Periode Afrikas. Es wird also eine zeitliche Grenze angenommen, die den Übergang von "traditionellen" afrikanischen Kulturen hin zu durch europäische Einflüsse kontaminierten, unauthentischen Kulturen markiert (Steiner 1994: 104; Kasfir 1992: 40). Diese Typologisierung rekurriert auf die europäische Fiktion der unwandelbaren Traditionen im vorkolonialen Afrika. In dieser stark vereinfachenden Perspektive erschienen die Lebensweisen und Kulturen der afrikanischen "Stämme" über 32 Ein Kunsthändler aus der Elfenbeinküste in den 1980er Jahren (zitiert nach Steiner 1994: 102). Jahrhunderte hinweg statisch, und begannen sich erst mit der Ankunft der Europäer zu wandeln. Dieser Wandel gipfelte in den massiven Umwälzungen afrikanischer Gesellschaften in der Kolonialzeit. Dass als typologisch-zeitliche Grenze zwischen dem "authentischen" und dem "unauthentischen" Afrika die Kolonialzeit definiert wird, muss in Anbetracht der Geschichte Afrikas als willkürliche Setzung betrachtet werden. Ebenfalls denkbar wäre eine Grenzziehung in der afrikanischen Vergangenheit am Beginn der Islamisierung oder bei der Ankunft der Portugiesen (Kasfir 1992: 43). Auch diese Ereignisse zeitigten nachweisliche Veränderungen in den afrikanischen Lebensweisen, ebenso wie die europäische Kolonisation. So gesehen gab es nie "authentische" – weil frei von jeglichen äußeren Einflüssen – afrikanische Kulturen. Die Nachfrage westlicher Sammler nach Objekten aus dem "echten", "traditionellen" Afrika schildert Fagg als romantische Motivation des Sammelns (Fagg 1969: 44): Der "moderne" Mensch im Westen sucht Sinnbilder des "Ursprünglichen" in den "echten" Stücken der Afrikanischen Kunst. Dabei gelten ihm westliche Einflüsse als störend. Wenn das romantische Motiv auch auf den ersten Blick überzeugend erscheinen mag, suggeriert es doch zu pauschale und allgemeingültige, der Sammelleidenschaft zugrundeliegende Motivationen, und vereinfacht somit zu stark. In einer ursächlicheren Perspektive ist das Kriterium der Authentizität im Prototyp des "echten" Afrikanischen Kunstwerkes begründet: Der Zeitpunkt, in dem die afrikanischen Gegenstände erstmals als Kunst wahrgenommen wurden, legt den Prototyp des "authentischen" Afrikanischen Kunstwerkes fest (Errington 1994: 219). Die afrikanischen Plastiken und Masken also, welche den Malern des frühen 20. Jahrhunderts als Inspirationsquellen, Katalysatoren oder Vorlagen gedient hatten, sind das Sinnbild und der Maßstab der "echten" Afrikanischen Kunst. Wie sehr der Prototyp des "authentischen" Afrikanischen Kunstwerkes heute nachgefragt wird, zeigt sich auf dem Markt: Stücke, denen eine Provenienz aus dem Besitz eines der namhaften Maler der Moderne nachgewiesen werden kann, gelten dort als die beliebtesten und daher teuersten Stücke33. Solche Stücke gelten als besonders authentisch, da sie alt genug sind um aus einer Zeit zu stammen, von welcher angenommen wird, dass das Über die Bedeutung des Kriteriums der Provenienz eines Stückes im Verhältnis zu seiner "Authentizität" siehe Kapitel 5.3.2.3. europäische Interesse an der afrikanischen materiellen Kultur noch keine merkbaren Einflüsse in den künstlerischen Traditionen Afrikas hinterlassen habe. Doch Einflüsse der kolonialen Verwaltung, Forschungs-und Sammeltätigkeit auf die Produktion und den Handel mit Artefakten in Afrika können schon für relativ frühe Perioden der Kolonialzeit belegt werden34. 5.1.3.2. Zur Fiktion der Authentizität Bereits in den ersten Jahren der Kolonialisation (etwa um 1880-1890) entstand im Gebiet der Avungara-Azande ein florierender Markt für Ethnographica, die von einheimischen Mittelsmännern und –frauen zum Verkauf an die kolonialen Handels-und Verwaltungsposten der Europäer geliefert wurden (Ivanov 2001: 363). Das Interesse europäischer Sammler an afrikanischen Objekten hatte also damals schon wirtschaftliche Anreize für die Menschen in den Kolonien geschaffen, Gegenstände ihrer materieller Kultur zu kommodifizieren. Ein früher Hinweis auf den Verkauf von Masken an Weiße in Nigeria geht aus den Äußerungen hervor, mit denen Paul Staudinger 1897 die durch Felix von Luschan der Berliner Gesellschaft für Völkerkunde vorgelegten "Lagos-Masken" kommentierte. Bereits zwölf Jahre zuvor, also 1885, habe Staudinger solche Masken in Nigeria im Besitz von Europäern gefunden, denen sie von Einheimischen zum Verkauf angeboten worden waren. Die Gestaltung dieser Masken sei überdies auf den Einfluss der europäischen Pappmaché-Masken zurückzuführen, welche von Kaufleuten nach Westafrika eingeführt worden waren (Staudinger 1897: 110). Sidney Kasfir schildert, wie das Verbot der britischen Kolonialverwaltung im südlichen Nigeria, menschliche Schädel für die Herstellung bestimmter Masken zu verwenden, dazu geführt hatte, dass die Knochen durch beschnitzte Holzmasken ersetzt wurden. Diese Holzmasken – nicht die vorkolonialen Schädel – werden heute als "authentische" Afrikanische Kunst im Westen gesammelt (Kasfir 1992: 42). Die Vorstellungen der Europäer und ihre Sammeltätigkeit übten also bereits früh einen Einfluss auf die materielle Kultur afrikanischer Gesellschaften aus, und schufen mancherorts auch einen wirtschaftlichen Anreiz zu ihrer Kommodifikation. Diese wirtschaftliche Motivation afrikanischer Hersteller schmälert jedoch in der europäischen Wahrnehmung ihre "Authentizität". Dem Ideal eines Objektes, das 34 Siehe auch Kapitel 4.2. von einem afrikanischen Hersteller zum Gebrauch in der eigenen Gesellschaft hergestellt wurde, und in diesem Handlungszusammenhang auch zur Anwendung gelangte, kann ein zum Verkauf an Europäer hergestelltes Artefakt nicht genügen. 5.1.3.3. Spuren der Authentizität an den Objekten Das bei genauerer Betrachtung unhaltbare Vorher-Nachher-Raster der rein zeitlich typologisierten Authentizität wird durch ein Konzept zu erweitern versucht, das weitere Faktoren als nur das Alter eines Objektes mit einbezieht. So gilt auch der tatsächliche Gebrauch eines Objektes in einem "echten" afrikanischen Handlungszusammenhang als ein Kriterium seiner Authentizität. In diesem Sinne formulierte der britische Kunsthistoriker Frank Willett 1976 anhand der Kriterien der Herkunft, Intention und Stilistik des Produzenten und des Gebrauchs seines Produktes in traditionellen Zusammenhängen ein abgestuftes Modell der Authentizität. Als "authentischste" Objekte gelten bei ihm solche, die allein im lokalen Stil konzipiert, hergestellt und im einheimischen Kontext des Herstellers verwendet worden sind. Objekte, die vor ihrer Verwendung an Sammler verkauft wurden, gelten ihm als weniger authentisch. Darunter angesiedelt sind solche Artefakte, die zwar im einheimischen Stil von einem einheimischen Hersteller produziert worden sind, jedoch von vornherein für den Verkauf an Ausländer bestimmt waren. Es folgen Objekte, die im Auftrag von Europäern von Afrikanern in ihrem eigenen Stil hergestellt worden sind, solche, die im Auftrag von Europäern durch afrikanische Hersteller in einem anderen als ihrem eigenen Stil produziert worden sind, bis schließlich als wirkliche "Fälschungen" solche Stücke bezeichnet werden, die von Ausländern in einem afrikanischen Stil und zum Verkauf an andere Ausländer als authentische Objekte hergestellt worden sind (Willett 1976: 8). Der für eine Einordnung in die "authentischste" Klasse der westlichen Wertschätzung ausschlaggebende Gebrauch in der Herkunftsgesellschaft wird in Form der Gebrauchsspuren, der Patina an den Objekten, von westlichen Sammlern hoch bewertet (MacClancy 1988: 170). Die Abnutzungen an den Stücken gelten als Beleg, dass sie tatsächlich verwendet worden waren. Dadurch sind sie in westlicher Vorstellung noch stärker mit dem "traditionellen" Afrika assoziiert. Die Faszination für die "Authentizität" richtet sich also auch auf den anthropologischen Kontext, dem die Stücke entstammen. Ein Sammler fragt nicht nur ein materielles Objekt auf dem Markt für Afrikanische Kunst nach, sondern wünscht sich darüber hinaus ein Stück der "Anthropologie" dieses Objektes zu besitzen (Povey 1975: 6; Hammersley Houlberg 1976). Doch ist der Gebrauch in "echten" afrikanischen kulturellen Praktiken alleine kein hinreichendes Kriterium "authentischer" Afrikanischer Kunst. Marilyn Hammersley Houlberg veranschaulicht diesen Umstand anhand der ere ibeji-Figuren, welche im Zusammenhang mit dem Tod von Zwillingsgeschwistern bei einigen "Yoruba" in Nigeria zur Anwendung kommen (Hammersley Houlberg 1973; siehe auch Thompson 1971; Chappel 1974; Stoll und Stoll 1980). Als etwa dreißig Zentimeter große Holzstatuen stellen die ere ibeji in Europa beliebte und auf dem Markt für Afrikanische Kunst zum Teil hoch bewertete Sammlerstücke dar. Die von Sammlern so geschätzte Patina weist auf den jahrelangen Gebrauch der Figuren im "Kult" hin: Opferungen und Waschungen gehören zum regelmäßigen Umgang mit den ere ibeji (Stoll und Stoll 1980: 68f.). Die Verwendung von Holzfiguren zur Memorierung verstorbener Zwillinge unterlag im Laufe der Zeit jedoch einem Wandel. Unter dem Einfluss des Christentums und insbesondere des Islam in Nigeria gaben die Mütter verstorbener Zwillinge immer vereinfachtere und nur mehr entfernt an menschliche Formen erinnernde Figuren bei den Schnitzern in Auftrag (Hammersley Houlberg 1973: 26). Auch bunte Plastikpuppen wurden von einigen Frauen zur Repräsentation ihrer verstorbenen Kinder verwendet (ebd.). Ere ibeji, die nicht in Form einer Figur, sondern durch eine Fotografie den verstorbenen Zwilling repräsentieren, wie es seit den 1950er Jahren praktiziert wird, entfernen sich schließlich völlig von der westlichen Vorstellung "figuraler Plastik". Dabei rühren die materiellen Wandlungen der kulturellen Praktiken nicht an deren Authentizität: Der Gebrauch von Plastikpuppen oder Fotografien gilt im emischen Kontext als ebenso wirksam oder authentisch wie die Verwendung von Holzfiguren. Aber qualifizieren sich diese "echten" und im "Kult" verwendeten Objekte (Plastikpuppen, Fotos) auch als sammelbare Afrikanische Kunst? Bis auf das Interesse einiger weniger Sammler, die neben Holzfiguren auch Fotografien aus dem ere ibeji-Zusammenhang sammeln (Hammersley houlberg 1976: 19), blieben diese Artefakte eines authentischen afrikanischen Handlungszusammenhanges bislang außerhalb des westlichen Kunstzusammenhanges. Gleichzeitig mit dem materiellen Wandel der tatsächlich benutzten Zwillingsrepräsentanten, werden in den städtischen Zentren Nigerias "traditionelle" ere ibeji-Figuren zum Verkauf an Touristen gefertigt (ebd.). Das heißt "echte" afrikanische Schnitzer stellen Figuren in einem bestimmten "Stammesstil" her, dessen "ethnische" Identität sie nicht notwendigerweise teilen. Die Figuren sind aber nicht zum Gebrauch in "traditionellen" Handlungszusammenhängen bestimmt, sondern zum Verkauf an Touristen, und qualifizieren sich somit nicht als "authentische" Afrikanische Kunst. Würden diese "unauthentischen" Figuren jedoch von nigerianischen Eltern zur Repräsentation ihrer verstorbenen Kinder gekauft und verwendet, wäre die Frage nach der "Authentizität" ad absurdum geführt (ebd.). Die Komplexität der Authentifizierung der Afrikanischen Kunst, wie sie hier kurz angedeutet worden ist, erwächst aus dem Umstand, dass die "Echtheit", ebenso wie der "Stammesstil", kein aus den inhärenten Qualitäten der Objekte herauszulesender Fakt ist, sondern ein aus der westlichen Motivation zu sammeln erwachsendes Klassifikationskonzept. Die "Authentizität" der Afrikanischen Kunst ist ein Produkt der kunstwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ihr (Steiner 1992: 18). Sie stellt, mehr noch als die "Tribalisierung" ihrer Stile, den Kern der europäischen Fiktion der Afrikanischen Kunst dar: Es gelten diejenigen Stücke als besonders wertvoll, weil "authentisch", die aus der vorkolonialen und kolonialen Periode stammen – einer Zeit, zu der man in Europa auf die künstlerischen Aspekte der afrikanischen Artefakte noch nicht aufmerksam geworden war. "Authentische" Afrikanische Kunstwerke sind demnach solche Objekte, die aus einer Periode stammen, in welcher sie in Afrika nicht als Kunst hergestellt und in Europa nicht als Kunst wahrgenommen wurden. Zu Kunst wurden die Objekte erst rückblickend gemacht. Die Kriterien, denen ein Stück genügen muss, um diese Wandlung zu vollziehen und als "authentisch" gelten zu können, liegen in der Deutungsmacht westlicher Kenner und Experten. Diese Qualitäten haben nichts mit den unterschiedlichen afrikanischen Vorstellungen über die Echtheit, Brauchbarkeit oder Wirksamkeit der Dinge zu tun. Sie müssen vielmehr als Schwellenwerte verstanden werden, durch welche die westliche Kennerschaft den Zugang von afrikanischen Gegenständen zur westlichen Konzeption der Afrikanischen Kunst regulieren kann. 5.2. Präsentation und Rezeption als aneignende Praxis Über die Zuschreibung ästhetischer und Kunstqualitäten hinaus ist der konkrete Umgang mit den Objekten grundlegender Bestandteil der Aneignung der Afrikanischen Kunst. Durch unterschiedliche Ausstellungsstrategien kann die Wahrnehmung der afrikanischen Objekte als ethnographische Artefakte oder als Kunstwerke beeinflusst werden. Die Präsentation als Kunst bindet die Objekte in ästhetisierende Praktiken ein, durch welche die westliche Vorstellung von Ästhetik für die Afrikanische Kunst in die Tat umgesetzt wird. Dabei werden nicht allein visuelle Techniken angewandt, sondern auch sprachliche Strategien verfolgt, um einen ästhetisierenden Zugang zu den Afrikanischen Kunstwerken zu schaffen. Es wird deutlich, dass die kulturelle Identität der Ausstellung, der entsprechend afrikanische Gegenstände als ethnographische Artefakte oder als Kunst präsentiert werden, ein den Kunstzusammenhang definierendes Merkmal ist. In diesen praktischen Kunstzusammenhang gestellt, wird die Afrikanische Kunst von einem Postulat zur Realität. 5.2.1. Die kulturelle Identität der Ausstellung [A]n exhibition in which a museum presents the artefacts of another culture may itself be examined as an artefact of our own. We look for the unintended messages conveyed along with the official ones. (Michael Ames35) Museen und Ausstellungen, als kulturelle Hervorbringungen der westlichen Gesellschaften, stellen keinen neutralen und machtfreien Raum dar, in dem objektive Realitäten dargestellt werden können. Gerade die museale Praxis in Bezug auf außer-europäisches Material gab und gibt Anlass zur Reflektion über die Motivationen und Intentionen der Ausstellungsmacher, und die politischen und ethischen Implikationen des Museums generell (Clifford 1988; Karp und Lavine 1991; Ames 1992; siehe auch Pearce 1995). Dabei tritt das Museum zunehmend als ein soziales Artefakt der westlichen Gesellschaften in Erscheinung (Cannizzo 2002: 382), dessen kulturelle Geprägtheit auch im Aufbau und der Darstellungsweise der 35 1992: 44. Exponate zutage tritt. Diese kulturelle Identität einer Ausstellung beeinflusst die Sinngebung ihres Inhalts, indem durch die Ausstellungskonzeption bestimmte Akzente gesetzt und bestimmte Blickwinkel forciert werden, während andere mögliche Perspektiven nicht begünstigt oder gar vermieden werden. In der Perspektive der ethnographischen Ausstellung erscheinen die Exponate als ethnographische Objekte (Kirshenblatt-Gimblett 1991: 387). Ihre Bedeutungen in ihrem Herkunftskontext, der durch die Ausstellung dargestellt werden soll, wird betont, wohingegen die Betrachtung der Objekte unter rein ästhetischen Gesichtspunkten nicht begünstigt wird (Price 1992: 127). Die Kunstausstellung hingegen verfolgt eine andere Strategie, und erzeugt eine ästhetisierende Wahrnehmung ihrer Exponate, die sie als Kunst erscheinen lässt. Diese beiden hier gegenübergestellten Ausstellungsformen schließen sich nicht grundsätzlich gegenseitig aus. Sie können in unterschiedlichen Anteilen aus Ausstellungsräumen und -katalogen herausgelesen werden. Jedoch können ihre im Kern unterschiedlichen Klassifikationskonzepte (Clifford 1988: 226) freigelegt, und zu analytischen Zwecken voneinander abgetrennt und gegenüber gestellt werden. So kann das aneignende Moment von Kunstausstellungen, die sich außereuropäischen Gegenständen widmen, herausgearbeitet werden. 5.2.2. Strategien der Exotisierung und der Assimilierung In der ethnographischen Ausstellung wird ein Objekt als ein Dokument seiner Herkunftsgesellschaft präsentiert (Kirshenblatt-Gimblett 1991: 390). Es weist von sich selbst auf seinen Herkunftskontext, der durch umfassende Texttafeln, Audioguides, Fotografien oder Führungen repräsentiert werden soll. Die Bemühungen, durch die Kontextualisierung die Eigenschaften und die Bedeutungen des Gegen-standes für seine Herkunftsgesellschaft zu erläutern, können dabei eine Distanzierung des Objektes von seinem Betrachter bewirken. Denn die so vermittelten kulturellen Bedeutungen des Exponats weichen meist von der eigenen und bekannten materiellen Kultur des westlichen Betrachters ab. So wird ein exotisierender Eindruck des gezeigten Materials erzeugt (Karp 1991: 10): Zwar ist das Exponat als Museumsobjekt im Besitz einer westlichen (meist staatlichen) Institution, doch bleibt es ein Dokument der Anderen. Eine assimilierende Strategie dagegen hebt die Ähnlichkeit der fremden Dinge mit der eigenen und bekannten materiellen und geistigen Kultur hervor (ebd.). Eine solche Strategie liegt der Eingliederung außer-europäischer Artefakte in den westlich definierten Kunstkanon zugrunde. Die unterschiedlichen kulturellen Identitäten der Objekte, ihre Bedeutungen und Verwendungen in den Herkunftsgesellschaften werden verschwiegen, und ihre äußere Ähnlichkeit mit der bekannten Kunst in den Vordergrund gespielt. Dadurch wird eine rein visuelle Wahrnehmung der Objekte begünstigt, wie sie für die Wahrnehmung westlicher Kunstwerke kennzeichnend ist. Die einflussreiche und nicht unumstrittene36 Ausstellung "»Primitivsm« in 20th Century Art: Affinity of the Tribal and the Modern"37 (Rubin 1984) kann hier als Extremfall einer assimilierenden Ausstellungskonzeption angeführt werden (Karp 1991: 12). Zwischen den modernen und den tribalen Künstlern sollten (fiktive) Verwandtschaftsbeziehungen hergestellt werden, indem die kulturellen Hintergründe der ausgestellten außer-europäischen Objekte ausgeblendet, und ihre äußere Ähnlichkeit mit den Werken der Künstler der Moderne in den Vordergrund gestellt wurde (ebd.). Durch die Konzentration allein auf die äußere Form konnte den fremden Dingen die bekannte Ästhetik der westlichen Kunst unterstellt, und somit ein gemeinsamer Nenner (Clifford 1988: 193) geschaffen werden, der ihre Eingliederung in den Kunstkanon legitim erscheinen ließ. Die Assimilierung fremder Objekte in den Kunstkontext wird in einer Kunstausstellung also erreicht, indem ein Blickwinkel erzeugt und aufrechterhalten wird, welcher die Aufmerksamkeit des Betrachters ganz auf die äußeren Qualitäten der Objekte lenkt, und diesen Qualitäten in einem Idiom der Ästhetik einen die Perspektive legitimierenden Ausdruck verleiht. 5.2.3. Strategien der visuellen Ästhetisierung Wie sehr die Strategie einer Ausstellung die Wahrnehmung ihres Inhalts beeinflusst, versuchte die Kunsthistorikerin Susan Vogel in der Ausstellung "ART/artifact"38 ihrem Publikum vor Augen zu führen (Vogel 1989)39. Zentrales Thema der Ausstellung waren die Effekte unterschiedlicher Ausstellungsformen und deren wechselseitige Beziehungen mit den Erwartungen und Sehweisen des 36 Siehe Clifford 1988: 189-214; siehe auch Jones 1993: 204ff. 37 1984 im Museum of Modern Art (MoMA) in New York. 38 Eröffnet 1988 im Center for African Art in New York. 39 Die Ausstellung muss auch als eine Reaktion auf die Ausstellung "»Primitivism« in 20th Century Art: Affinity of the Tribal and the Modern" von William Rubin und Kirk Varnedoe verstanden werden. Publikums. Vogel veranschaulichte, inwiefern die durch die Ausstellungskonzeption erzeugten Sehweisen die Wahrnehmung und Sinngebung der ausgestellten Dinge beeinflussen können (Vogel 1989: 11; Faris 1993: 206). Entsprechend den fünf thematischen Ausstellungsräumen, welche den Kontexten der Kunstgalerie, dem afrikanischen Herkunftskontext40, dem Kuriositätenkabinett, dem naturgeschichtlichen und schließlich dem Kunstmuseum nachempfunden waren, variierte Vogel die Darstellungsweisen der Exponate (Vogel 1989: 198). Den Kunstzusammenhang erzeugte Vogel indem sie die afrikanischen Objekte so zeigte, wie Afrikanische Kunst in einer Galerie oder einem Kunstmuseum präsentiert wird: Ein weitgehend kahler Raum und nur minimale Informationen zu den Objekten sollten die Aufmerksamkeit der Betrachter nicht von der rein ästhetischen Wahrnehmung der Exponate ablenken. Die Objekte wurden jeglichen Bezuges zu ihrer Herkunft entledigt, räumlich voneinander isoliert und gezielt beleuchtet präsentiert. So wurde beispielsweise ein zusammengerolltes Jagdnetz der Azande nicht als Gebrauchsgegenstand, sondern als ein rein ästhetisches Kunstwerk ausgestellt. Die Kommentare von Kunstsammlern, welche die Ausstellung gesehen und bei Vogel und einigen Kunsthändlern die Verfügbarkeit eines solch "fabelhaften" Jagdnetzes nachgefragt hatten, führt Vogel als Beleg für die Effektivität dieser Umwandlung an (ebd.). Die Struktur seines Umfeldes hatte das praktische Jagdnetz ästhetisiert, und zu einem transzendenten Kunstwerk gemacht. Die Verweigerung der Informationen über Herkunft, Gebrauch, Bedeutung, Material und Alter des Objektes seitens der Kuratorin, machte es dem Betrachter unmöglich, sich durch das Objekt eine Vorstellung von seinem Herkunftskontext zu machen; zugleich zwang diese Isolation dem Betrachter eine rein visuelle Wahrnehmung des Exponates auf (Alpers 1991: 29), und ermöglichte ihm nur die Kontextualisierung und Sinngebung des Objektes in seinem gegenwärtigen Ort: Dass Exponat wurde zu Kunst, weil es in einer Kunstausstellung als Kunst ausgestellt wurde. Die Loslösung der Objekte von ihrem ethnographischen Hintergrund zielt auf eine rein perzeptuell-emotionelle Reaktion beim Betrachter ab: Die ästhetischen 40 Der afrikanische Kontext sollte durch ein ungeschnittenes und unkommentiertes Videoband repräsentiert werden, auf dem der Gebrauch eines Ahnen-Gedenk-Pfostens in einer Feierlichkeit in einem ostafrikanischen Dorf zu sehen war. Solche Gedenkpfosten waren in allen Räumen der Ausstellung zu sehen. Ihre tatsächliche Bedeutung jedoch, so Vogel, erschließe sich nur dem Mitglied seiner Herkunftsgesellschaft (Vogel 1989: 198) Qualitäten des Kunstwerkes sollen für sich selbst sprechen (Price 1992: 126f.). Die Vorstellung des rein ästhetischen Wertes eines Kunstwerkes, das allein der visuellen Kontemplation zu dienen habe, stellt den Kern der westlichen, traditionellen Konzeption von Kunst dar. Das Kunstwerk gilt – seit Immanuel Kants (1724-1804) Äußerungen über die Interessenlosigkeit des Wohlgefallens (Kant 1959: 40), und der von Georg Wilhelm Friedrich Hegel formulierten Erhabenheit der ästhetischen Empfindung (Hegel 1970: 70f.) – als von jedem praktischen Gebrauchswert frei, funktionslos und allein seiner ästhetischen Wirkung verpflichtet (Schomburg- Scherff 1986: 26; Stoller 2003: 210). In dieser Perspektive wird nun auch deutlich, in welchen Kunstbegriff die Afrikanische Kunst eingegliedert wird: Der westliche Kunstzusammenhang negiert notwendigerweise die (geistige, materielle, religiöse, politische, soziale) Instrumentalität der afrikanischen Objekte (Steiner 1994: 159), um sie der rein visuellen, ästhetischen Bewertung zugänglich zu machen. Der visuelle Wert, den die Objekte dabei erhalten, ignoriert ihre eigentliche kulturelle Bedeutung in ihren Herkunftskontexten, und macht sie zum Gegenstand einer kulturell definierten Form der Praxis der westlichen Gesellschaften – und somit zu kulturell bedeutungsvollen Objekten unserer Gesellschaft. 5.2.4. Strategien der textlichen Ästhetisierung Auch durch erläuternde Vitrinentexte und Katalogeinträge wird die Aufmerksamkeit des Betrachters ganz auf die visuellen Aspekte der Exponate gelenkt. Hier wird jedoch nicht lediglich das wiederholt, was ohnehin schon zu sehen ist (Faris 1993: 210). Die Seherfahrung wird vielmehr durch ein begriffliches Raster geleitet, das einen visuell-ästhetisierenden Zugang zu den fremden Formen schafft, und so erst einen mentalen Rahmen erzeugt für das, was gesehen werden kann: 113 Weibliche Wächterfigur [...] Die kegelförmigen Brüste verstärken den Kontrast zwischen den kubischen und naturalistischen Tendenzen, die sich einerseits im walzenförmigen Körper, andererseits in den muskulösen, mit rundlichen Formen ausgestatteten Beinen äußern. Das Gesicht ist spitzoval mit vorgewölbter Stirn. [...] Künstlerisch unbefriedigend ist die Darstellung der Hände. (Kecskési 1999: 122f.) 114 Männliche Wächterfigur [...] Ein bedeutendes Beispiel für den überwiegend geometrisch-kubischen Ngumba-Stil: Hals und Rumpf sind geradlinig zylindrisch, die eckigen Schultern, die senkrechten Oberarme und die waagrechten Unterarme bilden ein geschlossenes Viereck; die massiven Beine weisen – im Gegensatz zum Körper – Rundungen auf. (Kecskési 1999: 123) Die Texte zu den zwei Objekten (jeweils sogenannte Wächter-oder Reliquiarfiguren aus dem südlichen Kamerun) geben dem Betrachter den entscheidenden Hinweis, worauf er in seine Aufmerksamkeit richten soll. Der ästhetische Akzent wird textlich festgehalten, den Objekten regelrecht zugeschrieben, und erhält somit eine die Betrachtung anleitende Autorität. Der Blick des westlichen Betrachters tastet die Oberflächen der Exponate ab, und ordnet ihrer Struktur Begriffe aus dem eigenen ästhetisch-künstlerischen Vokabular zu: kegelförmig, kubisch, naturalistisch, walzenförmig, spitzoval, geometrisch-kubisch, zylindrisch, eckig, waagrecht, Viereck, Rundungen. Dadurch wird die fremde Form der eigenen, kulturell geprägten Sehweise und Vorstellung von Ästhetik und Kunst zugänglich gemacht41. In der visuellen und textlichen Ästhetisierung bleiben die Sehweisen der afrikanischen Hersteller und die visuellen Akzente, welche sie unter Umständen auf völlig andere Aspekte der äußeren Form ihrer Objekte gelegt haben, unzugänglich und irrelevant. Entscheidend dagegen ist, dass durch die textliche und visuelle Ästhetisierung dem Betrachter ein "rein ästhetischer" Zugang zu den fremden Objekten geschaffen wird, welcher die Bewertung und Aneignung der Gebrauchsgegenstände als Kunst begünstigt. Dass diese "rein ästhetische" Perspektive keine objektive, natürliche und "unschuldige" Perspektive (Wendl 2004: 36) ist, wird zum einen deutlich, wenn die Verwurzelung des Konzepts der Ästhetik in der westlichen Kultur-und Geistesgeschichte mitgedacht wird, und zum anderen, wenn die sozialen und wirtschaftlichen Implikationen des Postulats der "Ästhetik" in den Prozessen der Kommodifikation afrikanischer Dinge auf dem Kunstmarkt näher betrachtet werden. Bis hierher ist jedoch bereits klar geworden, dass Ausstellungen und die ihnen zugrundeliegenden Strategien entscheidend und praktisch an der Konstruktion und Dieser Übersetzungsarbeit widmete Susan Vogel (zusammen mit dem Fotografen Jerry L. Thompson) die Ausstellung und den Band Closeup: Lessons in the Art of Seeing African Sculpture. Ihr erklärtes Ziel war es, einen visuell-ästhetischen Zugang zu afrikanischen Skulpturen durch die "richtige" Sehtechnik zu schaffen: "Here we shall dissect the order embedded in African sculpture, cut open the structures, and study the rules of ist strange geometry." (Vogel 1990: 75). Wahrnehmung Afrikanischer Kunst beteiligt sind. Die Möglichkeit der Transformation afrikanischer Gebrauchsgegenstände in Kunst ist nicht durch ihre eigene Herkunft und Identität gegeben, sondern ein Ergebnis der in der kulturellen Identität der Ausstellung begründeten Strategien, durch welche sie präsentiert werden (Price 1992: 129). 5.3. Kommodifikation als aneignende Praxis Durch die aneignenden Diskurse, durch welche der Afrikanischen Kunst die im Westen relevanten Kunstmerkmale zugeschrieben werden, und die aneignende Praxis in institutionalisierten Ausstellungen, durch welche diese Kunstqualitäten realisiert und präsentiert werden, sind die afrikanischen Gegenstände in die westliche Konzeption von Kunst einbezogen. Ein wichtiges Merkmal dieser Konzeption ist neben der ästhetischen Bewertung von transzendenten Kunstwerken, die monetäre Bewertung von Kunst als Ware auf dem Kunstmarkt. Denn auch die westliche Kunst entstand nicht ohne enge Verbindungen zu einem Kunstmarkt, der durch wirtschaftliche Anreize die Produktion und die Zirkulation von Kunstwerken ermöglichte und auf Dauer stellte (Stoller 2003: 212; Errington 1998: 10). Somit ist die Kommodifizierung afrikanischer Objekte auf dem Kunstmarkt eine logische Konsequenz und ein weiterer Schritt in ihrer Transformation in Kunst durch aneignende Diskurse und Praktiken. Der Handel auf dem Markt stellt dabei eine recht konkrete Form der Aneignung dar. Der Markt für Afrikanische Kunst ist ein eigenes soziales Netzwerk, in dem die den Kunstobjekten zugeschriebenen Identitäten und Qualitäten bewertet und mobilisiert werden. So wird nicht nur wirtschaftlicher Wert erzeugt und ausgetauscht, sondern auch das soziale Netz geknüpft und gefestigt. Zu diesem sozialen Netzwerk werden die Afrikanischen Kunstwerke in Beziehung gesetzt, und erhalten so eine individuelle, kulturelle Biographie (Appadurai 1986: 34; Kopytoff 1986). 5.3.1. Der Markt als soziale Arena In den Markt finden Afrikanische Kunstwerke Eingang, nachdem sie bereits eine soziale Geschichte (Appadurai 1986: 34) in westlicher Gesellschaft erhalten haben. Ihnen wurden Qualitäten zugeschrieben, die nun mobilisiert werden, um eine monetäre Bewertung zu erfahren. Die Biographien der Objekte als Waren werden also bewertet, und dabei mit den Biographien der mit ihnen Handelnden in Beziehung gesetzt und interkalibriert (Appadurai 1986: 22; Corbey 1999: 16). Die Hierarchisierung der Waren durch die Zuschreibung eines Geldwertes verweist auf die Statushierarchie der Akteure, die mit ihnen handeln: Je höher der Preis eines Stückes, desto höher das Prestige der mit ihm Handelnden. Das ständige Element der Konkurrenz um die besten und wertvollsten Stücke, die "wichtigsten" Sammlungen und den besten Geschmack, macht den Markt für Afrikanische Kunst zu einer sozialen Arena eines fortgesetzten Statuswettbewerbes, zu einem auf Dauer gestellten tournament of value (Appadurai 1986: 21). Mit dem tournament of value formuliert Arjun Appadurai eine allgemeine Kategorie, durch welche Statusökonomien gesellschaftlicher Eliten beschrieben werden können, bei denen der Austausch seltener oder wertvoller Güter der Verbesserung oder Sicherung des sozialen Status der Teilnehmer an diesen Ereignissen dient (Corbey 1999: 16). Die Logik des Austausches dieser Güter ergibt sich dabei nicht allein aus dem Zusammenspiel ökonomischer Faktoren wie Angebot und Nachfrage, sondern wird von sozialen und politischen Faktoren mitbestimmt (Geschiere 2005: 243). Der Handel mit Afrikanischer Kunst ist jedoch weniger ein zeitlich und räumlich begrenztes soziales Ereignis, wie es die von Appadurai verwendete Metapher des Turniers suggeriert, die er in Anlehnung an den Kula der Massim und die von Jean Baudrillard beschriebene Kunstauktion formuliert. Zwar stellt die Afrikanische Kunstauktion ein von der Routine der übrigen Ökonomie abgegrenztes Ereignis dar, das der Gemeinschaft der Teilnehmenden die Möglichkeit bietet, durch den gemeinschaftlichen Akt des Handels mit einem begrenzten Korpus an Waren ("authentische" Afrikanische Kunst) ihr Kastenprivileg zu institutionalisieren (Appadurai 1986: 21). Doch die Auktion selbst ist nur die letzte und sichtbare Kulmination sozio-ökonomischer Aushandlungen und Praktiken (Geismar 2001: 25), die im Gegensatz zur Auktion nicht räumlich und zeitlich begrenzt sind. Der Handel mit Afrikanischer Kunst ist ein fortgesetzter Prozess sozialer Interaktionen, in deren Verlauf sich die sozialen Positionen und Beziehungen der Akteure ebenso wandeln, wie die Bewertungen der gehandelten Objekte, und die Kriterien, anhand derer diese Objekte bewertet werden. 5.3.1.1. Das Netzwerk der Marktteilnehmer Neben den unmittelbar am Handel mit Afrikanischen Kunstobjekten beteiligten Händlern und Sammlern, spielen weitere Akteure eine Rolle in der sozialen Arena des Marktes. Auktionshäuser42 streben, ihrer Eigenschaft als wirtschaftliche Unternehmen entsprechend, danach, möglichst große Umsätze durch den Verkauf möglichst vieler Objekte zu erzielen. Bereits durch die Werbung in ihren Katalogen, in denen die jeweiligen Lose einer Auktion beschrieben und meist abgebildet sind, wirken Auktionshäuser auf den Prozess der Wertzuschreibung ein, indem sie eine Nachfrage für die Objekte und damit erhöhte Wahrscheinlichkeiten ihres Verkaufes erzeugen (Satov 1997: 237). Auch wissenschaftliche Fachleute der Ethnologie und Kunstwissenschaften wirken über ihre Publikationen vermittelt auf den Markt und die Bewertungen und Verkaufswahrscheinlichkeiten seiner Waren ein. Die Tatsache allein, dass ein bestimmtes Objekt einer wissenschaftlichen Untersuchung "würdig" ist, steigert seinen Wert für den Markt (ebd.: 226). Dementsprechend werden die Einschätzungen wissenschaftlich anerkannter Autoritäten in den Katalogen der Auktionshäuser gezielt eingesetzt, um durch die Demonstration des wissenschaftlichen Wertes eines Stückes einen erhöhten wirtschaftlichen Wert für es zu erzeugen (ebd.)43. Kuratoren anthropologischer Museen fechten den Status der Objekte als Kunst zwar häufig an, doch erzeugen und nutzen sie diesen Status zugleich, wenn sie in ihren Ausstellungsstrategien die Exponate in einem Kunstzusammenhang präsentieren, der ein größeres Publikum ansprechen kann, als es eine ethnographische Ausstellung vermag (ebd.). Auch Museen und ihre Kuratoren erzeugen so eine Nachfrage für Afrikanische Kunst, und stehen somit in Beziehung zum Markt. Raymond Corbey, in seiner Untersuchung des Marktes für Afrikanische Kunst in Brüssel (Corbey 1999), und Jeremy MacClancy, in seiner Untersuchung des britischen Marktes für "primitive Kunst" aus den 1980er Jahren (MacClancy 1988), beschreiben die Gemeinschaft der Marktteilnehmer als ein soziales Gefüge aus mehreren losen, wandelbaren und überlappenden Netzwerken von Händlern und 42 Wie die von Murray Satov untersuchten Auktionshäuser Sotheby´s und Christies´s (Satov 1997). 43 Als eine solche Autorität wirkte William Fagg bewusst auf den Markt ein, als er 1975 (zusammen mit Hermione Waterfield) im Auktionshaus Christie´s das Tribal Art Department begründete. Seine Absicht war es, die Wissenschaft in den Markt einzubringen (Satov 1997: 235). Sammlern44 (Corbey 1999: 14; MacClancy 1988: 166). Der Handel geht einher mit dauerhaften sozialen Kontakten, gemeinsamen Abendessen und Drinks (MacClancy 1988: ebd.). Solche sozialen Kontakte, in welchen eine Vertrauensbasis zwischen Händlern und Sammlern geschaffen wird, sind notwendig auf einem Markt, der von einer andauernden Unsicherheit bezüglich der Bewertung seiner Waren, sowie von sich rasch wandelnden Moden und Trends gekennzeichnet ist (MacClancy 1988: 165). Um das Vertrauen der Sammler zu gewinnen, sind die Händler also stets darauf bedacht, einen möglichst guten Ruf aufzubauen. Kunstwerke von höchster Qualität und "Authentizität" können einem Händler dazu dienen, den eigenen Status in der Gemeinschaft des Marktes zu verbessern. Nicht nur die Garantie höchster Qualität für die eigene Ware, die der Händler seinem Kundenkreis gibt (Corbey 1999: 14f.), sondern auch der demonstrative Erwerb besonders teurer Stücke, die möglicherweise gar nicht weiterverkauft werden können, festigen die Position eines ambitionierten Händlers im Wettbewerb um Status und die Gunst der Sammler (MacClancy 1988: 166). Das meiste Geschäft findet jedoch direkt unter den Händlern statt (Corbey 1999: 14; MacClancy 1988: 165). Da die verschiedenen Händler unterschiedliche Kundenkreise mit verschiedenen finanziellen Möglichkeiten bedienen, sorgt das ständige Weiterreichen der Objekte unter den Händlern dafür, dass Waren unterschiedlicher Qualität letztendlich dem richtigen Kunden angeboten werden können (MacClancy 1988: ebd.). Die meisten der als "wichtig" bezeichneten Stücke tauchen auf diese Weise nie an der Oberfläche der öffentlichen Auktionen oder in Galerien auf, sondern werden direkt zwischen den Mitgliedern des sozialen Netzwerkes von Händlern und Sammlern gehandelt (Corbey 1999: 14). Zugang zu den nachgefragten und am höchsten bewerteten Stücken des Marktes zu erhalten, ist also abhängig von der Zugehörigkeit zu einem engen, auf Vertrauen basierendem sozialen Netzwerk. In diesem Netzwerk werden nicht nur die Waren gehandelt, sondern auch die das Marktverhalten entscheidenden Informationen über Entwicklungen auf dem Markt, neueste An-und Verkäufe namhafter Sammler und Händler, sowie sich wandelnde Bewertungen von Objekten und Objektgruppen ausgetauscht. 44 Die Händler sind in der Regel selbst auch Sammler, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht haben. 5.3.1.2. Die soziale Konstruktion von Wert: Auktionen Die Auktion Afrikanischer Kunst ist ein soziales Ereignis, eine "kollektive Selbstrepräsentation" (MacClancy 1988: 174) der Händler, Sammler, Gutachter und am Telefon mitbietender Käufer. Die Anwesenheit gut gekleideter Zuschauer und der Presse stilisieren dieses Ereignis zu einem bedeutenden gesellschaftlichen Event (ebd.). Der Auktion geht jedoch die Publikation des Kataloges der jeweiligen Versteigerung voraus. Durch ästhetisierende Farbabbildungen und die textliche Ästhetisierung, die Angabe der Provenienz45 sowie des geschätzten Wertes der Stücke, wird im Katalog die Ästhetik der Kunst mit den kommerziellen Qualitäten der Objekte gekreuzt, um so hohe Preise für die Waren zu erzielen (Geismar 2001: 34)46. Dem eingehenden Studium des Kataloges folgt ein Besichtigungstermin, bei dem die Kaufinteressierten die Möglichkeit erhalten, sich einen eigenen Eindruck von den zur Versteigerung stehenden Objekten zu machen. Haidy Geismar schildert eine Besichtigung bei Sotheby´s als ein soziales Ereignis, bei dem Champagner und Wein ausgeschenkt wird und die Objekte mit Fachleuten diskutiert werden (Geismar 2001: 38ff.)47. Taktisches und soziales Gespür zählt Geismar zu den Eigenschaften, welche erfolgreiche Käufer bei Auktionen auszeichnen. Denn nicht nur die Objekte stehen bei der Besichtigung zur Ansicht, auch die offen geäußerten oder auch ungeäußerten Bewertungen und Kaufabsichten der Mitbietenden können bei dieser Gelegenheit beobachtet werden, und so in die eigenen Bewertungen mit einfließen. Offensichtliches Interesse für ein bestimmtes Stück kann zum Beispiel die Aufmerksamkeit der anderen Interessenten auf dieses Objekt lenken, und so seinen Preis bei der Versteigerung in die Höhe treiben (ebd.). Die von Geismar beschriebene Gruppe der Käufer kontrolliert die Zugehörigkeit zu ihrem geschlossenen Kreis. Kaufinteressierte, welche nicht der engen Gemeinschaft der etablierten Käufer angehören, werden abfällig als "Touristen" bezeichnet, und Stücke, welche an solche "Touristen" verkauft werden, gelten der Gemeinschaft als "verloren" (ebd.). Die meisten Objekte jedoch gehen den Weg der Auktion viele Male in ihrer westlichen Biographie, und werden von privaten Sammlern an 45 Siehe Kapitel 5.3.2.3. 46 Die Bedeutung der Kataloge geht so weit, dass sie als aufwendige und ästhetische Publikationen zum Teil selbst als sammelbare Objekte gelten (Satov 1997: 231). Die Rolle der Kataloge als Werbemittel des Auktionshauses fasst Haidy Geismar wie folgt zusammen: "The catalogue is the buyer's umbilical cord to the auction room." (Geismar 2001: 34) 47 Die Aussagen Geismars stützen sich auf Beobachtungen bei einer Besichtigung bei Sotheby´s New York im Jahre 1998. Museen, von den Museen wieder an Händler, von Händlern wieder an private Sammler verkauft (ebd.). Die Gruppe der etablierten Käufer kontrolliert also nicht nur die Zugehörigkeit zu ihr, und damit den Zugang zum spezialisierten Wissen, von dem ein erfolgreicher Handel auf dem Markt abhängt. Auch die Zirkulation der Objekte selbst unterliegt der sozialen Kontrolle, und davon abweichende Wege eines Objektes in die Hände eines "Fremden" werden missbilligt. Diese soziale Kontrolle schildert Geismar als so weitreichend, dass sogar Absprachen hinter den Kulissen stattfinden, bei denen festgelegt wird, wer welches Stück bei einer Auktion zu welchem Preis ersteigern darf oder soll (Geismar 2001: 39f.). Die Erzeugung eines Gemeinschaftssinnes unter den an einer Auktion Teilnehmenden stellt eine grundlegende Notwendigkeit dieser Form des Handels dar, wenn das Ergebnis einer Versteigerung als legitime Wertzuschreibung gelten soll (Smith 1989: 13). Die auf Auktionen erzielten Preise sind sozial konstruierte und durch die Gemeinschaft legitimierte Wertzuschreibungen, als Reaktion auf die Unsicherheiten, welche die Bewertung der Waren nach herkömmlichen Methoden mit festen Preisen unmöglich machen (ebd.: 52). Die Preise auf dem Markt für Afrikanische Kunst sind also nicht allein das Ergebnis von Angebot und Nachfrage, individuellen Bewertungen aufgrund des Wissens der Bietenden um den ökonomischen Wert der Dinge, sondern immer auch Ausdruck komplexer, kollektiver Meinungen und Bewertungen der Gruppe, welche die Preise sozial konstruiert (Velthius 2003: 190; Geismar 2001: 27). Der Handel mit Afrikanischer Kunst ist also weit mehr als eine Reihe ökonomischer Transaktionen, bei denen afrikanische Gegenstände zu Waren gemacht, und unter den Bedingungen des Marktes ausgetauscht werden. Vielmehr erscheint der Markt für Afrikanische Kunst als eine Ökonomie des Status, die durch die unsichere Grundlage der Bewertung der Objekte begünstigt wird. Da nur ein hoch spezialisiertes Wissen über die Objekte, den Markt und seine Gegebenheiten und das soziale Gefüge der Marktakteure eine zuverlässige Einschätzung der sich wandelnden Bewertungen der Objekte zulässt, wird dieses Wissen zu einer parallel zu den afrikanischen Objekten gehandelten Ressource. Der Zugang zu dieser Ressource unterliegt der sozialen Kontrolle durch die Akteure des Marktes. Denn der erfolgreiche Handel mit dieser Ressource – der Information über kommende Trends, Neuerwerbungen von Händlern und Sammlern oder über steigende und fallende Preise bestimmter Objekte – verspricht einen Gewinn, der nicht allein finanzieller Natur ist. Auch der durch den erfolgreichen Handel erzielte Zugewinn an sozialem Prestige innerhalb der Gruppe stellt ein erstrebenswertes Kapital dar, das wiederum im Handel mit Afrikanischer Kunst strategisch eingesetzt werden kann. Werden Afrikanische Kunstwerke für eine solche Statusökonomie durch das Netzwerk des Kunstmarktes angeeignet, so erhalten die einzelnen Objekte individuelle Bewertungen, die sich aus der jeweiligen Marktlage und der sich wandelnden Nachfrage nach bestimmten Bestandteilen ihrer Identitäten und Qualitäten ergeben. Die so den Objekten verliehenen Werte werden zum festen Bestandteil ihrer kulturellen Biographie in westlicher Gesellschaft. 5.3.2. Afrikanische Kunst als Ware Values that can be ascribed to objects is the basic business of the market. (ein Kurator48) Für die afrikanischen Gegenstände stellt ihr Eintritt in den Markt für Afrikanische Kunst diejenige Phase ihrer westlichen Biographie dar, in der sie kulturell als Waren markiert werden (Kopytoff 1986: 64). Das einzelne Objekt der Afrikanischen Kunst wird mit den anderen auf dem Markt gegenwärtig oder in vergangenen Zeiten gehandelten Afrikanischen Kunstwerken kommensurabel, und erhält einen in Geld bemessenen Wert. Der Preis des Objektes gibt seinen Status innerhalb der Warengruppe der Afrikanischen Kunst an, und ist Ausdruck der für den Markt relevanten Aspekte seiner Identität: Alter, Authentizität und Herkunft werden zu Qualitäten des Objektes, die für seine Bewertung als Ware ebenso von Bedeutung sind, wie seine ästhetische Gestaltung. Die Identität eines Objektes wird also im Moment seiner Kommodifikation zu einer Ressource, deren auf dem Markt nachgefragte Bestandteile selektiert und unter Umständen manipuliert49 werden, um einen möglichst hohen Wert für die Ware 48 Zitiert nach Satov 1997: 237. 49 Christian Feest schildert einen besonders spektakulären Fall des Marktes für außer-europäische Kunst, in dem die Herkunft eines Museumsobjektes zum Zweck seines möglichst profitablen Verkaufs gefälscht wurde (Feest 1998). Einer Maske aus dem Dresdner Völkerkundemuseum wurde von einem amerikanischen Händler eine falsche Herkunft und Provenienz zugeschrieben. Um sie der Nachfrage eines kaufinteressierten Sammlers anzupassen, beschrieb er sie als aus dem Kodiak Archipel vor Alaska stammend, und fügte eine falsche Provenienz aus dem Besitz James Cooks hinzu, der sie angeblich 1778 dort eingesammelt haben sollte. Obwohl Feest und der Sammler Edmund Carpenter ihre Zweifel an dieser Herkunft äußerten und dem Auktionshaus mitteilten, erzielte die Maske bei ihrer Versteigerung bei Sotheby´s New York im Jahre 1997 einen Rekordpreis von 525.000 US-Dollar (ebd.: 269). (Stoller 2003: 225; Geismar 2001: 26), und somit möglichst große wirtschaftliche und soziale Gewinne für die mit ihr Handelnden zu erzeugen. Die von westlichen Fachleuten zugeschriebenen Qualitäten werden mobilisiert, um sie strategisch auf dem Markt einsetzen zu können. 5.3.2.1. Das Prestige der Ethnizität auf dem Markt Denn wo sonst unter den vielen schnitzenden Stämmen [als bei den "Yoruba" im südwestlichen Nigeria] bekam man eine perfekte Plastik von knapp 30 Zentimetern Größe für zweihundert bis dreihundert Mark? Für gleichgroßes Baule musste man das fünf-bis zehnfache anlegen, für gleichgroßes Kongo mindestens das zwanzigfache. (Mareidi und Gert Stoll50) Eine erste Gliederung des Warenkorpus in verschiedene Preissegmente ergibt sich bereits aus der Klassifikation der Afrikanischen Kunst in unterschiedliche "Stammesstile". Die "ethnische" Herkunft eines Stückes wird zu einem seinen Tauschwert bestimmenden Merkmal. Das Prestige der "Stämme" auf dem Markt wirkt sich auf die Nachfrage und die Preise aus: "Klassische" Stämme (wie zum Beispiel die "Dan" der Republik Elfenbeinküste) werden von solchen unterschieden, deren Kunst eher als volkstümlich und daher weniger "hoch" geschätzt wird (wie die "Yoruba" Westnigerias) (MacClancy 1988: 173). Die "ethnische" Identität eines Objektes kann seine Bewertung auf dem Markt soweit bestimmen, dass es trotz minderer ästhetischer Qualität, allein aufgrund seines stark nachgefragten "Stammesstils" einen höheren Preis erzielt, als ein qualitativ hochwertigeres Stück eines "Stammes", der weniger Ansehen bei westlichen Sammlern genießt (ebd.). Das Prestige der verschiedenen "Stämme" und die Nachfrage nach ihrem Stil kann sich jedoch im Laufe der Zeit verlagern. Moden und Trends führen zu Schwankungen in der Beliebtheit und den Preisen einzelner "Stammesstile", und neue und bislang vom Markt "unentdeckte" "Stämme" können eine rasante Konjunktur erleben (Eisenhofer und Guggeis 2002: 34). Diese Moden können sich durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage ergeben, oder auch das Ergebnis gezielter Steuerungen der Akteure auf dem Kunstmarkt sein. Durch die 50 1988: 66. Bewerbung vormals unbekannter Objekte in Hochglanzkatalogen und in Ausstellungen (ebd.; Steiner 1991: 41ff.), oder durch strategisches und antizyklisches Kaufen großer Mengen eines bestimmten Objekttypus, und den Verkauf dieser Sammlung zu einem günstigen Zeitpunkt und zu einem (unter Umständen künstlich erzeugten) hohen Preis, kann die Nachfrage erzeugt und gesteigert werden (MacClancy 1988: 173). Die unter den Umständen einer stark vereinfachten Vorstellung des Zusammenhanges von kultureller Identität des Herstellers und der formalen Gestaltung seines Produkts formulierten "Stammesstile", werden durch die Praktiken des Marktes zu den Warenkorpus gliedernden "Marken", welche durch die konjunkturabhängigen Schwankungen ihrer Nachfrage das dynamische Moment des Marktes erhalten. 5.3.2.2. Das Problem der "Authentizität" Das Kriterium der "Authentizität" erhält auf dem Markt eine besondere Brisanz: Wenn die Händler und Sammler nicht sicher sein können, was original, alt und "authentisch" ist, oder was zu neu ist um "echt" zu sein oder gar eine Fälschung, investieren sie kein Geld (MacClancy 1988: 171). Die größte Gefahr auf dem unsicheren Markt liegt darin, einer Fälschung auf den Leim zu gehen, und damit die finanziellen und sozialen Investitionen zu ruinieren. Aufgrund der Schwierigkeiten, die Dichotomie von Original und Nachahmung auf die Afrikanische Kunst anzuwenden51, gilt als Minimalkonsens der Definition einer Fälschung ein Objekt, das mit der Absicht zu täuschen hergestellt oder manipuliert worden ist (Sieber 1994: 22). Die Täuschung kann allein durch die Manipulation der Biographie eines Objektes hervorgerufen werden: Ihm wird eine falsche Herkunft zugeschrieben, ein falsches Alter, der Gebrauch in einem "traditionellen" Handlungszusammenhang. Oder aber es werden an den Objekten selber Spuren ihres Alters und ihres Gebrauchs imitiert. Die so begehrte Patina ist also noch kein hinreichender Beweis dafür, dass ein Stück alt ist und auch tatsächlich in einem "traditionellen" afrikanischen Kontext gebraucht wurde. Künstliche Patina zum 51 Stücke, die im "traditionellen" "Stammesstil" hergestellt wurden, sind – streng genommen – Nachahmungen bereits existierender älterer Stücke. Dennoch gelten sie nicht als Fälschungen, sondern im Gegenteil als begehrte "authentische" Stücke. Auch Objekte, die gezielt für den Touristenmarkt als billige Souvenirs hergestellt werden, sind Nachahmungen, die jedoch nicht als qualitativ hochwertige und "authentische" Stücke gelten. Fälschungen sind sie jedoch nicht (Sieber 1994: 22). In einigen Traditionen kann auch die Nachahmung eines besonders gelungenen Stückes als Ehrerbietung an einen anderen Schnitzer gelten, und stellt somit einen Bestandteil der "authentischen" Kunsttradition dar (Kasfir 1992: 46). Zweck der Täuschung der Marktteilnehmer wird Objekten von afrikanischen ebenso wie von europäischen Zwischenhändlern zugefügt (Steiner 1994: 106). Und auch das Fehlen exzessiver Gebrauchsspuren muss nicht notwendigerweise auf eine Fälschung hinweisen: Die vielen unterschiedlichen Arten von Gegenständen, die auf dem Markt als Afrikanische Kunst gehandelt werden, erfuhren in ihren Herkunftsgesellschaften völlig unterschiedliche Behandlungen, und weisen daher unterschiedliche Gebrauchsspuren auf. Während eine nigerianische ere ibeji-Figur unter Umständen jede Woche gewaschen, eingerieben und beopfert worden ist, und so eindeutige Abnutzungsspuren aufweist, kann eine Tanzmaske unter Umständen nach jedem Gebrauch gesäubert und neu bemalt worden sein, und so nicht dem westlichen Verlangen nach Patina genügen (Cole 1976: 22). Die zentrale Rolle des Kriteriums der "Authentizität" auf dem Markt für Afrikanische Kunst gibt zum einen Aufschluss über die Nachfrage westlicher Sammler nach Stücken, die ihre Vision vom "traditionellen" Afrika repräsentieren. Andererseits bewirkt das Authentizitätsdogma des Marktes auch, dass der Korpus an handel-und sammelbaren Afrikanischen Kunstwerken begrenzt bleibt. Ähnlich wie der Tod eines namhaften europäischen Künstlers die Menge an Kunstwerken mit seiner Signatur auf dem Kunstmarkt beschränkt, schränkt auch die Vorstellung, die europä-ische Kolonisation sei der "Tod" traditioneller afrikanischer Kulturen gewesen, das Angebot an materiellen Erzeugnissen dieser Kulturen auf dem Markt ein (MacClancy 1988: 170). Ein begrenztes Angebot an Objekten, die ein stark nachgefragtes Kriterium erfüllen, kann hohe Preise auf dem Markt erzeugen. Der Diskurs über die "Echtheit" einzelner Objekte oder ganzer Objektgruppen wirkt sich auf die Nachfrage nach diesen Objekten und ihre Preise aus. Die Konstruiertheit der "Authentizität" der Afrikanischen Kunst wird dann deutlich, wenn zuvor nicht sammel-und handelbare Objekte durch eine Neubewertung ihrer "Authentizität" zu nachgefragten Waren werden, und Eingang in die somit ausgeweitete Kategorie der Afrikanischen Kunst finden52. 52 Christopher B. Steiner schildert die Kommodifizierung von Steinschleudern der "Baule" durch einen italienischen Geschäftsmann in der Republik Elfenbeinküste, der den Schleudern eine vorkoloniale Authentizität zuschrieb, und seine umfassende Sammlung in einem Hochglanzband veröffentlichte. Dadurch entstand auf dem lokalen Kunstmarkt eine enorme Nachfrage und ein Preisanstieg für diese Objekte (Steiner 1991: 41; 1994: 111-119). 5.3.2.3. Die Lösung des Problems: Die soziale Patina Damit ein Objekt der Afrikanischen Kunst auf dem Markt gehandelt werden kann, muss es als authentisch gelten. Daher sind solche Stücke, die eine Provenienz aufweisen können, besonders begehrt. Dabei bezieht sich die Abstammung der Objekte jedoch nicht auf ihren afrikanischen Ursprung, sondern auf ihre Biographie in westlicher Gesellschaft. Als Stücke mit Provenienz werden solche Objekte bezeichnet, die bereits seit mehreren Jahrzehnten, bevorzugt seit dem Ende des 19. oder den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts im Besitz möglichst prominenter westlicher Sammler oder Museen sind (Eisenhofer und Guggeis 2002: 34). Das aus der westlichen Kunsttradition stammende und seit der Produktion von Auktionskatalogen etablierte (Satov 1999: 224) Konzept der Provenienz, gibt den Marktteilnehmern Auskunft über die vorhergehenden Besitzer, im Idealfall bis hin zum ursprünglichen Erwerber des Objektes, der es auf afrikanischem Boden eingetauscht, gekauft oder auch geraubt hat, sowie über die bisherigen Publikationen und Ausstellungen, in denen das Objekt gezeigt und besprochen wurde (Stoller 2003: 214; Price 1992: 154). Die Provenienz belegt also die für den Markt relevante Herkunft eines Objektes, indem eine nachvollziehbare historische Sequenz des Besitzes an ihm konstruiert wird, die mit seinem ersten weißen Besitzer beginnt53. Nicht nur dient ein solcher "Stammbaum"54 zum Nachweis des hohen Alters und damit der Authentizität eines Stückes. Die Auflistung der (im Idealfall) namhaften Vorbesitzer des Objektes gibt den Marktteilnehmern darüber hinaus einen Hinweis darauf, welchem gesellschaftlichen Kreis von Sammlern sie sich im Falle des Erwerbs eines Stückes rückblickend hinzugesellen würden (ebd.). Der gute Ruf eines prominenten Vorbesitzers, der mit seinem anerkannt guten Geschmack als Garant für die Qualität des Objektes und die Legitimität seines hohen Preises auf dem Markt fungiert, hinterlässt eine Art sozialer "Patina" auf dem Objekt (MacClancy 1988: 170). Der Stammbaum eines Objektes wird so selbst zu einem nachgefragten Bestandteil seiner Identität. Die Provenienz eines Stückes, das 53 Ausnahmen stellen die bereits genannten Werke namentlich bekannter Hersteller dar (siehe Kapitel 5.1.2.2.), sowie Objekte, die aus dem Besitz afrikanischer Königshäuser und anderer identifizierbarer afrikanischer Autoritäten stammen (Price 1992: 155). 54 Den in diesem Zusammenhang häufig verwendeten Begriff "Stammbaum" (engl. pedigree), als einen aus der Tierzucht stammenden Begriff, nimmt Christopher B. Steiner zum Anlass, von der "Domestikation" der afrikanischen Artefakte zu sprechen: In ihrem ursprünglichen, wilden und unentdeckten Zustand sind die afrikanischen Objekte ohne Bedeutung, roh und ohne Wert für europäische Sammler; erst durch die "Zähmung", die Aneignung durch kontrollierte Reproduktion des Besitzes an ihr, wird die Afrikanische Kunst in die breitere Kategorie der Kunst eingefügt (Steiner 1994: 124). einst im Besitz eines bekannten Kolonialbeamten, Missionars, Sammlers oder am besten eines berühmten europäischen Malers der Moderne (wie z.B. Maurice de Vlaminck) war, steigert den Wert des Stückes enorm55. Ein ähnliches Objekt gleicher Herkunft, vielleicht sogar aus der Werkstatt desselben Herstellers, über dessen Besitzbiographie in westlicher Gesellschaft nichts bekannt ist, wird auf dem Markt eine wesentlich niedrigere Bewertung erfahren (Steiner 1994: 122). Zu mehr als lediglich einem Bestandteil der Identität eines Objektes wird die Provenienz dann, wenn seine gesamte Identität durch seine Herkunft aus einer berühmten Sammlung bestimmt wird. Die "Lester Wunderman Collection" (Stokes 1999: 10), die "James Hooper Collection" (Satov 1997: 224) oder die "Saul and Marsha Stanoff Collection"56 werden zu identitätsstiftenden Rahmen für afrikanische Gegenstände unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft, Bedeutung und Qualität. Ihre heterogene afrikanische Herkunft wird mit einer neuen, westlichen Herkunft und Identität überschrieben. Der Bekanntheitsgrad des namhaften Sammlers garantiert für die "Wichtigkeit" und Prominenz der verschiedenen Stücke, deren Marktwert mit dem Grad der Prominenz ihres "Namensgebers" steigt. Die Assoziation der Sammlerstücke mit der sozialen Gruppe der Sammler kann einen größeren Einfluss auf ihre Bewertung auf dem Markt haben, als ihre ästhetischen Qualitäten. Am Konzept der Provenienz wird besonders deutlich, wie den Objekten der Afrikanischen Kunst durch die Betonung ihres Weges durch unsere Gesellschaft Werte zugeschrieben werden, die sich nicht aus ihrem Materialwert oder der Wertschätzung ihrer ästhetischen Gestaltung erklären lassen. Ihr hoher Wert auf dem Markt ergibt sich und wird legitimiert durch ihre Eingliederung in eine für uns nachvollziehbare historische und soziale Sequenz, repräsentiert durch die Abfolge namentlich bekannter Vorbesitzer. Die nachgewiesene Migration eines Objektes durch die Hände prominenter Mitglieder der westlichen Gesellschaften bestimmt seinen Wert. Dabei steigt mit der Höhe des sozialen Status der Vorbesitzer auch der Preis den ein Käufer bezahlen muss, um sich diesem elitären Kreis hinzugesellen zu können. Ein in solchen Kreisen gehandeltes Afrikanisches Kunstwerk erhält einen Zeichenwert, der nicht allein auf seine afrikanische Herkunft – in welcher Weise 55 Siehe die im Vorwort erwähnte Skulptur der Bamum, deren Provenienz nicht nur den französischen Maler Vlaminck beinhaltet, sondern in der darüber hinaus auch über die Möglichkeit einer Begegnung Picassos mit der Figur spekuliert wird. 56 Siehe Vorwort diese bei den jeweiligen Sammlern auch vorgestellt sein mag – verweist. Als ein mit westlich-prominenter Identität beladenes Statussymbol verweist es darüber hinaus auch auf den sozialen Rang seines Besitzers. Dadurch, dass einem Objekt die Identitäten seiner Vorbesitzer angeheftet sind, kann sich ein Sammler durch seine Sammelstrategie innerhalb der elitären Gruppe der Sammler verorten. So stellen die Afrikanischen Kunstobjekte Zeichen dar, die auf den sozialen Raum der mit ihnen Handelnden und sie Sammelnden verweisen. Als solche zirkulieren die Objekte durch diesen sozialen Raum. Der enge Kreis der Sammler im Hochpreissegment des Marktes sammelt also nicht nur Afrikanische Kunst mit Provenienz, sondern auch, gewissermaßen, sich selbst. 5.3.2.4. Die neue Identität Afrikanischer Kunstwerke als Waren Als Waren auf dem Kunstmarkt erhalten die Afrikanischen Kunstwerke eine neue kulturelle Identität. Sie sind längst keine Gebrauchsgegenstände mehr, aus religiösen, gesellschaftlichen oder politischen Handlungs-und Vorstellungszusammenhängen ihrer afrikanischen Herkunftsgesellschaften, sondern Liebhaberstücke, kuriose Sammlerstücke und – im oberen Preissegment des Marktes – Prestigeobjekte, Zeichen sozialer Distinktion der westlichen Gesellschaften. Die auf dem Markt bewerteten Aspekte ihrer "afrikanischen" Identität (ihr "Stammesstil", ihre "Bedeutung" als "Ahnenfigur" oder auch "Fetisch") verweisen, wie die Geschichte der westlichen Rezeption afrikanischer Artefakte gezeigt hat, nicht auf afrikanische Realitäten, sondern auf westliche Imaginationen, Projektionen und auch Fiktionen. All diese "afrikanischen" Bestandteile der Objektidentitäten müssen im Verhältnis ihrer Beziehung zum Markt verstanden werden. Denn hier werden diese Kriterien der Objekte nachgefragt und durch die Preise, die Marktakteure bereit sind zu bezahlen, bewertet. Über die Zuschreibung einer "reinen Ästhetik" hinaus, erhalten die Objekte so durch ihren Warenstatus eine "kommerzielle Ästhetik" (Steiner 1994: 158). Der Preis, den ein Objekt einmal auf dem Markt erzielt hat, wird zu einem festen Bestandteil seiner Identität (Feest 1998: 288). Somit stellt die Preisgenerierung auf dem Markt einen Akt der Signifikation dar, durch den eine Reihe von Bedeutungen eines Kunstwerkes ausgedrückt werden können (Velthius 2003: 181). Eine Zwillingsfigur ere ibeji, die "für zweihundert bis dreihundert Mark" (Stoll und Stoll 1988: 66) gehandelt wird, hat für die westlichen Marktteilnehmer eine signifikant andere Bedeutung, als eine für 1,6 Millionen Dollar versteigerte figurale Plastik57. Einmal erzielte Preise werden auf dem Markt stets mitgedacht. Als Bestandteil individueller Objektidentitäten bieten die Preise den Marktteilnehmern Anhaltsund Orientierungspunkte in einer Warensphäre, die in Bezug auf die Qualitäten der Waren nur schwer einzuschätzen ist, und in der darüber hinaus die Informationen ungleich verteilt sind (Velthius 2003: 186; MacClancy 1988: 164). Zugang zu diesen Informationen erhält man durch die Sozialisation im Netzwerk der Kunsthandelnden. Durch das damit einhergehende Erlernen der Konventionen zur Preissetzung, können die Preise "gelesen" und entsprechend gedeutet werden (Velthius 2003: 184). Neben der kommerziellen Ästhetik erhalten die Objekte auch eine "soziale Ästhetik", wenn sie mit Hilfe ihres "Stammbaums" mit dem sozialen Raum der Kunstsammler und –händler assoziiert werden. Denn die monetären Bewertungen der Objekte ergeben sich nicht allein aus der Logik des Marktes, sondern sind auch als ein Produkt sozialer Aushandlungsprozesse zu verstehen, in deren Verlauf die Identitäten der Objekte ebenso wie die Identitäten der Handelnden in die Waagschale gelegt werden: "Wichtige" Stücke mit gutem Ruf und wichtige Händler und Sammler mit gutem Ruf bedingen sich so gegenseitig (Corbey 1999: ebd.). Die Eingliederung der Afrikanischen Kunst in den europäischen Kunstzusammenhang geht also weit über die Zuschreibung eines ästhetischen Wertes und die Realisation der ästhetischen Wahrnehmung hinaus. Selbst der beste Sinn für "reine Ästhetik" eines Kunstkenners kann diese fremden Dinge nicht sinnvoll in der wirtschaftlichen und sozialen Geographie der westlichen Kunstwelt verorten. So müssen die afrikanischen Gegenstände auf dem westlichen Kunstmarkt neue Identitäten erhalten, welche ihre alten afrikanischen Identitäten völlig überschreiben. Der Prozess der Identifikation, der Zuweisung einer Identität, bezieht zwar die im Westen imaginierten afrikanischen Identitäten der Objekte mit ein, doch resultiert er in der Zuschreibung dezidiert westlicher Qualitäten, Merkmale und Bewertungen. "Stammesstile", "Authentizität", Provenienzen und Preise sind westliche Kategorien des Kunstzusammenhanges. Diese als Qualitätsmerkmale afrikanischen Objekten zuzuschreiben, und auf dieser 57 Siehe Vorwort. Grundlage Bewertungen vorzunehmen, verweist in keiner Weise auf "Afrika", sondern allein auf unsere Gesellschaften. Schluss: Afrikanische Kunst – Konturen und Reichweite einer westlichen Konzeption Wie aus afrikanischen Gebrauchsgegenständen Sammlerstücke westlicher Liebhaber wurden, kann nur im historischen Rückblick begriffen werden. Obwohl der Moment der ersten "Entdeckung" des ästhetischen Wertes afrikanischer Artefakte zeitlich relativ genau bestimmt werden kann, geht diesem Perspektivwechsel eine lange Geschichte der Bedeutungszuschreibungen an afrikanische Objekte voraus. Auf diesen historisch gewachsenen Konnotationen der Objekte für ihr westliches Publikum liegt ihre Transformation in Afrikanische Kunst auf: Gerade weil negative Stereotype wie "Primitivität" und "Ursprünglichkeit" um afrikanische Objekte herum gebildet wurden, faszinierten sich die zivilisationsmüden und gesellschaftskritischen Künstler des frühen 20. Jahrhunderts so für diese Dinge. Durch die Verleihung des künstlerischen Akzents wurden diese Konnotationen nicht hinterfragt oder ausgelöscht, sondern lediglich durch eine weitere westliche Projektion überlagert. Die historische Migration afrikanischer Gegenstände durch die Hände und Köpfe ihrer westlichen Rezipienten hinterließ an den Objekten Schichten von Bedeutungen, aus denen im Laufe der Zeit ein Bedeutungsgewebe gesponnen wurde. Dieses Bedeutungsgewebe ist die westliche Konzeption der Afrikanischen Kunst. Dem westlichen Betrachter ist es im Grunde nur innerhalb dieses Gewebes möglich, Afrikanische Kunst zu "verstehen" und sinnvoll zu denken. Denn alle durch ein Exponat einer Ausstellung des Völkerkundemuseums oder durch ein Kunstwerk in einer Galerie evozierten Vorstellungen des "traditionellen" Ursprungs dieser Dinge – aus dem "echten" Afrika, mit seinen "Stämmen" und "ursprünglichen" Religionen – bleiben stets in diesem Gewebe verfangen. Sie dringen nicht bis zu den tatsächlichen Bedeutungen dieser Gegenstände für die Menschen die sie hergestellt und benutzt haben vor. Diese tatsächlichen Bedeutungen eines Objektes sind nicht Inhalt der Konzeption der Afrikanischen Kunst, da die Deutungsmacht dieser Konzeption allein im Westen liegt, und die Stimmen der Hersteller und Verwender unserer Museumsobjekte und Sammlerstücke meist längst verstummt sind. Die Afrikanische Kunst ist also ein Artefakt des Westens. Die Gegenstände selbst wurden zwar in Afrika hergestellt, doch alle in unserer Wahrnehmung mit ihnen verbundenen Bedeutungen entstanden im Westen. Die Konturen der Konzeption der Afrikanischen Kunst reichen so von Vorstellungen des "traditionellen" Afrika, der "ursprünglichen" Geistesverfassung der Hersteller der Objekte, die ungetrübt von westlichem Einfluss die Objekte für ihren "Stamm" herstellten, bis hin zur Bedeutung der Afrikanischen Kunst für die kulturelle Institution des Museums, oder für die Statusökonomie des Marktes, wo die Objekte als Kunst für die Zwecke westlicher Akteure instrumentalisiert werden. All diese Bedeutungen sind Bestandteil der Afrikanischen Kunst. Die Afrikanische Kunst zu verstehen bedeutet also, das Feld in dem sie zu Bedeutung gelangt zu betrachten. Dieses Feld liegt zwischen dem Westen und Afrika, zwischen "Uns" und "den Anderen", und besitzt auch eine zeitliche Ausdehnung. Dass dieses Feld von asymmetrischen Machtverhältnissen gekennzeichnet war und immer noch ist, und dass das Sammeln von außer-europäischer Kunst ein hegemoniales und im Grunde koloniales Unterfangen ist (Dutton 1995: 38), stand stets im Hintergrund, jedoch nicht im Zentrum meines Interesses. Diese Arbeit ist aus einer kritischen Grundhaltung heraus entstanden, und mit dem Bewusstsein für die moralische und politische Problematik der geteilten Geschichte Europas und Afrikas. Dennoch möchte ich in dieser abschließenden Zusammenfassung nicht polemisch zur Rückführung sämtlicher afrikanischer Gegenstände, die seit einem Jahrhundert fälschlicherweise als "Kunst" missverstanden werden, in ihre afrikanischen Herkunftsgesellschaften aufrufen. Mein Ziel war es nicht, dem Westen die Verwerflichkeit seines Umgangs mit afrikanischen materiellen und geistigen Kulturen vorzuhalten, sondern selbst zu verstehen, was Afrikanische Kunst ist. Dies habe ich ethnologisch ergründet, und dabei notwendigerweise über die kunstethnologische Perspektive hinausgeblickt. Denn der "ethnologische" Aspekt der Kunstethnologie wird leider oft daraus hergeleitet, dass ihr Untersuchungsgegenstand aus "ethnologisch relevanten" Zusammenhängen stammt: Sogenannte nicht-westliche, vor-moderne oder schriftlose Gesellschaften und Kulturen mit ihren materiellen Hervorbringungen stehen im Mittelpunkt des traditionellen kunstethnologischen Interesses (Gell 1998: 1). Wenn ich den Ansatz dieser Arbeit unter Verwendung des Wortes "Kunst" formulieren müsste, so bestenfalls als eine "Ethnologie der Afrikanischen Kunst". Denn wenn die Ethnologie eine Sozialwissenschaft ist, die Kultur in ihren sozialen Manifestationen untersucht, so findet sich ein ethnologischer Zugang zur Kunst, indem sie als eine Form sozialen Handelns verstanden wird. Die gesellschaftlichen Kontexte der Produktion, Rezeption, Zirkulation, Kommodifikation und des Konsums von Kunst rücken so in den Blick (ebd.: 3). Im Falle der Afrikanischen Kunst bedeutet dies, dass gesellschaftliche Prozesse der Sinngebung, der Zuschreibung von Ästhetik und anderen Kriterien des westlichen Kunstzusammenhanges, die Rezeptionsseite der Afrikanischen Kunst, sowie die Kommodifizierung und Zirkulation der Kunst auf dem Markt betrachtet werden müssen. Die Afrikanische Kunst tritt so als Ergebnis einer kulturellen Aneignung in Erscheinung. Aneignungen der Afrikanischen Kunst jedoch, die in dieser Arbeit leider keinen Platz gefunden haben, gäbe es noch viele zu untersuchen. Die Afrikanische Kunst bleibt in Bewegung, "neue" und neue "alte" Objekte finden Eingang in die Diskurse und Praktiken der westlichen Kunstwelt, der Markt lebt von einem ständigen Wandel der Moden und Nachfragen, die wissenschaftlichen Forschungen gehen ständig voran. Und auch Afrika hat ein Interesse an der Afrikanischen Kunst. Als afrikanische Aneignung der Afrikanischen Kunst könnte vielleicht die Problematik der Repatriierung afrikanischer Kulturgüter in ihre Herkunftsgesellschaften untersucht werden, wenn staatliche Institutionen afrikanischer Nationen die Museumsobjekte und Sammlerstücke aus den westlichen Beständen zurückfordern, dabei jedoch nicht auf eine Rekontextualisierung der Gebrauchsgegenstände in ihre ursprünglichen Verwendungszwecke abzielen, sondern diese Dinge als Kunstwerke, Museumsobjekte und Zeichen nationaler Identität und nationalen Stolzes begehren, um sie in ihren eigenen musealen Tempeln zur Schau zu stellen. Eine andere Form der afrikanischen Aneignung der Afrikanischen Kunst ist der Umgang mit diesem Konzept auf dem gegenwärtigen Kunstmarkt in Afrika (Steiner 1994), und seinen bis in die USA und nach Europa hineinreichenden Netzwerken (Stoller 2003). Die Holzschnitzer und Händler in Afrika haben die westliche Nachfrage nach Afrikanischer Kunst längst wahrgenommen, und bedienen diese Nachfrage gekonnt. Touristen und Ausländer suchen in den urbanen Zentren Afrikas nach Afrikanischen Kunstwerken als Souvenirs, zur Dekoration oder auch für ihre Sammlungen. Dabei werden Qualitäten wie "Authentizität" oder "Stammesstile" nachgefragt. Die Schnitzer und Händler haben diese Merkmale Afrikanischer Kunst übernommen, und schreiben sie den zum Teil alten, größtenteils aber neuen und in großen Mengen hergestellten Schnitzwerken zu, um sie im täglichen Geschäft mit ihrer Kundschaft zu mobilisieren und gewinnbringend verkaufen zu können. Die Auseinandersetzung mit diesem Kunsthandel wirft weitreichende Fragen auf. Denn die so hergestellten und gehandelten Objekte können weder als rein afrikanische, noch als nur westliche Hervorbringungen gesehen werden. Durch die afrikanische Aneignung der westlichen Konzeption der Afrikanischen Kunst entsteht eine völlig neue Objektkategorie mit einer hybriden und vielschichtigen Identität. Das anhand nach Europa importierter Objekte aus Afrika konzipierte Konstrukt der Afrikanischen Kunst wird in Afrika aufgegriffen. Dort werden den westlichen Vorlieben entsprechend Objekte hergestellt, die wiederum zurück nach Europa und in den Westen importiert werden. Welche komplexen kulturellen und sozialen Objektbiographien und Objektidentitäten sich dadurch ergeben, bleibt in einem anderen Rahmen zu erörtern. Die sozialen und kulturellen Biographien und Identitäten der Afrikanischen Kunstwerke müssen im Westen nicht verschwiegen werden. Im Gegenteil. Dass der Westen sich die Afrikanische Kunst zueigen macht, ist eine Tatsache. Aus der Geschichte dieser Aneignungen Wert zu schöpfen könnte bedeuten, den physischen und intellektuellen Weg, den die afrikanischen Objekte durch die westlichen Gesellschaften zurückgelegt haben, als Teil ihrer Bedeutung für unsere Gesellschaft offen zu legen. Denn die Objekte sind nur in westlicher Imagination Zeugnisse des unberührten Lebens afrikanischer Naturvölker. Tatsächlich bezeugen sie die historischen Interaktionen zwischen dem Westen und Afrika, ihren positiven und negativen Folgen. Alles spricht dafür, diese Geschichte anhand der Objekte zu erzählen, in Ausstellungen, die die sozialen, kulturellen und politischen Umstände ihrer Entstehung nicht leugnen, sondern zu einem Teil ihrer Aussage machen. Verwendete Literatur Adams, Monni (1989): African Visual Arts from Art Historical Perspective. African Studies Review, 32(2), S. 55-103. African Arts (1972): The Vincent Price Collection. 5(2), S. 20-27 African Arts (1975): First Word. 8(4), S. 1+5-7. 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