Dank
Bei den Vorbereitungen zu dieser Tagung hatte ich die Möglichkeit mehrmals im Magazin zu arbeiten. Vielen Dank an den Ethnologischen Lehrstuhl Göttingen (Frau Prof. Hauser- Schäublin, Prof. Braukämper, Dr. Krüger) für die sehr guten Arbeitsmöglichkeiten.
Einen wesentlichen Teil der folgenden Informationen verdanke ich dem Zugang zum Archiv des Ethnologischen Museums Berlin. Vielen herzlichen Dank an Dr. Peter Junge (Kurator Afrika) und Anja Zenner (Archiv)!
Die Ergebnisse vorab
Herr Schlothauer hat in der Göttinger Afrikasammlung gestöbert und konnte nach langwieriger Recherche einige Stücke neu einordnen bezüglich Sammler, Herkunft, Sammlungszugang und auch Wert.
1. Benin Gedenkkopf einer Königin
Details unter Vortrag GO-2008HT16a
Der Göttinger Kopf GÖ-Af932 ist
- identisch mit der ehemaligen Berliner B-IIIC08184,
- einer von 28, bei LUSCHAN 1919, erwähnten Benin-Gedenkköpfen dieses Typs.
Dies war in Göttingen bisher nicht bekannt. Der Marktwert des Stückes ist mit diesem Nachweis von wenigen hundert bzw. tausend Euro auf einen Wert im sechsstelligen Euro- Bereich gestiegen.
2. Schenkung des Staatlichen Museums für Völkerkunde Berlin im Jahr 1939
Details unter Vortrag GO-2008HT16b
In Göttingen wurden die Berliner Figuren und Masken bisher mit den Angaben "Museum für Völkerkunde Berlin 1939" katalogisiert. Die ‚Ethnologische Provenienzʻ der Stücke wird durch meine Ausführungen wesentlich konkretisiert. Mit den Sammlernamen und dem Jahr des Sammlungseinganges im Berliner Museum ist die Einordnung der Göttinger Stücke in die Sammlungsgeschichte möglich.
** GÖ-Af2056 bzw. B-IIIC331:
Vili Loango-Küste Kongo,Figur, Deutsche (Loango)-Expedition (Adolf Bastian?),1874 11. November 2008
Die Figur ist auf einem Foto aus dem Jahr 1874 abgebildet, dies war bisher nicht bekannt. Durch die genaue Zuordnung ist der Marktwert der Figur wesentlich gesteigert und dürfte im fünf- bis sechsstelligen Euro-Bereich liegen. Die Deutsche Loango-Expedition hat eine der frühesten musealen Kongo-Sammlungen angelegt.
** GÖ-Af2189 bzw. B-IIICNLS
Vili Kongo,Figur,(Robert Visser?,1896-1904)
Große Figuren dieser Art sind selten. Sollte die These, daß das Stück von Robert Visser gesammelt wurde, richtig sein, so ist auch der Marktwert dieser Figur wesentlich gesteigert und dürfte mindestens im sechsstelligen Euro-Bereich liegen.
3. Sammlung Freckmann
Details unter Vortrag GO-2008HT16c
Im Jahr 1884 gelangte in die ethnologischen Museen Berlin und Göttingen Sammlungen aus dem Ogowe-Gebiet und aus Kamerun, die ein H. Freckmann aus Hamburg einlieferte. Göttingen erwarb im Jahr 1886 weitere Stücke. Diese Sammlungen zählen zu den ältesten aus dem Ogowe-Gebiet, darunter auch Stücke der Akelle-(Kale) und der Fang.
** Die Sammlung wurde in Göttingen und Berlin bisher als Sammlung H.Freckmann bezeichnet. Das ist falsch. H. FRECKMANN war nur Einlieferer. Sammler waren ein Herr J. KOHRS aus Stade (Kiste I) und anonyme Herren (Kiste II). Im folgenden wird die Sammlung daher als Kohrs-Freckmann-Sammlung bezeichnet.
** Die Gegenstände in Kiste I wurden von J. KOHRS im Ogowe-Gebiet gesammelt, diejenigen in Kiste II in Kamerun.
** Folgende, in Göttingen bisher nur mit dem Jahreseingang 1884 bzw. 1886 bezeichneten Figuren und figurativ verzierte Stücke sind m.E. von FRECKMANN angekauft: Af921, Af922, Af925, Af933, Af974, Af981, Af987. In meinem Beitrag ging es mir nur um die Zuordnung der Figuren (Af933, Af974, Af981) und der Gegenstände mit figurativen Elementen (Af925, Af987, Af1054, Af1065). Die Zuordnung der anderen Stücke ist mittels der, von mir im folgenden veröffentlichten, Sammlungslisten möglich, und kann durch Andere geleistet werden.
** Die Stücke der Sammlung KOHRS-FRECKMANN sind früh gesammelt, selten und ästethisch von hoher Qualität. Herausragend sind die Haube der Fang, die Figuren der Vili, der Löffel mit Figur der (Mabea)-Fang und die Harfe der Akelle-Kale. Der Marktwert dieser Stücke ist mit dieser ‚Ethnologischen Provenienzʻ deutlich im fünfstelligen Bereich. Eine eigene KOHRS-FRECKMANN-Vitrine in Göttingen wäre wünschenswert.
4. Einstein-Türrahmen
Details unter Vortrag GO-2008HT16d
Das Stück GÖ-Af932 ist identisch mit dem Türrahmen der Bangu, welcher im Buch 'Afrikanische Plastik' von Carl Einstein (Verlag Orbis Pictus, Band 7, Berlin, 1921) auf S. 20 beschrieben und auf Tafel 19 abgebildet ist. Dies war bisher nicht bekannt!
Der Türrahmen war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung in der Sammlung Carl Einsteins. Ab 1932 war das Stück im Museum Göttingen. Der Türrahmen ist nicht wie bisher in Göttigen angenommen von den Bamum, sondern von den Bangu, einer den Bamileke zugerechneten Gruppe. Der Marktwert des Türrahmens liegt im oberen sechsstelligen Bereich.
Vorgehensweise
Bei meiner Untersuchung der Göttinger Sammlung habe ich mich auf Masken, Figuren, figurativ verzierte Gegenstände und Elfenbeinstücke konzentriert.
Die Stücke wurden von mir einzeln fotografiert, die meisten von vier Seiten, oben und unten.
Die Foto-Dateinamen enthalten Angaben zu Ethnie/Region, Material, Art, Sammler und Jahr des Museumseingangs.
Falls meine Angaben zum jeweiligen Stück abweichen, habe ich diese Korrekturen in Klammern gesetzt, alle anderen Angaben sind vom Museum. Die Schreibweise ist jeweils vereinheitlich, d.h. für jedes Museum werden die gleichen Begriffe verwendet; ein Thesaurus von möglichen Suchbegriffen.
Dadurch wird die Foto-Sammlung zu einer Foto-Datenbank. Die Qualität der Suche steigert sich mit der Menge der so erfassten Gegenstände.
Zur Systematik siehe auch federschmuck.about-amazonas.de
Ein paar öffentliche Bildersammlungen zum Fachgebiet Amazonas Federschmuck finden Sie unter sammeln-bewahren-forschen-vermitteln/549-bilderschaus-sammlungen-museen
Die Fotos sind in dem Ordner so nummeriert, daß die Karteikarten (-0C) und weitere Sammlungsdokumentation immer vor die Fotos der Stücke sortiert werden.
Wir haben Teile der Göttinger Sammlung in unseren Bildergalerien öffentlich online gestellt, damit Sie diese Nomenklatur an einem Beispiel nachvollziehen können. Die Dokumente sind in dieser geringen Qualität jedoch häufig schlecht/gar nicht lesbar.
Bilder gucken
Fotogalerien bei about africa.
Im Göttinger Magazin sind die Masken und Figuren weitgehend in einem Glasschrank untergebracht. Die wichtigste Veröffentlichung zur Erschließung der Sammlung ist das so genannte Rote Afrika-Buch (Verzeichnis der völkerkundlichen Sammlung des Institutes für Völkerkunde der Georg-August-Universität zu Göttingen, Teil IV: Afrika" Herausgegeben von Peter Fuchs und Gundolf Krüger von Wolfram Heise, Antje Spliethoff-Laiser uns Sybille Wolkenhauer, Göttingen, 1993).
Bilderschau "Rotes Afrika-Buch"
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Bildquelle: Verzeichnis der völkerkundlichen Sammlung des Institutes für Völkerkunde der Georg-August-Universität zu Göttingen, Teil IV: Afrika, Herausgegeben von Peter Fuchs und Gundolf Krüger von Wolfram Heise, Antje Spliethoff-Laiser uns Sybille Wolkenhauer, Göttingen, 1993
Ergänzend hierzu der Ausstellungskatalog: Afrikanische Plastik, Konfrontation und Annäherung - ein Katalog zur Ausstellung Hrsg. Arbeitskreis für International Wissenschaftskommunikation e.V. in Zusammenarbeit mit Institut und Sammlung für Völkerkunde der Universität Göttingen und der Göttinger Gesellschaft für Völkerkunde, Münster und Hamburg, 1994
Diesen finden Sie digitalisiert hier: Ausstellungskatalog: Afrikanische Plastik
An vier Tagen (12 bis 13. August + 16. September + 24. Oktober 2008) habe ich etwa 15 Stunden in Magazin und Ausstellung fotografiert und später - mindestens die dreifache Zeit - die Sammlungsangaben eingegeben.
Die systematische Gesamterfassung und Bewertung der Masken und Figuren der Sammlung erfolgt in mehreren Schritten:
1. Schritt: Figuren und Masken fotografieren
2. Schritt: schriftliche Sammlungsunterlagen zu den Stücken fotografieren (Generalkatalog, Karteikarten, Sammlungsakten)
3. Schritt: Veröffentlichungen über die Sammlungsstücke erfassen/fotografieren
4. Schritt: Suche nach Vergleichsstücken und Informationen in anderen Sammlungen
Beim Fotografieren sind die Sammlungsunterlagen unbekannt. Bei der Eingabe der Sammlungsnummern in die Foto-Dateinamen zu jedem einzelnen Stück findet eine erste Einschätzung hinsichtlich Ethnie/Region, Qualität und Alter statt.
Die spätere Eingabe korrigiert zum Einen das eigene Urteil (mit vielen Überraschungen) und zeigt zum andern den Wissensstand des Museums zum jeweiligen Stück. Bereits in dieser Phase sind die ersten Abweichungen und Defizite der Sammlungsdokumentation erkennbar. Nach Durcharbeiten der Museumsveröffentlichungen ist das Archiv des Ethnologischen Museums Berlin als ‚Mutter und Vater aller deutschen Sammlungenʻ die nächste Anlaufstation. Optimal, wenn aus der Sammlungszeit des Stückes Reiseberichte und/oder wissenschaftliche Veröffentlichungen existieren. Alte Karten sind immer auf der Suche nach den Orten heranzuziehen, da sich die Schreibweise häufig änderte.
Bei meiner Auswahl von Unter-Sammlungen und Einzelstücken waren Kriterien der Bewertung:
- Herkunft und Sammlungseingang ("Ethnologische Provenienz")
- Seltenheit
- Erhaltungszustand
- Qualität und Ästhetik im Vergleich mit anderen Stücken der Region / Ethnie
- heutiger Marktwert als ein Maßstab westlicher Ästhetik
Fazit
Die Bedeutung einiger Figuren und Masken in der Göttinger Afrika-Sammlung ist mit diesen Ergebnissen erheblich gesteigert, der Marktwert um ein wesentliches erhöht, vor allem konnte die Ethnologische Provenienz vieler Stücke konkretisiert werden.
Die Stücke sollten als Einzelstücke ausgestellt werden und dadurch besser zur Geltung kommen, ähnlich wie in der Pazifik-Sammlung die Cook/Forster Stücke.
Wie kommt es, daß mit Einsatz von ca. 15 Stunden und einer Nacharbeit von über 150 Stunden derartige Ergebnisse erzielbar sind:
- die Göttinger Sammlung ist gut sortiert und dokumentiert;
- wesentliche Hinweise waren auf den Karteikarten enthalten;
- die Verknüpfung mit dem Berliner Archiv war möglich;
- systematisches Arbeit und Erfassen aller Stücke ohne Bewertung von Qualität;
Seit 1988 beschäftige ich mich mit ‚Afrikanischer Kunstʻ und seit 2002 mit der systematischen fotografischen Erfassung von Sammlungen (Amazonas-Federschmuck).
Grundsätzlich sollten die Schätze dieses Museums besser gesichert werden. Göttingen hat endlich den, immer wieder geplanten und bisher gescheiterten, Umbau (oder Neubau) verdient. Der Erhalt der sehr wertvollen Sammlungen aus der Südsee, Ozeanien, Asien, Südamerika und Afrika muß der Stadt Göttingen und dem Land Niedersachsen Geld wert sein !!! Es ist nicht unsere eigene Kultur, die wir damit würdigen, sondern es sind die Kulturen der Welt. Das heisst auch, anzuerkennen, daß unsere europäische Kultur nicht die wichtigste war und ist.
Die euro-amerikanische Kultur war und ist nicht die Sonne, die anderen Länder, Stammesgemeinschaften und Kulturen, die Planeten.
Europa konnte die Finsternis des Mittelalters nur durch den Kontakt und den kulurellen Austausch mit vielen anderen Ländern der Welt und deren Menschen verlassen. Es war nicht die eigene Kraft, sondern die Begegnung. Wir brauchen die Anderen und das Andere, um uns selbst zu erkennen und zu verändern. Auch in Zukunft.
LITERATUR GÖTTINGER Sammlung AFRIKA
Bücher
Afrikanische Plastik, Konfrontation und Annäherung - ein Katalog zur Ausstellung Hrsg. Arbeitskreis für International Wissenschaftskommunikation e.V. in Zusammenarbeit mit Institut und Sammlung für Völkerkunde der Universität Göttingen und der Göttinger Gesellschaft für Völkerkunde, Münster und Hamburg, 1994
Verzeichnis der völkerkundlichen Sammlung des Institutes für Völkerkunde der Georg-August-Universität zu Göttingen, Teil IV: Afrika" Herausgegeben von Peter Fuchs und Gundolf Krüger von Wolfram Heise, Antje Spliethoff-Laiser uns Sybille Wolkenhauer, Göttingen, 1993
Aufsätze
Lang, Werner: Makondemasken in der Göttinger Universität, ZfE Bd 85, S.28-36, 1960
Senge, Herbert: Eine alte Pangwe-Sammlung des Institutes für Völkerkunde an der Universität Göttingen unter besonderer Berücksichtigung der westafrikanischen Armbrust. in Plischke, Hans: Göttinger Völkerkundliche Studien,Leipzig,1939