Isabel Pagalies und Markus Koch, 2008
Teil 1 - Wie's bei mir dazu kam (Markus Koch)
Von Markus Koch liegt uns kein getippter Text vor. Braucht's ja nicht! Einfach anhören...
Teil 2 - "Vermitteln" - Die Arbeit mit Kindern (Isabel Pagalies)
Museen und Sammlungen stellen seit jeher Forschungserkenntnisse durch die Präsentation kontextbezogener Objekte in Kombination mit Texten für Interessierte anschaulich dar.
Ort für das Spezialwissen der Ethnologie soll nicht ausschließlich die Universität sein.
Die Ethnologische Sammlung der Georg-August-Universität Göttingen ist Schnittstelle zwischen Hochschule und Öffentlichkeit und hat als öffentlich zugängliche Sammlung einen Bildungsauftrag.
Die Museumspädagogik der Ethnologischen Sammlung setzt sich seit über 7 Jahren besonders auch mit den Bedürfnissen der jüngsten Besucher auseinander.
Die Idee speziell für diese Zielgruppe Führungen und andere Aktivitäten anzubieten, entstand auf studentische Initiative. Mehrere Ausstellungen mit Beteiligung von Studierenden und praxisorientierte Seminare halfen bei der Umsetzung dieser Idee.
Bild "Praktikumsergebnis. Leitfaden zur Ausstellung 'Zirkumpolare Welten, Leben im hohen Norden'. Herausgegeben von Studenten des völkerkundlichen Instituts."
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Bildquelle: Georg August Universität Göttingen, Ethnologische Sammlung
Bild "Praktikumsergebnis. Leitfaden zur Sonderausstellung 'Für schön befunden, Objekte im Spannungsfeld der Ästhetik'. Herausgegeben von Studenten des völkerkundlichen Instituts."
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Bildquelle: Georg August Universität Göttingen, Ethnologische Sammlung
Die Wissensvermittlung für Kinder ist eines der Standbeine der Öffentlichkeitsarbeit der Sammlung. Neben dem Städtischen Museum Göttingen ist die Ethnologische Sammlung die museale Institution der Universitätsstadt, die sich um die kulturelle Bildung für Kinder bemüht.
Leblos arrangierte Ausstellungsgegenstände, die sterile Atmosphäre und primär akademisch-wissenschaftlich formulierte Texte auf Infotafeln schrecken Kinder jedoch meist ab beziehungsweise sind nicht adäquat um deren Wissensdurst zu befriedigen.
Die Präsentation in Vitrinen verhindert eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Dingen, die gezeigt werden, da sie nicht greifbar sind und eine Barriere zwischen dem Objekt und dem Betrachter bilden.
Mit einem speziellen, zielgruppenorientiertem, kindgerechtem Angebot tritt die Ethnologische Sammlung deshalb an sein junges Publikum heran. Das Museumsambiente muss dabei nicht verändert werden, aber durch Museumspädagogen werden Inhalte und komplexe Zusammenhänge dem Wissensstand der Kinder und Jugendlichen entsprechend aufbereitet.
Angebot für Kinder- und Jugendgruppen
Bild "Flyer 'Auf den Spuren fremder Kulturen, Die Bildungsreise fürs Klassenzimmer'. In Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Völkerkunde e.V."
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Bildquelle: Georg August Universität Göttingen, Ethnologische Sammlung
Die studentische Museumspädagogik-Gruppe hat in Zusammenarbeit mit der Göttinger Gesellschaft für Völkerkunde e.V., ein spezielles Faltblatt erarbeitet, welches über das Angebot für Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen informiert. Der Flyer trägt den Titel: "Auf den Spuren fremder Kulturen. Die Bildungsreise fürs Klassenzimmer".
Bilderschau "Beispiele von Veranstaltungs-Infos für die Eltern. Hier zu Nacht der Kulturen und Lange Nacht der Museen"
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Bildquelle: Georg August Universität Göttingen, Ethnologische Sammlung
Lehrer, Kindergärtner, Eltern etc können hier einen Überblick über die thematischen Inhalte verschiedenster Museumsführungen erhalten (z. B. Taschenlampenführung "Die Welt der Geister und Mythen", Führung durch die ganze Ausstellung "Talismane, Glückbringer und Amulette rund um den Erdball", Unterwegs mit den Entdeckungsreisenden des 18. Jahrhunderts "Die Vermessung der Welt"), welche sie so passend zum Lehrplan, einer Projektwoche, eines Ferienprogrammes, Kindergeburtstages oder Ähnlichem buchen können.
Projekte an Schulen
Bild "Museumspädagogik ohne Museum. Isabel Pagalies und Janina Krause vor Ort in einer Schule. Selbstverständlich werden auch hier ein paar robustere Stücke mitgenommen. Anfassen erlaubt!"
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Bildquelle: Georg August Universität Göttingen, Ethnologische Sammlung
Von Zeit zu Zeit gibt es auch Anfragen von Schulen direkt in ihrem Haus vor Ort mitzuwirken. Die Museumspädagogik-Gruppe ist bereits mehrmals solchen Einladungen gefolgt.
So hatten wir beispielsweise eine Station zum Thema Schmuck beim Afrika-Projekttag der Grundschule Diemarden und zum Schulfest der Grundschule Bilshausen.
Kinder-Uni
Bild "Flyer zur Kinder-Uni im Wintersemester 2008/2009 der Göttinger Uni. Organisiert vom Pädagogischen Seminar. Vorlesungen/Seminare über Chemie, Jura, Physik, Mathematik und natürlich Ethnologie."
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Bildquelle: Georg-August-Universität Göttingen
Das Pädagogische Seminar der Georg-August-Universität Göttingen veranstaltet unter dem Motto "Neugier auf Neues: mehr hören – mehr sehen – mehr wissen" die Kinder-Uni für Schülerinnen und Schüler der dritten bis sechsten Klasse.
Hier gibt es Vorlesungen und Workshops aus den verschiedenen Fachbereichen. Einen großen Anteil der Kinder-Uni bilden die Seminare für junge Forscher und Forscherinnen, in denen sie sich intensiv mit einem Thema beschäftigen können. Jedes Semester haben so 15 bis 30 Kinder die Chance auch im Bereich der Völkerkunde an einem solchen Seminar mit wechselnden Themen, unter Einbeziehung der Sammlung, teilzunehmen (z.B. zuletzt "Leben in Ostafrika – unterwegs am Fuße des Kilimanjaro").
Sonderveranstaltungen für Kinder
Bild "'Über uns'. Eine der vielen Stationen in der Stadt während des Weltkindertages mit Objekten und Informationsmaterial zur Präsentation der pädagogischen Tätigkeit durch die Akteure selbst."
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Bildquelle: Georg-August-Universität Göttingen, Ethnol.Inst.
Bilderschau "Diverse beispielhafte Programme und Einladungen der museumspädagogisch tätigen Kommilitonen."
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Bildquelle: Georg-August-Universität Göttingen, Ethnol.Inst.
Ob zum Göttinger Weltkindertag, der Kinder- und Jugendbuchwoche, der Göttinger Woche der Wissenschaft, der Nacht der Kultur oder dem Internationalen Museumstag, die Museumspädagogik-Gruppe ist stets bemüht die jungen Besucher mit besonderen Aktionen zu erfreuen.
Kooperationen mit anderen Museen
Erfreulich ist es auch, über die Zusammenarbeit mit anderen Göttinger Museen zu berichten. So gab es bereits zwei mehrtägige Herbstferienworkshops, die das Städtische Museum und die Ethnologische Sammlung gemeinsam angeboten haben ("Kleider machen Leute – Leute machen Kleider: Eine Reise durch die Bekleidungskulturen dieser Welt" und. "Indianerpfeilköcher, Rucksack und Schminkköfferchen: Eine Tasche für jede Gelegenheit"). Die Teilnehmer hatten so die Möglichkeit in beiden Häusern Interessantes aus nahen und fernen Ländern, heutigen und vergangenen Zeiten zu erfahren.
Flyer zur Ausstellung (inkl. Angebote für Kinder) "Kleider machen Leute machen Kleider".
Programm zur Gesamtausstellung (inkl. Jugendprogramm) "In Frauenhand, Eine kleine Geschichte der Handtasche. Sammlung Ursula Kayser"
Und eine Pressestimme dazu "Welt der Taschen fasziniert Mädchen – und Jungen"
Auch im Zoologischen Museum der Universität Göttingen werden die Museumspädagogik-Mitarbeiter aus dem Bereich Ethnologie in der Ausstellung "Wale in Kunst, Kultur und Natur" (eine gemeinschaftliche Ausstellung der Kunstsammlung, der Gipsabgusssammlung, der Ethnologischen Sammlung, des Geowissenschaftlichen und des Zoologischen Museums der Universität) im Frühjahr 2009 ein Kinderangebot präsentieren (Flyer dazu).
Kindernachmittage
Siehe auch aktuelle Kindernachmittage in der Ethnologischen Sammlung.
Bilderschau "Drei mal im Monat können Kinder und Jugendliche einen spannenden Tag im Institut erleben."
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Bildquelle: Georg-August-Universität Göttingen, Ethnol.Inst.
Bei den sogenannten "Kindernachmittagen" handelt es sich um ein Angebot, das regelmäßig statt findet. Im Monatswechsel werden neue Themen erarbeitet und je nach Anfrage an bis zu drei Terminen angeboten.
Diese Veranstaltungen richten sich an Kinder zwischen 5 und 12 Jahren und werden von einer studentischen Gruppe geplant, organisiert, beworben und durchgeführt. Hierbei werden je nach Altersgruppe eigene Konzepte entwickelt. Für die Jüngsten von 5 bis 8 Jahren, für die Schulkinder zwischen 6 und 10 Jahren und für die älteren Kinder (8 bis 12) werden spezielle Angebote gemacht. Die didaktischen Methoden werden altersgerecht eingesetzt.
Die Obhut über dieses Projekt trägt der Kustos der Sammlung, Dr. Gundolf Krüger.
Finanziell wird es unterstützt durch die GGV (Göttinger Gesellschaft für Völkerkunde e.V.).
Studenten erhalten so die Möglichkeit neben dem Studium auch praxisorientiert zu arbeiten und sich so ein mögliches Berufsfeld zu erschließen.
Die Kindernachmittage geben den jungen Besuchern die Möglichkeit sich in ihrer Freizeit auf spielerische Art und Weise mit unterschiedlichen Kulturen vertraut zu machen. Die Sammlung der Völkerkunde lädt dabei zu spannenden Entdeckungsreisen ein, die stets auch Bezüge zur eigenen Lebenswelt herstellen. Der Erkenntnisgewinn soll in erster Linie spannend sein und Freude machen.
Unser Ziel ist bei Kindern:
- das Interesse an Museen und deren Bildungsangeboten zu wecken.
- durch den Bezug zur eigenen Kultur interkulturelles Verstehen zu fördern und den Blick für Vielfalt zu schärfen.
- die Toleranzbereitschaft und die Akzeptanz zu erhöhen, damit man sich besser auf kulturell Fremdes, den Eigenarten und Traditionen anderer Kulturen, einlassen kann.
So wird gezeigt, dass manche Bräuche aus fernen Ländern zwar befremdlich anmuten mögen, aber bei genauem Hinsehen gar nicht so exotisch sind.
So wirken z.B. die festlichen Körperbemalungen und der bunte Schmuck der Menschen aus dem ozeanischen Raum auf die meisten Kinder sehr skurril. Beim Vergleich mit der Schminke und den Accessoires hiesiger Fußballfans zur WM wird aber deutlich, dass das Verkleiden und Anmalen zu besonderen Anlässen auch bei uns nicht unüblich ist und auf von diesem Ereignis Unwissende ebenso recht seltsam wirken könnte.
Die Methoden sind interaktiv. Wenn die Kindernachmittagsteilnehmer zusammen mit den Leitern beispielsweise zu einem Besuch in die Ausstellung aufbrechen, werden bei einem Rundgang die ausgestellten Objekte und deren Funktion ausführlich besprochen und diskutiert. Zuerst erörtern die Kinder brainstormartig was sie in der Ausstellung sehen können und was ihnen dazu einfällt. Die MuseumspädagogInnen lenken die Kinder gezielt mit Fragen und ergänzen, berichten, erklären und fassen zusammen. Jedoch finden keine Monologe beziehungsweise Frontalunterricht, wie in der Schule, statt.
Bilderschau "Antatschen erlaubt! Haptische, visuelle, auditive, gustatorische, olfaktorische und kollektive Wahrnehmung; oder 'Einfach mal reinpusten!'."
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Bildquelle: Georg-August-Universität Göttingen, Ethnol.Inst.
Einen wichtigen Punkt stellt das sinnliche Erfahren dar: anfassen, ausprobieren, hören, sehen, riechen und schmecken gehören dazu. Nach Möglichkeit bieten die Studierenden Objekte zum Anfassen ("hands-on-Objekte") an.
Die Merkfähigkeit ist nachweislich höher, je mehr Sinne angesprochen werden. Ganz untypisch für einen Museumsbesuch dürfen deshalb, um nur einige Beispiele zu nennen, auch mal echte Felle, Baumwollzweige, Kalebassen betastet, Indische Saris und Bauchtanzgürtel angezogen, süße orientalische Köstlichkeiten oder Pfefferminztee wie bei den Tuareg probiert und schamanischen Gesängen aus Sibirien gelauscht werden.
Bilderschau "Erinnern, Wiederholen und Merken durch altersgerechte Aufarbeitung des Elebten im kreativen Prozess. Und zugleich ein Mitbringsel für Mama und Papa, denen man damit das neue Wissen vermitteln kann. Knowledge protection..."
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Bildquelle: Georg-August-Universität Göttingen, völkerkundliche Abteilung
Im Zentrum steht das objektbezogene Arbeiten in der Sammlung. Jede Veranstaltung beinhaltet einen Besuch der Ausstellung und endet mit einer kreativen Umsetzung des Gelernten. Die abschließende Bastelarbeit dient als Andenken, das die Kinder mit nach Hause nehmen. So bleibt jeder Nachmittag in Erinnerung. Auch den Eltern kann somit neben all dem neuen Wissen im Kopf ein handfestes Ergebnis präsentiert werden.
Das Museum soll ein Lernort sein, der Spaß macht. Das Motto lautet: Mitmachen statt Rumsitzen!
So lernen die Kinder langfristig, sich Museen als außerschulischen Bildungsort zu erschließen.
Der herkömmliche Museumsbesuch, ohne spezielle pädagogische Begleitung, ist für junge Besucher leider oft abschreckend, weil die Museen nicht kindgerecht, sondern wissenschaftlich-trocken konzipiert sind. Dem versuchen wir entgegen zu wirken und haben erfolgreich ein ständig wachsendes Stammpublikum an kleinen Nachwuchsforschern und deren Eltern aufbauen können.
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Vortrag GO-2008HT-10 Herbsttagung 2008 der Vereinigung der Freunde Afrikanischer Kultur in Göttingen (Institut für Ethnologie und Ethnologische Sammlung der Georg-August-Universität), 24. bis 26. Oktober 2008 - Sammeln, Bewahren, Forschen, Vermitteln - Begegnung von Universität, Museum, Sammler, Händler